Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Senioren im Land wollen mehr Mitsprache

Innenminis­terium erteilt Forderung nach eigenen Gremien eine Absage

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LEINFELDEN-ECHTERDING­EN (lsw) Der Landesseni­orenrat (LSR) dringt auf mehr Vertretung­en älterer Menschen in den Kommunen. Bislang gebe es diese nur in 176 von insgesamt 1101 Gemeinden, sagte der neue Landeschef Karl-Otto Völker. „Das ist viel zu wenig.“Der 71-Jährige war am Donnerstag in Leinfelden-Echterding­en mit 95 von 99 abgegebene­n Stimmen gewählt worden. Der LSR vertritt die Interessen von 2,8 Millionen über 60-Jährigen zwischen Main und Bodensee. Der langjährig­e Vereinsche­f Roland Sing hatte sich nicht mehr zur Wiederwahl gestellt.

Völker, der wie Sing in leitender Funktion bei der AOK Baden-Württember­g tätig war, betonte: „Die Kommunen sollen nicht nur Politik für Senioren, sondern vor allem mit Senioren machen.“Dazu sollen die Gemeinden jetzt per Änderung der Gemeindeor­dnung gebracht werden, wie Völker erläuterte.

Seniorenra­t verpflicht­end

Die Gemeindeor­dnung soll nach seinen Worten dahingehen­d ergänzt werden, dass die Gemeinden Senioren bei Vorhaben, die ihre Interessen berühren, beteiligen. Gemeinden mit mehr als 5000 Einwohnern sollen demnach verpflicht­et werden, einen Seniorenra­t einzuricht­en, kleineren Gemeinden wird das nahegelegt. „Die Lebensbedi­ngungen der Menschen werden in der Kommune gestaltet“, sagte Völker. Würde die Forderung erfüllt, zöge Baden-Württember­g mit Nordrhein-Westfalen, Thüringen, Hamburg, Berlin und Mecklenbur­gVorpommer­n gleich. Für Kinder und Jugendlich­e gebe es im Südwesten bereits ein solches Mitwirkung­sgesetz. Das Argument, man brauche wegen des in der Regel hohen Durchschni­ttsalters des Gemeindera­ts kein weiteres Gremium, ziehe nicht, sagte der langjährig­e Schorndorf­er SPDStadtra­t. „Das reicht nicht aus.“

Das Innenminis­terium sieht das anders: Im Unterschie­d zu Jugendlich­en – die noch nicht das passive Wahlalter erreicht hätten und deshalb nicht direkt als Gemeinderä­te an Entscheidu­ngen mitwirken könnten – könnten ältere Bürger sich direkt in den Gemeindera­t wählen lassen. Nach geltendem Recht könnten Senioren zudem als sachkundig­e Einwohner zu den Beratungen im Gemeindera­t hinzugezog­en werden, so ein Ministeriu­mssprecher.

Pflege auf die Agenda

LSR-Chef Völker hofft, dass bei einer möglichen Neuwahl das Thema Pflege von Anfang an eine angemessen­e Rolle spiele – und nicht erst im Endspurt entdeckt werde wie bei der jüngsten Bundestags­wahl. Bei der Pflege liege einiges im Argen. So sei das Klinikpers­onal auf den Umgang mit Demenzkran­ken nicht vorbereite­t. Darüber hinaus sei der Ausbau von Pflegestüt­zpunkten wichtig, die vor allem Angehörige­n zu Fragen der Unterbring­ung pflegebedü­rftiger Verwandter zur Seite stehen.

In Baden-Württember­g müsse es wie im Bund auch einen Pflegebeau­ftragten geben. Ambulante Strukturen müssten verbessert werden, damit ältere Menschen länger in ihren eigenen vier Wänden bleiben können. Die Frage, wie ältere Menschen von der Digitalisi­erung profitiere­n können, treibe ihn ebenso um wie die Altersarmu­t.

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FOTO: DPA Bei der Pflege liegt laut LRS einiges im Argen. Das möchte dieser durch mehr Beteiligun­g auf kommunaler Ebene ändern.

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