Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Besondere Silberplättchen
ULM (köd) - Was mag wohl an jenem Tag geschehen sein, an dem Herr Kühn einen Brief aus Uruguay erhielt? Der Empfänger bewahrte nämlich den Umschlag auf. Zahlreiche alte Briefumschläge, deren Marken und Stempel die einzigen Hinweise auf die Geschichte transportierter Nachrichten sind, standen am Sonntag bei der traditionellen Ulmer Münz- und Briefmarkenbörse im Foyer der Donauhalle zum Verkauf. Sie war sehr gut besucht, doch zeigte die Struktur der Besucher das Problem des Sammelns in diesen Bereichen: Der Nachwuchs ist zahlenmäßig unterrepräsentiert, und nur wenige Frauen scheinen sich für dieses Sammelgebiet zu interessieren.
Dem Sammler von Ulmer Erinnerungsstücken konnte bei der Messe das Herz warm werden: Viele Medaillen aus der Stadt waren zu sehen, vom 15. Jahrhundert bis zu den jüngsten zum Münsterturm-Jubiläum 2015. Medaillen erinnern an die Vollendung des Münsterturms 1890 und zeigen das Ulmer Münster zum Milleniumsjahr unter dem Glanz von Silvesterraketen.
Ein riesiges Angebot alter Ulmer Postkarten ab etwa dem Jahr 1900 ließ vor dem inneren Auge Straßenzüge und Häuser erstehen, die es seit der Zerstörung der Stadt im Dezember 1944 nicht mehr gibt. Sein Interesse an der Region und an der Stadtentwicklung habe ihn zum Enthusiasten für solche alten Postkarten aus dem Süden Deutschlands gemacht, erklärte ein Regionalia-Sammler.
Münzsammler und auch Händler wie Heinrich Wickert zeigten originale Ulmer Klippen, viereckige Silberplättchen aus dem Jahr 1704, die aus eingeschmolzenem Familiensilber hergestellt wurden, als französische Truppen im Spanischen Erbfolgekrieg den Ulmern am 10. April 1704 ein Ultimatum einer Kontributionszahlung stellten. Das Silber, das die Bevölkerung abgeben musste, rettete die Stadt – die rückseitige KlippenInschrift, die in lateinischer Sprache Gott um Frieden bittet, spricht Bände. Wie tief verankert die viereckige Form der Ulmer Klippen auch 175 Jahre nach ihrer eiligen Prägung noch war, belegen Gedenkmedaillen zur Fertigstellung des Münsters 1890, die in Form von Klippen geprägt wurden.
Wer sich für die Geschichte des Geldes interessiert, fand reichlich Bestaunenswertes – sehr gut erhaltene antike Münzen aus vorchristlicher Zeit und aus der Zeit um Christi Geburt herum, karolingische Münzen aus dem neunten Jahrhundert, Inflationsgeld, Gold- und Silbermünzen, D-Mark-Münzen in verschiedensten Varianten und sämtliche Euro-Sonderprägungen aus den EuroLändern waren unter anderem zu sehen und zu erwerben. Auf dem Briefmarken-Sektor informierte die Arbeitsgemeinschaft China-Philatelie speziell über das Sammelgebiet Asien und China im Besonderen. Die chinesische Kulturrevolution, chinesische Tierkreiszeichen – das Angebot bereicherte die Vielfalt, die auf der Messe regelmäßig zu sehen ist.
Auch für den ganz kleinen Geldbeutel gab es Spannendes: die Welt in der Plastiktüte – einstige und aktuelle Umlaufmünzen aus aller Herren Länder zum Preis von zehn Euro pro Kilo. Und wer sich noch an den Fünf-Mark-Schein mit Dürers junger Venezianerin erinnert, 1963 herausgegeben: Ihn bewahrten wohl viele zur Zeit der Euro-Umstellung auf, denn der Schein war für gerade einmal vier Euro zu haben.