Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Maximal dreieinhalb Jahre Gefängnis für Missbrauch
Mädchen musste über Monate hinweg leiden - Verteidigung und Staatsanwaltschaft einigen sich auf Strafrahmen
NEU-ULM/MEMMINGEN - Am Ende soll eine Einigung zwischen den Prozessbeteiligten am Landgericht Memmingen ein gerechtes Urteil schaffen: Der Angeklagte muss mindestens drei Jahre, aber maximal dreieinhalb Jahre ins Gefängnis. Für dieses abgemachte Strafmaß legte der 38-Jährige ein Geständnis ab – beziehungsweise ließ eines durch seinen Pflichtvereidiger Uwe Böhm verlesen. Die Erklärung war jedoch nach wenigen Worten beendet: Der Angeklagte räumt die im Raum stehenden Vorwürfe ein. Er bedauere die Vorfälle und wisse um die Bedeutung der Schuld. Ansonsten möchte er keine weiteren Angaben machen, so Rechtsanwalt Böhm.
Der Mann soll die damals neunjährige Tochter seiner ehemaligen Verlobten über ein Jahr hinweg schwer sexuell missbraucht haben (wir berichteten). Er selbst äußerte sich zu den Vorwürfen der Staatsanwaltschaft Memmingen bis zuletzt nicht – doch auch ohne seine Mithilfe zeichnete sich ab, dass das Mädchen nicht lügt. Eine psychiatrische Sachverständige und geschulte Polizisten bescheinigten dem Kind, glaubwürdig zu sein.
In der gestrigen Verhandlung sagte eine Gynäkologin aus, die das Mädchen untersucht hat. Das Kind habe keine Verletzungen davongetragen. Anhand des Aussehens des Intimbereichs könnte es laut der Ärztin zu dem vorgeworfenen Missbrauch gekommen sein – beweisen lasse sich das jedoch nicht. Zudem ist noch eine Speicherkarte aufgetaucht, die Bilder eines nackten Intimbereichs zeige, so Richter Hasler. Die Karte soll dem Angeklagten gehören.
Vorsitzender Richter Jürgen Hasler und Pflichtverteidiger Böhm fanden es unerheblich, zu welchem Zeitpunkt der Verhandlung der Angeklagte gesteht. Die NebenklageAnwältin Ulrike Mangold, die das Kind vertritt, mahnte dagegen, drei Jahre seien zu wenig. Das Mädchen sei dadurch zu kurz vor dem Mann geschützt. Und sie fragte, ob dies das richtige Signal für die Öffentlichkeit sei.
Nach einer dreistündigen Verständigung, dem sogenannten Deal, schlug das Gericht folgendes Vorgehen vor, das am Ende von allen Beteiligten (hier ist die Anwältin der Nebenklage außen vor) so angenommen wurde: Der 38-Jährige legt zu einigen Punkten der Anklage ein Geständnis ab. Einzelne andere Vorwürfe sowie die zeitgleich laufende Anklage zum Ebay-Betrug werden eingestellt. Der Strafrahmen wird zudem festgelegt auf drei bis dreieinhalb Jahre Gefängnis. Zudem wurde festgelegt, dass das Kind 10 000 Euro Schmerzensgeld erhalten soll.
Zu seinen persönlichen Verhältnissen erzählte der Angeklagte dann doch etwas – das erste Mal, dass seine Stimme erklang. Auf Nachfrage von Richter Hasler, ob der 38-Jährige vorhabe, seiner Beziehung zur Mutter des missbrauchten Mädchen noch mal eine Chance zu geben, antwortet dieser mit Ja. „Haben Sie eine Idee, wie das funktionieren soll?“, fragte der Richter sichtlich irritiert. Rechtsanwalt Böhm schaltete sich daraufhin ein – keine weitere Äußerung.
Nach Angaben von Richter Hasler ist das Jugendamt an dem Gerichtsfall interessiert und beobachtet, wie die Sache ausgeht. Da der 38-Jährige seit einem Jahr in Untersuchungshaft sitzt, würde sich die Haftzeit dementsprechend verkürzen.
Ob das Mädchen irgendwann etwas von dem ausgehandelten Schmerzensgeld sieht, wird sich zeigen. Momentan hat der Angeklagte weder ein Einkommen noch Geld auf der hohen Kante. Das Geständnis war eine der letzten Möglichkeiten des Angeklagten. Staatsanwalt Ebert deutete bereits zuvor an, dass er ohne dieses und ohne ein Schmerzensgeld – den Täter-Opfer-Ausgleich – eine Freiheitsstrafe von sechs bis acht Jahren fordern wird.
Das Urteil wird am
9. November, erwartet.