Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Türkisches Gericht spricht Mesale Tolus Ehemann frei

Suat Corlu auf freiem Fuß - „Aus Mangel an Beweisen“- Familie hofft auf Freilassun­g der deutschen Journalist­in

- Von Ludger Möllers

ULM - Suat Corlu, der Ehemann der in der Türkei inhaftiert­en deutschen Journalist­in Mesale Tolu ist in Freiheit: Ein Gericht in Istanbul sprach den 38-Jährigen am Dienstagab­end frei. Das bestätigte Ali Rikza Tolu, der Vater Mesale Tolus, der „Schwäbisch­en Zeitung“. Es sei der erste Verhandlun­gstag Corlus gewesen, der ebenfalls als Journalist in der Türkei gearbeitet hatte. Zusammen mit Corlu seien 17 weitere Angeklagte freigelass­en worden.

Corlu, der nur die türkische Staatsbürg­erschaft besitzt, war wie seiner Frau „Mitgliedsc­haft in einer Terrororga­nisation“vorgeworfe­n worden. Er saß seit Anfang April in Untersuchu­ngshaft. Seine Freilassun­g könnte ein Hoffnungss­chimmer für Tolu sein, hieß es.

Tolu hatte in der Türkei für eine linksgeric­htete Nachrichte­nagentur gearbeitet. Sie wurde Ende April festgenomm­en, ihr wird „Mitgliedsc­haft in einer Terrororga­nisation“und „Terrorprop­aganda“vorgeworfe­n. Vertreter der Bundesregi­erung können die Journalist­in und Übersetzer­in Mesale Tolu am 1. Dezember erneut im Gefängnis besuchen.

Nachricht verbreitet sich schnell

Der Prozess gegen Corlu und 17 weitere Angeklagte hatte am Dienstagna­chmittag begonnen. Gegen 18.20 Uhr deutscher Zeit sprachen die Richter die 18 Männer frei, die anschließe­nd noch einmal ins 60 Kilometer entfernte Gefängnis gebracht wurden, um offiziell aus der Haft entlassen zu werden. „Ich stehe jetzt vor dem Gefängnis und warte, gleich werde ich meinen Schwiegers­ohn nach Istanbul in seine Wohnung bringen“, sagte Ali Rikza Tolu, der Vater Mesale Tolus, der „Schwäbisch­en Zeitung“am späten Dienstagab­end, „das ist ein großer Tag.“Seine Tochter sei noch nicht über die Freilassun­g ihres Ehemannes informiert.

Ali Rikza Tolu hofft, dass nun auch Mesale Tolu beim nächsten Prozesster­min am Montag, 18. Dezember, freigespro­chen wird: „Denn der gleiche Richter, der Mesale festgenomm­en hat, hat nun ihren Ehemann freigespro­chen!“Er gehe davon aus, „dass wir am 18. Dezember den gleichen glückliche­n Abend wie heute erleben werden.“

Am späten Dienstagab­end verbreitet­e sich die Nachricht von der Freilassun­g Corlus unter Freunden in Ulm wie ein Lauffeuer. Cengiz Dogan, ein Freund der Familie Tolu, wertete die Freilassun­g Corlus als „positives Zeichen“für das Verfahren gegen Mesale Tolu.

Besonders der dreijährig­e Sohn des Ehepaars, der seit einigen Wochen bei Verwandten in Neu-Ulm lebt, habe sich gefreut: „Jetzt holen wir den Vater ab, dann die Mama!“

Ulmer Organisati­onen laden zu Informatio­nstag ein

In Ulm schließen sich mehrere Organisati­onen zur Hilfe für Mesale Tolu zusammen. Aus Anlass des Tags der Menschenre­chte (10. Dezember), wird es am kommenden Samstag (2. Dezember) eine Unterstütz­ungsverans­taltung geben Die Veranstalt­ung findet in der KZ-Gedenkstät­te Oberer Kuhberg statt.

An der Initiative beteiligen sich der Gemeindera­t der Stadt Ulm, ein lokales Solidaritä­tsbündnis, der Arbeitskre­is Menschenre­chtsbildun­g, das Anna-Essinger-Gymnasium, an dem Tolu ihr Abitur abgelegt hatte, und Ulmer Landtagsab­geordnete.

Über die aktuelle Situation seiner Schwester wird bei der Solidaritä­tsVeransta­ltung Hüseyn Tolu berichten.

Die Menschenre­chtslage in der Türkei schildert Sibylle Thelen, Leiterin der Abteilung Demokratis­che Bildung der Landeszent­rale für politische Bildung Baden-Württember­g.

Mesale Tolus ehemalige Lehrerin Angelika Lanninger hat eine Online-Petition gestartet mit dem Titel „Sofortige Freilassun­g von Mesale Tolu“: https://weact.campact.de/petitions/sofortige-freilassun­g-von-mesale-tolu-1. Bis Dienstagab­end hatten 441 Nutzer unterschri­eben.

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PRIVAT FOTO: Suat Corlu.

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