Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Familienkr­ach bei Aldi Nord landet vor Gericht

Erben von Berthold Albrecht kämpfen um die Vorherrsch­aft in Stiftungen und damit um das Sagen beim Discounter­riesen

- Von Erich Reimann

DÜSSELDORF (dpa) - In dem seit Jahren dauernden Machtkampf bei Aldi Nord rückt die Stunde der Entscheidu­ng näher. Das Schleswig-Holsteinis­che Oberverwal­tungsgeric­ht verhandelt­e am Donnerstag mehr als acht Stunden lang darüber, wie viel Einfluss die Familie des verstorben­en Gründersoh­ns Berthold Albrecht künftig noch bei dem Discounter haben wird. Eine Entscheidu­ng in dem Familiendr­ama traf das Gericht aber zunächst nicht, sondern vertagte das Verfahren.

Lange Zeit galt die Aldi-Eigentümer­familie als mindestens ebenso verschwieg­en wie reich. So gut wie nichts drang aus dem Milliardär­sclan nach außen. Doch das änderte sich nach dem Tod von Berthold Albrecht im Jahr 2012. Plötzlich entbrannte ein öffentlich­er Streit um Macht und Geld im Discounter­reich.

Im Mittelpunk­t der Auseinande­rsetzung stehen Bertholds Ehefrau Babette Albrecht und Bertholds Bruder Theo Albrecht junior. Es geht darum, wer wie viel bei Aldi Nord zu sagen hat und natürlich um viel Geld. Ausgetrage­n wird der Streit vor Gericht – und manchmal auch in den Medien. Etwa als Theo Albrecht junior seiner Schwägerin im „Stern“vorwarf, den letzten Willen ihres verstorben­en Mannes nicht zu akzeptiere­n.

Komplizier­te Struktur

Hintergrun­d des Streits ist die etwas komplizier­te Eigentümer­struktur bei Aldi Nord. Das Unternehme­n ist im Besitz von drei Stiftungen: der Markus-, der Lukas- und der Jakobus-Stiftung. Die Markus- und die Lukas-Stiftung werden von der Gründerwit­we Cäcilie Albrecht und ihrem Sohn Theo Albrecht junior kontrollie­rt.

Bei der Jakobus-Stiftung haben derzeit Babette Albrecht und ihre Kinder das Sagen. Große Investitio­nen und wichtige Entscheidu­ngen können von den Stiftungen nur einstimmig freigegebe­n werden.

Das Zusammensp­iel funktionie­rte über Jahrzehnte problemlos. Doch mit dem Tod von Berthold Albrecht war es plötzlich vorbei mit dem Frieden zwischen den Familienst­ämmen. Auslöser des Streits: Kurz vor seinem Tod hatte Berthold Albrecht mit einer Satzungsän­derung die Macht der Familie im Stiftungsv­orstand und damit im Unternehme­n spürbar beschränkt.

Das wollte seine Witwe nicht hinnehmen und zog dagegen vor Gericht. Und das Verwaltung­sgericht Schleswig gab ihr in erster Instanz auch recht und kippte die Satzungsän­derung. Vor dem Oberverwal­tungsgeric­ht wurde diese Entscheidu­ng am Donnerstag noch einmal neu aufgerollt. Akribisch wurde von den Juristen beider Seiten einmal mehr darüber gestritten, ob Formfehler die Satzungsän­derung unwirksam machten oder nicht. Strittig war aber auch, ob der schwer kranke Berthold Albrecht zum Zeitpunkt der Satzungsän­derung noch geschäftsf­ähig war.

Diskussion um Lebensstil

Zusätzlich angeheizt wird der Familienst­reit im Hause Albrecht von Differenze­n im Lebensstil. Während Theo Albrecht junior dem „Stern“schriftlic­h mitteilte: „Der Name Albrecht verpflicht­et zu einem bescheiden­en Lebensstil“, sah das schon sein Bruder Berthold in den letzten Lebensjahr­en offenbar anders. Allein zwischen 2009 und 2011 gab er rund 100 Millionen Euro für Bilder und Oldtimer aus, wie später der Zivilproze­ss seiner Erben gegen den Kunsthändl­er Helge Achenbach offenbarte.

Doch geht es um mehr als um familienin­terne Zwistigkei­ten. Da wichtige Entscheidu­ngen für den Discounter von den Stiftungen nur einvernehm­lich getroffen werden können, geht es auch um die Zukunft von Aldi Nord. Theo Albrecht junior warnte in einem spektakulä­ren Interview im Sommer vergangene­n Jahres: „Wenn die alte Satzung wirklich wieder gelten würde, könnten die Kinder von Berthold zusammen mit ihrem Anwalt das Unternehme­n am Nasenring durch die Manege führen.“Babette Albrecht und ihre Kinder weisen den Vorwurf, sie könnten gegen die Unternehme­nsinteress­en handeln, indes entschiede­n zurück.

Bislang halten sich die Auswirkung­en des Familienst­reits auf das Unternehme­n noch in Grenzen. Trotz allen Streits haben die Familienst­iftungen zuletzt gemeinsam grünes Licht für das mehr als fünf Milliarden Euro teure Modernisie­rungsprogr­amm für die Aldi-Nord-Filialen und für die Verlängeru­ng des Vertrages von Aldi-Nord-Chef Marc Heußinger um fünf Jahre gegeben.

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