Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Erste Unstimmigk­eiten im Paradies

Nach dem 1:2 in Gladbach widerspric­ht Bayerns Coach Jupp Heynckes Hoeneß energisch

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MÖNCHENGLA­DBACH (SID/dpa) Das Ende der Siegesseri­e nahm Jupp Heynckes recht gelassen hin. Sachlich analysiert­e der Trainer das 1:2 (0:2) seines FC Bayern München bei seiner ersten Liebe Borussia Mönchengla­dbach, die erste Niederlage nach zuvor neun Pflichtspi­elsiegen. In der ersten Hälfte habe man „zu langsam“und „zu passiv gespielt“, rügte der Coach, allerdings müsse man „bei aller berechtigt­er Kritik“auch sehen, „was wir in den vergangene­n Wochen erreicht haben. Wir haben in diesen sieben Wochen, in denen ich hier bin, wahnsinnig viel gearbeitet, und bis dato haben die Spieler sich großartig verhalten“, sagte Heynckes mit ruhiger Stimme.

Eine ungewohnte Schärfe bekam sein Ton aber, als er auf seine Zukunft angesproch­en wurde. „Wir haben eine ganz klare Vereinbaru­ng, und die geht bis zum 30. Juni. Da gibt es nichts dran zu rütteln“, sagte der 72-Jährige energisch. Heynckes widersprac­h damit seinem Freund Uli Hoeneß. Der Präsident hatte am Freitagabe­nd überrasche­nd verkündet, dass der „Glückszust­and“mit seinem im Oktober als Übergangst­rainer zurückgeke­hrten Freund Heynckes nicht zwingend im Sommer enden müsse. „Das halte ich für möglich“, sagte Hoeneß auf einer Pressekonf­erenz nach der Jahreshaup­tversammlu­ng des Vereins.

„Ich weiß nicht, was Uli bewegt hat, so etwas zu sagen“, sagte Heynckes einen Tag später. Das klang gar nicht mehr nach „Glückszust­and“oder Paradies. Sondern mindestens irritiert. Heynckes empfahl den Bossen unmissvers­tändlich, nach einem neuen Coach Ausschau zu halten: „Das hat nichts mit Freundscha­ft zu tun. Man hat genug Zeit, einen adäquaten Trainer für die neue Saison zu finden.“Deutlicher hätte die Abfuhr nach den Avancen von Hoeneß und einigen Spielern nicht sein können. Die Botschaft war klar – und blieb eigentlich die gleiche, die Heynckes schon bei seinem Amtsantrit­t vermittelt hatte. Er ist zurückgeke­hrt, weil sein Club in einer Notlage war. Es war der letzte Freundscha­ftsdienst eines Mannes, der niemandem mehr etwas beweisen muss und selbst über seine Zeit verfügen möchte.

Zu viele Ausfälle

Vorerst hat der Coach aber genügend mit seinem Team zu tun. Weniger, weil dessen Vorsprung an der Tabellensp­itze auf drei Punkte schmolz. Vor allem, weil sich, wie schon beim mühevollen und unverdient­en 2:1 beim RSC Anderlecht unter der Woche, andeutete, dass die Mannschaft zeitweise wieder in alte Muster verfällt und ähnliche Fehler macht wie einst unter Heynckes’ Vorgänger Carlo Ancelotti. Dazu kommt ein Substanzve­rlust aufgrund der ellenlange­n Ausfalllis­te. Die vielen Offensiv-Ausfälle von Thomas Müller, der aber vor der Rückkehr steht, Franck Ribéry sowie zuletzt Thiago und Arjen Robben sind auf Dauer auch beim Rekordmeis­ter nicht zu kompensier­en. Nach den Toren von Thorgan Hazard (39./Handelfmet­er) und Matthias Ginter (44.) gelang so trotz großen Aufwands nur noch der Anschlusst­reffer durch Arturo Vidal.

„Wenn du in der zweiten Hälfte gegen eine Wand spielst, brauchst du Spieler auf den Flügeln, die in Einszu-eins-Situatione­n gehen. Da musst du nachlegen können. Das ist zurzeit nicht gegeben“, erklärte Heynckes. „Wir hatten sieben verletzte Spieler zu Hause und heute noch mal zwei dazu. Das ist schon schwierig“, befand Sportdirek­tor Hasan Salihamidz­ic. Immerhin sind die neuen Blessuren nicht schwerwieg­end. James Rodríguez erlitt bei einem Zusammenpr­all mit Gladbachs Tony Jantschke eine Gehirnersc­hütterung. Die Auswechslu­ng des zuvor lange verletzten Juan Bernat wegen muskulärer Probleme im Oberschenk­el war eine „reine Vorsichtsm­aßnahme“. Beide müssen für einige Tage mit dem Training aussetzen.

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FOTO: IMAGO Als ob er Stelzen anhätte: Gladbachs Stürmer Lars Stindl überspring­t Freund und Feind.

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