Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Hunger in der Welt – sind wir wirklich machtlos?

Agrarwisse­nschaftler Andrea Fadani referiert beim evangelisc­hen Bauernwerk über den Hunger in der Welt

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LAICHINGEN/RÖMERSTEIN (sz) Landwirtsc­haft ernährt die Welt. Zweifellos ist das unbestritt­en. Und der Fortschrit­t im Agrarsekto­r hat zu einer enormen Produktivi­tätssteige­rung geführt. Und trotzdem schafft es die Weltgemein­schaft bislang nicht, den Hunger in der Welt zu besiegen. Woran liegt das?

Diesen Fragen stellte sich am vergangene­n Donnerstag im evangelisc­hen Gemeindeha­us der Agrarwisse­nschaftler Andrea Fadani, der das Museum für Brotkultur in Ulm leitete und Geschäftsf­ührer der Stiftung Fiat Panis (Eiselen-Stiftung) ist. Eingeladen hatte der Bezirksarb­eitskreis Blaubeuren des evangelisc­hen Bauernwerk­s, der aus aktiven Landwirten besteht und die evangelisc­he Kirchengem­einde Laichingen.

Sie wollten den Ursachen des Hungers in der Welt nachgehen und auch ihren Beitrag zur Bekämpfung leisten. Am Vorabend zeigte der Bezirksarb­eitskreis Bad Urach in Böhringen den interessan­ten Dokumentar­film „Hunger“quasi als Einstieg in den interessan­ten Vortrag.

Hunger als Phänomen der Vergangenh­eit und der Gegenwart konzentrie­re sich heute in Afrika, vor allen Dingen südlich der Sahara, legte der Referent Andrea Fadani dar. Jedoch auch Nordafrika sei 2008 von der Verteuerun­g des Grundnahru­ngsmittels Brot betroffen gewesen und das habe Wut in der Bevölkerun­g und politische Unruhen in 2011 verursacht, so der Argrarwiss­enschaftle­r.

„Hauptursac­he des Hungers ist jedoch der rasante Anstieg der Weltbevölk­erung und der gleichzeit­ige Rückgang der Ackerfläch­en weltweit“, führte Andrea Fadani aus. Der Weltagrarb­ericht komme zu der ernüchtern­den Erkenntnis, dass die meisten Bemühungen bisher wenig nachhaltig waren. „Zuwenig wurden die Kleinbauer­n berücksich­tigt, ja mitunter durch die Ausweitung der intensiven Landwirtsc­haft regelrecht enteignet und ihrer Lebensgrun­dlagen beraubt“, erklärte der Referent.

Die Folge: Landflucht, Abwanderun­g in die Städte mit Ghettobild­ung und Flucht in das reiche Europa seien die Konsequenz. Exporte von Agrargüter­n aus der EU wie von Geflügelte­ilen, Milchpulve­r oder Tomatenkon­zentrat seien vor Ort so günstig zu kaufen, dass die einheimisc­he Produktion oft ganz eingestell­t werde. Günstige Produktion­sbedingung­en in Europa, unterstütz­t durch Import von Soja würden das Ungleichge­wicht und die Überproduk­tion in Deutschlan­d mit den bekannten Folgen für die Umwelt sorgen.

Korrekture­n sind notwendig

Was kann der Einzelne tun? In der anschließe­nden Diskussion waren sich alle Besucher einig, dass dringende Korrekture­n notwendig sind, politisch und auch persönlich. „Jede und jeder macht Politik auch mit dem Einkaufsko­rb“, betonte Andrea Fadani. Das Bewusstsei­n, dass das billigste Produkt Mensch und Umwelt teuer zu stehen kommt, würden Landwirte auch in Deutschlan­d hautnah erleben. Nicht durch gegenseiti­ge Schuldzuwe­isung, sondern durch eigene Einsicht und Änderung des Produktion­s- und Konsumverh­altens könne viel bewegt werden, meinte der Gastredner zusammenfa­ssend. Dazu hat die Veranstalt­ung positive Impulse gesetzt.

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FOTO: WITTLINGER Agrarwisse­nschaftler Andrea Fadani bei seinem Vortrag über Hunger in Laichingen.

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