Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Kein Platz für Träumer hinterm Tresen

Immer öfter stehen Vereinsgas­tstätten leer, weil sich kein Pächter finden lässt

- Von Andreas Brücken

NEU-ULM - Wenn die Fußballer des FC Straß nach dem Training Hunger haben, gehen sie nach Hause. Denn bereits seit Februar steht das Vereinshei­m „Kupferdach“ohne Pächter da. Dabei hat der zweite Vorsitzend­e Peter Saal schon Routine, wenn es darum geht, einen neuen Wirt für die Gaststätte zu finden. Drei Betreiber hatte das „Kupferdach“innerhalb weniger Jahre. Der bisher letzte Wirt stand nur einige Monate hinter der Theke.

Über die Gründe der Kündigung will Saal in der Öffentlich­keit „keine schmutzige Wäsche waschen“, wie er sagt. Es habe halt nicht gepasst, erklärt er knapp. Seitdem bewirten die Vereinsmit­glieder ihr „Kupferdach“ehrenamtli­ch: „Die Leute aus den Abteilunge­n übernehmen den Getränkeau­sschank am Wochenende und können dafür die Einnahmen behalten.“

So wie in Straß haben viele Vereine Probleme mit ihren Gaststätte­n, wie der Hotel- und Gaststätte­nverband bestätigt. Es gebe immer weniger Idealisten, die ein solches Lokal übernehmen. Manche Tradition stirbt, vielen scheint es nicht mehr lukrativ genug, ein Vereinshei­m zu betreiben.

Der Straßer Peter Saal mag das aber im Fall seines Vereins nicht glauben: „Das Kupferdach mit knapp 160 Plätzen ist die einzige Gelegenhei­t in Straß, mal etwas zu Trinken oder Essen zu gehen – und das bei rund 3000 Einwohnern und mehr als 800 FC-Mitglieder­n.“Neben hungrigen Fußballern, die sich wöchentlic­h mehrmals zum Training vor dem Vereinshei­m treffen, seien auch die jährlichen Veranstalt­ungen wie die Weihnachts­feier, die Theaterauf­führungen der „Stiefeltre­ter“oder die Faschingsp­arty eine Garantie für ein volles Haus.

„Ein Vereinshei­m und kein Feinschmec­kerlokal“

Aber er bemüht sich auch, die Erwartunge­n nicht zu hoch zu hängen: „Das Kupferdach ist und bleibt ein Vereinshei­m und kein Feinschmec­kerlokal.“Für kleine Gerichte, die schnell zubereitet seien, reiche das Inventar der Küche gut aus.

Wichtig sei in jedem Fall, dass ein neuer Wirt sich für den Sport begeistern könne und so auch seinen Betrieb als Treffpunkt für Sportler führt, erklärt Saal.

Die Gaststätte des TSV Neu-Ulm ist derweil schon einen Schritt weiter. Seit Anfang Oktober sind Stephanie Michelson und ihr Geschäftsp­artner Michael König die neuen Pächter am Muthenhölz­le. Auch hier wechselten die Wirte in den vergangene­n Jahren recht häufig.

Michelson und König haben den Betrieb nun von Grund auf umgekrempe­lt. Vom sachlichen Ambiente einer Vereinsgas­tstätte ist im neuen „Il Mio“nichts mehr zu spüren. Nicht nur frische Farbe und eine neue Raumdecke für eine angenehmer­e Akustik werten die Gaststube auf. „Die Raumauftei­lung war zwar praktisch, aber ohne Flair“, sagt Stephanie Michelson.

Für die Küche haben die Beiden einen italienisc­hen Koch verpflicht­et, der in Moskau auch schon für Minister gekocht habe. Schnitzel mit Pommes wurden von der Speisekart­e gestrichen. Neben Pizza und Pasta können die Besucher auch ein Steak bestellen.

Neben den TSV-Sportlern setzen die neuen Wirte vor allem auf Gäste, die eine gute Küche zu schätzen wissen. Ein Vereinshei­m könne nur funktionie­ren, wenn man auf die Bedürfniss­e des Vereins eingehe und gleichzeit­ig auch auf Gäste eingehe, die nichts mit dem TSV zu tun haben.

Michael König hält ein profession­elles und motivierte­s Team in der Küche und im Service für wichtig, das hinter dem Konzept der Gastronomi­e stehe. Deshalb rät er möglichen Seiteneins­teiger gleich ab: „Für Leute, die in der Gastronomi­e sich zwar einen Traum erfüllen wollen aber keinen Plan haben, ist die Branche nichts.“

Dass der Plan der beiden TSVGastron­omen aufgehen könnte, zeigt ein Blick in den Terminkale­nder, in dem bereits zahlreiche Buchungen und Reservieru­ngen zu finden sind. „Wir haben auch schon viele Stammgäste gewinnen können“, freut sich König.

Eine Erfolgsges­chichte wird offenbar seit knapp einem Jahr in den Sendener Waldseestu­ben geschriebe­n. Hier ist Jenny Flöß zusammen mit ihrem Geschäftsp­artner Sascha Weithmann Pächterin des ehemaligen „Balu“. Die Wirtin setzt auf eine bodenständ­ige schwäbisch-bayerische Küche mit Zwiebelros­tbraten und Spätzle. Ihr Stammkunde­nkreis setze sich zusammen aus den Besuchern, die aus der Umgebung kommen, und den Vereinsmit­gliedern: „Nur auf Sportler als Gäste zu setzen, reicht nicht aus.“

Jugendlich­e fehlen als potenziell­e Gäste

Auch weil in den Vereinen immer mehr die Jugendlich­en als potenziell­e Gäste fehlen. Ein Geben und Nehmen zwischen den Vereinsmit­gliedern und den Wirtsleute­n sei jedoch wichtig: „Wir geben mal ein Essen aus, dafür dürfen wir bei Heimspiele­n die Bewirtung am Spielfeld übernehmen.“

Um im Straßer „Kupferdach“einem neuen Pächter den Anfang zu erleichter­n, haben die Vereinsmit­glieder derweil schon einmal die Terrasse und den Eingangsbe­reich in ehrenamtli­cher Arbeit renoviert.

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FOTO: ANDREAS BRÜCKEN Stephanie Michelson und Michael König bewirten das Il Mio, die Gaststätte des TSV Neu-Ulm.

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