Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Kein Platz für Träumer hinterm Tresen
Immer öfter stehen Vereinsgaststätten leer, weil sich kein Pächter finden lässt
NEU-ULM - Wenn die Fußballer des FC Straß nach dem Training Hunger haben, gehen sie nach Hause. Denn bereits seit Februar steht das Vereinsheim „Kupferdach“ohne Pächter da. Dabei hat der zweite Vorsitzende Peter Saal schon Routine, wenn es darum geht, einen neuen Wirt für die Gaststätte zu finden. Drei Betreiber hatte das „Kupferdach“innerhalb weniger Jahre. Der bisher letzte Wirt stand nur einige Monate hinter der Theke.
Über die Gründe der Kündigung will Saal in der Öffentlichkeit „keine schmutzige Wäsche waschen“, wie er sagt. Es habe halt nicht gepasst, erklärt er knapp. Seitdem bewirten die Vereinsmitglieder ihr „Kupferdach“ehrenamtlich: „Die Leute aus den Abteilungen übernehmen den Getränkeausschank am Wochenende und können dafür die Einnahmen behalten.“
So wie in Straß haben viele Vereine Probleme mit ihren Gaststätten, wie der Hotel- und Gaststättenverband bestätigt. Es gebe immer weniger Idealisten, die ein solches Lokal übernehmen. Manche Tradition stirbt, vielen scheint es nicht mehr lukrativ genug, ein Vereinsheim zu betreiben.
Der Straßer Peter Saal mag das aber im Fall seines Vereins nicht glauben: „Das Kupferdach mit knapp 160 Plätzen ist die einzige Gelegenheit in Straß, mal etwas zu Trinken oder Essen zu gehen – und das bei rund 3000 Einwohnern und mehr als 800 FC-Mitgliedern.“Neben hungrigen Fußballern, die sich wöchentlich mehrmals zum Training vor dem Vereinsheim treffen, seien auch die jährlichen Veranstaltungen wie die Weihnachtsfeier, die Theateraufführungen der „Stiefeltreter“oder die Faschingsparty eine Garantie für ein volles Haus.
„Ein Vereinsheim und kein Feinschmeckerlokal“
Aber er bemüht sich auch, die Erwartungen nicht zu hoch zu hängen: „Das Kupferdach ist und bleibt ein Vereinsheim und kein Feinschmeckerlokal.“Für kleine Gerichte, die schnell zubereitet seien, reiche das Inventar der Küche gut aus.
Wichtig sei in jedem Fall, dass ein neuer Wirt sich für den Sport begeistern könne und so auch seinen Betrieb als Treffpunkt für Sportler führt, erklärt Saal.
Die Gaststätte des TSV Neu-Ulm ist derweil schon einen Schritt weiter. Seit Anfang Oktober sind Stephanie Michelson und ihr Geschäftspartner Michael König die neuen Pächter am Muthenhölzle. Auch hier wechselten die Wirte in den vergangenen Jahren recht häufig.
Michelson und König haben den Betrieb nun von Grund auf umgekrempelt. Vom sachlichen Ambiente einer Vereinsgaststätte ist im neuen „Il Mio“nichts mehr zu spüren. Nicht nur frische Farbe und eine neue Raumdecke für eine angenehmere Akustik werten die Gaststube auf. „Die Raumaufteilung war zwar praktisch, aber ohne Flair“, sagt Stephanie Michelson.
Für die Küche haben die Beiden einen italienischen Koch verpflichtet, der in Moskau auch schon für Minister gekocht habe. Schnitzel mit Pommes wurden von der Speisekarte gestrichen. Neben Pizza und Pasta können die Besucher auch ein Steak bestellen.
Neben den TSV-Sportlern setzen die neuen Wirte vor allem auf Gäste, die eine gute Küche zu schätzen wissen. Ein Vereinsheim könne nur funktionieren, wenn man auf die Bedürfnisse des Vereins eingehe und gleichzeitig auch auf Gäste eingehe, die nichts mit dem TSV zu tun haben.
Michael König hält ein professionelles und motiviertes Team in der Küche und im Service für wichtig, das hinter dem Konzept der Gastronomie stehe. Deshalb rät er möglichen Seiteneinsteiger gleich ab: „Für Leute, die in der Gastronomie sich zwar einen Traum erfüllen wollen aber keinen Plan haben, ist die Branche nichts.“
Dass der Plan der beiden TSVGastronomen aufgehen könnte, zeigt ein Blick in den Terminkalender, in dem bereits zahlreiche Buchungen und Reservierungen zu finden sind. „Wir haben auch schon viele Stammgäste gewinnen können“, freut sich König.
Eine Erfolgsgeschichte wird offenbar seit knapp einem Jahr in den Sendener Waldseestuben geschrieben. Hier ist Jenny Flöß zusammen mit ihrem Geschäftspartner Sascha Weithmann Pächterin des ehemaligen „Balu“. Die Wirtin setzt auf eine bodenständige schwäbisch-bayerische Küche mit Zwiebelrostbraten und Spätzle. Ihr Stammkundenkreis setze sich zusammen aus den Besuchern, die aus der Umgebung kommen, und den Vereinsmitgliedern: „Nur auf Sportler als Gäste zu setzen, reicht nicht aus.“
Jugendliche fehlen als potenzielle Gäste
Auch weil in den Vereinen immer mehr die Jugendlichen als potenzielle Gäste fehlen. Ein Geben und Nehmen zwischen den Vereinsmitgliedern und den Wirtsleuten sei jedoch wichtig: „Wir geben mal ein Essen aus, dafür dürfen wir bei Heimspielen die Bewirtung am Spielfeld übernehmen.“
Um im Straßer „Kupferdach“einem neuen Pächter den Anfang zu erleichtern, haben die Vereinsmitglieder derweil schon einmal die Terrasse und den Eingangsbereich in ehrenamtlicher Arbeit renoviert.