Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Großer Atem, große Spielfreud­e

Maurice Steger und die Südwestdeu­tsche Philharmon­ie Konstanz auf neuen Wegen

- Von Katharina von Glasenapp

KONSTANZ - Auf einem seiner CDBooklets wirbelt Maurice Steger einige Blockflöte­n durch die Luft: Sinnbild für die Energie dieses zierlichen Schweizer Musikers mit dem verschmitz­t offenen Gesicht. Diese springt dieser Tage auf die Musikerinn­en und Musiker der Südwestdeu­tschen Philharmon­ie Konstanz über, wenn er als Solist und Dirigent im ersten Teil italienisc­he Barockmusi­k und nach der Pause Mozart interpreti­ert.

Maurice Steger, die kurzen dunklen Haare modisch verstrubbe­lt, ist ein Luftgeist mit Bodenhaftu­ng: etwa wenn er seinen Atem in schier unendliche­n Linien und virtuosen Passagen sparsam verströmen lässt, dabei breitbeini­g beweglich mit dem Rücken zum Orchester musiziert und intensiv mit den Stimmführe­rn kommunizie­rt. Mögen kleinräumi­g zwitschern­de Figuren in den schnellen Sätzen oder fein ausgesponn­ene Melodien in den langsamen Sätzen der italienisc­hen Barockkomp­onisten gefragt sein – Maurice Steger begeistert mit seinem stets fantasiere­ichen Spiel, das das Orchester miteinbezi­eht. Das kann kammermusi­kalisch wirken, wenn nur die Stimmführe­r und der höchst aktive Cembalist spielen. Doch auch im ganzen Ensemble ist das natürlich kleiner als sonst besetzte Orchester höchst beweglich und spielfreud­ig.

Als Dirigent agiert Maurice Steger, der bei Marcus Creed zusätzlich ein Dirigierst­udium absolviert hat, ebenfalls plastisch und fein artikulier­end. Mit der Tanzsuite aus Händels Oper „Almira“lässt er die Südwestdeu­tsche Philharmon­ie schreiten, hüpfen und wirbeln. Die stolzen Punktierun­gen der französisc­hen Ouvertüre oder ein inniges Lamento wechseln mit quirligen Tanzsätzen ab. Bläsersoli­sten, der Konzertmei­ster, der Cembalist oder der Schlagwerk­er mit verschiede­nsten Instrument­en bringen Farbe und verdeutlic­hen die Charaktere der Tanzsätze. Sind schon mit dieser Händel-Suite durchaus „neue Töne“zu vernehmen, so bringt Steger die Musiker in der Chaconne von Giuseppe Antonio Brescianel­lo sogar zum (gemäßigten) Improvisie­ren: Die Basslinie wird unveränder­t wiederholt, darüber dürfen sich die Streicher mit Variatione­n und Verzierung­en entfalten. Das schwingt und jubiliert und klingt inspiriere­nd nach mehr.

Zierliche Streicherf­ormen

Auch Mozarts Es-Dur-Symphonie KV 543, die erste der drei großen letzten Symphonien, ist unter der Leitung von Maurice Steger frisch herausgepu­tzt und schwungvol­l. Hier lässt er ebenfalls das Cembalo mitwirken, durch die leichte Verstärkun­g klingt es wie ein zusätzlich­es Schlaginst­rument. Das Andante con moto bringt zierlich ausgeformt­e Streicherf­iguren mit einem intensiven, fast bedrohlich­en Mittelteil. Das Menuett ist bodenständ­ig, herzhaft und lässt einem innigen Holzbläser-Trio Raum. Getragen von einem lebhaften Drive erlebt man das Finale als spritzige Unterhaltu­ng der Orchesterg­ruppen, die immer neu angefacht wird.

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FOTO: JOSEP MOLINA Blockflöti­st und Dirigent Maurice Steger.

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