Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Ein Hauch von Wembley im Donaustadion
Fußball, Regionalliga Südwest: Umstrittene Situation beim 2:1-Sieg der Spatzen gegen den VfB Stuttgart II – David Braig trifft
ULM - Kurz nach dem Abpfiff hallten laute Schreie durch den Innenraum des Ulmer Donaustadions. Gerade hatten sich der SSV Ulm 1846 und der VfB Stuttgart II in der Fußball-Regionalliga Südwest mit 2:1 getrennt. Ein Stuttgarter Spieler hatte eine solche Wut, die er rauslassen musste. Wer es war, ist nicht bekannt, aber er fühlte sich betrogen. Vom Schiedsrichter Patrick Alt, der kurz vor Spielende ein klares Tor des VfB – so sahen es die meisten Zuschauer – nicht gegeben hatte. Der Schuss von Nicolas Sessa von der Strafraumlinie ging an die Unterlatte, von dort sprang der Ball wohl hinter der Linie auf und wieder raus. Die Stuttgarter reklamierten lautstark. Doch es half nichts. Der erste Ulmer Sieg nach fünf Spielen stand fest. Hinterher gab sich VfB-Trainer Andreas Hinkel diplomatisch: „Ob der Ball im Tor war, kann ich nicht beurteilen.“
Die Ulmer hatten einen Start nach Maß erwischt. Nach fünf Minuten wurde Alper Bagceci im Stuttgarter Strafraum attackiert und kam zu Fall. Alt entschied auf Elfmeter – auch diese Entscheidung war zumindest fragwürdig. Thomas Rathgeber interessierte das wenig. Er verwandelte zum 1:0 (6.). Trotz der frühen Führung blieb der Spielverlauf offen. Die Ulmer spielten schnell und druckvoll, ließen den Stuttgartern aber Raum, sodass die Gäste zu Chancen kamen. In der zehnten Minute war Torwart Holger Betz zur Stelle, nachdem Joel Sonora mit einem Dribbling die Ulmer Verteidiger hatte aussteigen lassen und vor Betz zum Schuss kam. Kurz danach verfehlte Jan Ferdinand das Tor.
Die Spatzen hatten mehr Spielanteile, suchten aber teils verzweifelt nach Lücken im Stuttgarter Spiel. Nur: Die gab es kaum. Daraus resultierte, dass sich die Spatzen-Verteidiger den Ball zuschoben, um den VfB aus der Abwehr zu locken. Dessen Spieler standen aber so fest in der eigenen Hälfte, dass es so schien, als wollten sie sich dort häuslich einrichten.
Schön war das nicht, aber zumindest hielten sie so die Spatzen vom Tor fern. Bis zur 28. Minute. Es war bezeichnend, dass David Braigs Tor mit einem langen Ball vom Mittelkreis vorbereitet wurde. Die VfB-Defensive schlief, der Ball landete auf Braigs Fuß und fand von dort den Weg ins Tor. Jubel im Ulmer Donaustadion, dann ging es wieder von vorn los. Die Ulmer spielten auf Ballbesitz, die Stuttgarter lauerten auf Konter. Mehr hatten die Gäste in der ersten Halbzeit nicht in petto. Den Ulmern sollte es reicht sein. Sie gingen mit dem 2:0 in die Pause.
Die Spatzen kamen bissig aus der Kabine. Bagceci hatte in der 52. Minute nach einem Solo die Chance zum 3:0, scheiterte aber mit seinem Schuss aus rund 18 Metern. Danach ließ der Druck der Ulmer etwas nach. Für die Stuttgarter reichte es aber noch. Gegen das harte, körperbetonte Spiel der Spatzen hatten die technisch starken Spieler aus der Landeshauptstadt kaum etwas zu melden. Den Spatzen wiederum schien die Rolle des Wellenbrechers zu gefallen. Jegliche Angriffsbemühungen des VfB, auch wenn sie spärlich waren, erstickten die Ulmer im Keim und schienen sich mit der 2:0Führung sehr wohlzufühlen. Vielleicht zu wohl. In der 80. Minute zog der eingewechselte Hayk Galstyan vom Strafraumrand ab und der Ball segelte über Betz hinweg ins Tor. Glücklich sah der Torwart nicht aus in dieser Situation. Plötzlich wirkten die Spatzen ängstlich und ließen den VfB spielen. Letztlich war es der Schiedsrichter, der diese Angst ungestraft ließ.