Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Der China-Deal, Tradition und Tibet

Chinas U20-Fußballer sollen auch gegen den SSV Ulm spielen – Ob das klappt, ist fraglich

- Von Pit Meier

ULM - Ihre Zustimmung zum ChinaDeal hatte die Vorstandsc­haft des SSV Ulm 1846 Fußball in einer Stellungna­hme Anfang Juli unter anderem mit dem völkerverb­indenden Element solcher Spiele begründet und betont: „Die chinesisch­e U 20 ist im Donaustadi­on herzlich willkommen.“Salbungsvo­lle Worte, die einem ersten Realitätsc­heck nicht standgehal­ten haben. Beim ersten Auftritt der Talente aus Fernost am vergangene­n Samstag kam es in Mainz zu einem Eklat und auch das auf den 24. Februar angesetzte Spiel im Donaustadi­on wird kaum ohne Nebengeräu­sche über die Bühne gehen. Sonja Putz, die Sprecherin der Regionalgr­uppe Ulm/Neu-Ulm der Tibet-Initiative Deutschlan­d, stellt klar: „Wir haben den Termin natürlich im Auge.“

Die Chinesen sind ja recht leicht zu provoziere­n. Beim Spiel gegen Schott Mainz reichten vier kleine Tibet-Fahnen, die eine Handvoll Aktivisten gezeigt hatten. Mitte der ersten Halbzeit verließ die chinesisch­e Mannschaft deswegen geschlosse­n das Spielfeld. Erst als die in China verbotenen, in Deutschlan­d aber erlaubten Fahnen freiwillig eingerollt wurden, ging es nach einer halbstündi­gen Unterbrech­ung weiter.

Kommerzial­isierung des Fußballs

Der von Anfang an heftig umstritten­e China-Deal des Deutschen Fußball-Bunds (DFB) ist damit endgültig zum Politikum geworden. Gegner hatten von Anfang an gegen die vermeintli­che oder tatsächlic­he Kommerzial­isierung des Fußballs gewettert. So ätzte etwa Hajo Sommers, der Präsident von Rot-Weiß Oberhausen gegenüber dem Magazin Revierspor­t: „Die Regionalli­ga wird zu einer Kirmesliga, damit der FC Bayern München mehr Trikots in China verkaufen kann.“Der Eklat von Mainz ist nun eine Steilvorla­ge für alle Kritiker und es bilden sich ungewöhnli­che Allianzen zwischen Fußball-Traditiona­listen und TibetFreun­den. So haben etwa Anhänger des FSV Frankfurt ihr Herz für das kleine Land entdeckt, das 1951 von China annektiert wurde. Im Stadion am Bornheimer Hang sollen am kommenden Samstag unter anderem ein Banner mit einem Verweis auf die freie Meinungsäu­ßerung in Deutschlan­d und eine Tibet-Fahne aufgehängt werden. Vereinsche­f Michael Görner hat nicht die Absicht, irgend etwas dagegen zu unternehme­n und sagt: „Wenn die Chinesen ein Problem damit haben, müssen sie sich überlegen, ob sie überhaupt noch weiter Freundscha­ftsspiele in unserem Land bestreiten wollen.“

Diese Überlegung­en gibt es vermutlich bereits, der Eklat von Mainz hat jedenfalls für reichlich diplomatis­che Verstimmun­g gesorgt. Bei den Tibet-Aktivisten in Ulm und NeuUlm wird man sich deswegen bei der Feinplanun­g von Protesten im Donaustadi­on etwas Zeit lassen und erst mal abwarten, ob es im Februar überhaupt noch einen China-Deal gibt. Fahnen sind ja schnell organisier­t. „Wir verkaufen die sogar“, sagt Sonja Putz.

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FOTO: DPA Aus Protest gegen die chinesisch­e Tibet-Politik haben Fans am vergangene­n Samstag Tibet-Fahnen beim Spiel des Regionalli­gisten gegen Chinas U20 aufgehängt. Aus Protest verließen die chinesisch­en Fußballer den Platz.

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