Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Tibets Fußballer träumen von der WM
Tibeter zur WM der Nicht-FIFA-Länder eingeladen – doch sie brauchen noch Geld
DHARAMSALA (SID) - Die Aussicht auf die Weltmeisterschaft im kommenden Jahr lässt Passang Dorjee schon jetzt schwärmen. „Das ist unvorstellbar, ich kann das Gefühl gar nicht beschreiben“, sagt der Generalsekretär des tibetischen Sportverbandes TNSA. Dabei geht es ihm gar nicht um die echte Fußball-WM in Russland, sondern um die Titelkämpfe der Verbände, die nicht dem Weltverband FIFA angehören. Beim Turnier in London (31. Mai bis 10. Juni) will Tibet 2018 erstmals dabei sein.
„Das Turnier in London ist eine großartige Möglichkeit, der Welt die tibetanische Fußballkultur und die Kultur unseres Landes an sich zu zeigen. Unsere Kultur ist in der Tat sehr lebendig und dank des Dalai Lama so aktiv wie nie“, sagt Dorjee. Dass die Tibeter überhaupt von der Teilnahme träumen dürfen, liegt daran, dass der Sportverband Tibets Mitglied der CONIFA ist. Diese gemeinnützige Nichtregierungsorganisation kümmert sich um den Spielbetrieb von „Nationen, de-facto-Nationen, Regionen, Minderheiten und vom Sport isolierten Territorien“. Und da gehören die Tibeter mit ihrer über 32 Länder auf fünf Kontinenten verteilten Diaspora dazu.
Das oftmals als „Dach der Welt“bezeichnete Hochland mit dem Himalaya-Gebirge im Süden gehört seit der chinesischen Invasion 1959 zur Volksrepublik China. Seitdem lebt der Dalai Lama im indischen Dharamsala wie gut 100 000 seiner Landsleute im Exil. Die Tibeter in der Heimat beklagen strikte Restriktionen und Unterdrückungen durch die chinesische Regierung. Der tibetische Fußballverband, dessen Motto „Frieden durch Sport“lautet, wurde 2000 ebenfalls in Dharamsala gegründet. Nach dem ersten Länderspiel ein Jahr später in Kopenhagen gegen Grönland ist die Einladung zur CONIFA-WM der Höhepunkt der Fußballgeschichte Tibets.
„Wir hatten insgesamt sechs Bewerbungen für eine Wild Card für die WM. Da die Tibeter aufgrund der Entfernungen zu anderen CONIFAMitgliedern und der politischen Situation vor besonderen Herausforderungen stehen, wollten wir ihnen die Teilnahme unbedingt ermöglichen“, sagte CONIFA-Generalsekretär Sascha Düerkop, „wir erhoffen uns dadurch einen Aufschwung für den tibetischen Fußball.“
Doch dafür muss der Verband noch einige Hürden meistern. Die CONIFA zahlt den Teilnehmern ihrer dritten Welttitelkämpfe zwar die Unterkunft für 27 Spieler und Betreuer, die Tibeter müssen allerdings noch mindestens 100 000 Dollar für Flugtickets, Visa, Versicherungen, Trainingslager und weitere Schlafmöglichkeiten zusammmenkratzen. Denn neben dem Männerteam möchte die Tibeter noch ihre Frauenauswahl mit nach London nehmen, der Frauenfußball genießt im Verband einen besonderen Stellenwert. Daher hat die Nationalmannschaft auf der Website www.generosity.com ein Crowdfunding-Projekt gestartet. In den ersten beiden Monaten sind allerdings nur knapp 9000 Dollar zusammengekommen.
Wenn alles gut geht, würden sich die Tibeter im kommenden Mai mit 15 anderen bekannten wie unbekannten Regionen messen. Darunter der amtierende CONIFA-Weltmeister, die zu Georgien gehörige Republik Abchasien, Nordzypern, die der britischen Krone unterstellte Isle of Man, das Szeklerland im Osten Rumäniens oder die Auswahl der Tamilen.