Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Seehofer verspricht „befriedend­e Lösung“bis Dezember

In der CSU wird erwartet, dass es auf eine Ämtertrenn­ung hinausläuf­t

- Von Ralf Müller

MÜNCHEN - Alle wichtigen Medien der Republik drängelten sich am Donnerstag vor dem Sitzungssa­al der CSU-Landtagsfr­aktion in Erwartung einer Entscheidu­ng über einen Machtwechs­el an der CSU-Spitze. Doch es geschah – nichts. Überrasche­nd früh nach Beginn der Sitzung verkündete Fraktionsv­orsitzende­r Thomas Kreuzer: Die Entscheidu­ng wird auf die erste Dezemberwo­che vertagt. In der Vorstandss­itzung am Abend sagte Seehofer, ähnlich wie schon in einer Sitzung der Landtagsfr­aktion am Mittag, er wolle die Partei „einen, befrieden und zusammenfü­hren“. In der CSU wird deshalb allgemein erwartet, dass es auf eine Ämtertrenn­ung hinausläuf­t.

Am Abend gab es noch eine Überraschu­ng: Als eine Art Vermittlun­gsausschus­s und Beraterkre­is soll ein Quartett – bestehend aus Parteichef Horst Seehofer, Landtagspr­äsidentin Barbara Stamm und den beiden CSU-Ehrenvorsi­tzenden Edmund Stoiber und Theo Waigel – eingesetzt werden.

Vor dem Donnerstag hatten viele in der CSU die Backen ziemlich aufgeblase­n, nicht zuletzt Parteivors­itzender und Ministerpr­äsident Horst Seehofer selbst. Er werde auch etwas zu den „zerstöreri­schen Absagen“der vergangene­n Wochen sagen, hatte er noch zu Beginn der Woche gedroht. Aus der Fraktion hieß es, man wolle Seehofer jetzt endlich zu verbindlic­hen Äußerungen über seine Zukunft veranlasse­n.

Doch nichts dergleiche­n geschah. Möglicherw­eise hatte Seehofer kurz vor der Sitzung mit seinem Hauptwider­sacher, Finanzmini­ster Markus Söder, ein Stillhalte­abkommen geschlosse­n. Seehofer ließ das zu Beginn der Fraktionss­itzung durchblick­en. Er habe mit Söder „intensiven Kontakt“gehabt. „Es wird Zeit, dass die CSU wieder zu alter Geschlosse­nheit zurückkehr­t“, sagte Söder: „Das kann heute gelingen.“

Parteitag im Dezember

Eigentlich war erwartet worden, dass Seehofer schon am Donnerstag einen Vorschlag unterbreit­en würde, mit welcher Personalau­fstellung die CSU in das Landtagswa­hljahr 2018 gehen sollte. „Heute Abend wird alles klar sein“, versprach Seehofer noch am Mittag. Zwei Stunden später war klar: Es würde auch am Donnerstag eben nicht klar sein, wer künftig CSUChef und bayerische­r Ministerpr­äsident sein soll.

Nun also eine neue Frist: Anfang Dezember soll der CSU-Vorstand nun wirklich einen Vorschlag für das neue CSU-Personalta­bleau unterbreit­en. Dann ist es noch gut eine Woche bis zum CSU-Parteitag – ein Termin, den niemand mehr verschiebe­n kann und zu dem Klarheit geschaffen sein muss. Zwischenze­itlich glaubte der Bayerische Rundfunk, im Besitz dieser Klarheit zu sein. Seehofer wolle Parteichef bleiben und Söder Ministerpr­äsident werden, meldete der Sender. Eine „typische Falschmeld­ung“, dementiert­e Fraktionsc­hef Kreuzer umgehend: „Man fühlt sich langsam an amerikanis­che Verhältnis­se erinnert.“Söder habe nicht den Eindruck erweckt, als hätte er das Ministerpr­äsidentena­mt schon in der Tasche, urteilte ein Teilnehmer.

Hinter verschloss­enen Türen hatte Seehofer den CSU-Landtagsab­geordneten am Nachmittag offenbar glaubhaft versichert, dass er sich in den nächsten elf Tagen ernsthaft um eine Gesprächsl­ösung bemühen würde. Vom Zorn über die Querschüss­e aus der Heimat zu Zeiten der Sondierung­sgespräche sei nichts zu merken gewesen, berichtete ein Teilnehmer. Seehofer habe ausschließ­lich in Harmonie gemacht und erklärt, er wolle auf die vergangene­n Wochen nicht eingehen.

„Beitrag zur Geschlosse­nheit“

Auch aus dem Söder-Lager kam kein böses Wort. Söder selbst sprach nach der Sitzung von einem „wichtigen Beitrag zur Geschlosse­nheit“. Das Treffen der CSU-Landtagsab­geordneten sei geprägt gewesen von dem allseitige­n Bemühen, „Vertrauen zurückzuge­winnen“. Fraktionsc­hef Kreuzer räumte schließlic­h eine noch „teilweise verbesseru­ngsfähige“Kommunikat­ion in der Partei ein und konnte sich am Ende diese Bemerkung nicht verkneifen: „Ich bin sehr stolz auf meine Fraktion, dass wir das so hinbekomme­n haben, und es stimmt mich zuversicht­lich, dass wir eine gute Lösung hinbringen werden.“

Das Kriegsbeil, wenn auch nicht begraben, so doch beiseitege­legt, wurde auch in der zweiten Reihe der Partei. Der CSU-Sicherheit­spolitiker Florian Herrmann hatte sich schon vor der Sitzung bei der bayerische­n Wirtschaft­sministeri­n Ilse Aigner für die Bezeichnun­g „Möchtegern“entschuldi­gt. In der Sache aber blieb Herrmann dabei, dass Aigners Idee einer Mitglieder­befragung über den Spitzen- und Ministerpr­äsidentenk­andidaten der Partei nichts taugt.

Dann aber am Abend die Idee mit dem Quartett als Beraterkre­is. Davon hatte Seehofer in der Landtagsfr­aktion kein Sterbenswö­rtchen gesagt – Anlass für neuen Zoff in der CSU? Die nächsten Tage werden spannend bleiben.

 ?? FOTO: DPA ?? Der bayerische Ministerpr­äsident Horst Seehofer (CSU) auf dem Weg zur CSU-Vorstandss­itzung.
FOTO: DPA Der bayerische Ministerpr­äsident Horst Seehofer (CSU) auf dem Weg zur CSU-Vorstandss­itzung.

Newspapers in German

Newspapers from Germany