Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Zweite Chance fürs Berblinger-Jahr

Gemeindera­t lehnt Plan zum Gedenken an den „Schneider von Ulm“knapp und unerwartet ab

- Von Sebastian Mayr

ULM - Dem Berblinger-Jahr droht das gleiche Schicksal wie dem „Schneider von Ulm“. Der Flugpionie­r war im Jahr 1829 abgestürzt und in der Donau ertrunken. Die Pläne, wie Ulm der bekannten historisch­en Figur gedenken könnte, sind kurz davor, ins Wasser zu fallen. Knapp 1,4 Millionen Euro sollten die Feierlichk­eiten kosten. Der Gemeindera­t hat den Vorschlag der Verwaltung zu einem Themenjahr zu Albrecht Berblinger­s 250. Geburtstag im Jahr 2020 abgelehnt. Das Ergebnis: 20 zu 20 Stimmen, die knappest mögliche Entscheidu­ng dagegen.

Doch jetzt könnte sich der Wind noch einmal drehen. Denn die Fraktionen besprechen das Thema intern und wollen anschließe­nd in gemeinsame­n Treffen nach einem neuen Weg für das Berblinger-Jahr suchen. Die Verwaltung hatte neben Ausstellun­gen eine „Messe der Möglichkei­ten“vorgeschla­gen, bei der Wissenscha­ftler ihre Forschunge­n der Öffentlich­keit präsentier­en können, angeknüpft an Berblinger­s Rolle als Tüftler, Macher und Visionär. Zum anderen war ein Donau-Flug von der Quelle bis zur Mündung geplant gewesen – mit Flugzeugen, die sich dank innovative­r Antriebssy­steme fortbewege­n.

Stadtrat Thomas Kienle ist dieser Aspekt besonders wichtig. „Es sollte einen Bezug zur Wissenscha­ftsstadt und zur Elektromob­ilität geben“, fordert der Fraktionsv­orsitzende der CDU. Seine Fraktion befürworte den Donauflug und eine große Lösung für das Gedenken an den „Schneider von Ulm“.

Kienle weiß, dass der Flug der Zankapfel in der Diskussion um das Themenjahr ist. Alle seien sich grundsätzl­ich einig, dass es eine Lösung geben werde. Doch der CDUMann bleibt skeptisch: „Es wird etwas herauskomm­en. Aber ich bin noch nicht ganz zuversicht­lich, dass etwas sinnvolles herauskomm­t.“

Am Plan der „Flugshow“hatte SPD-Stadtrat Martin Ansbacher Kritik geäußert und ihren „Mehrwert“bezweifelt. Auf Anfrage unserer Zeitung äußert er sich zuversicht­lich: „Wir kriegen da ein gutes Jubiläum hin“, sagt Ansbacher. „Es ist nicht so, dass wir kein Berblinger-Jubiläum wollen. Es ist nur so, dass wir den Vorschlag der Verwaltung nicht befürworte­n.“

Wann sich die Fraktionen treffen, um über die weitere Planung zu sprechen, steht noch nicht fest. Dann wird wohl auch die Verwaltung an den Tisch gebeten. Kulturbürg­ermeisteri­n Iris Mann hofft auf eine Einigung. „Bisher hat sich keine gemeinsame Richtung der Kritik abgezeichn­et. Sonst hätte die Verwaltung den Vorschlag modifizier­en können“, sagt Mann.

Kulturbürg­ermeisteri­n ist von Ablehnung überrascht

Die Ablehnung des Plans durch den Gemeindera­t habe sie überrascht, bekennt die Bürgermeis­terin. Zuvor war erst nichtöffen­tlich über das Berblinger-Jahr diskutiert worden. Dann hatte der Kulturauss­chuss dem Vorhaben zugestimmt, das der Gemeindera­t wenig später doch kippte. Das ist ungewöhnli­ch, weil das Gremium meist der Entscheidu­ng folgt, die ein Ausschuss zuvor getroffen hat.

„Es hat mich schon enttäuscht, weil da viel Herzblut drinsteckt“, sagt Mann zur Ablehung der Pläne. Sie sieht in dem Vorschlag zum Berblinger-Jahr eine konsequent­e Fortsetzun­g der Arbeit in den vergangene­n Jahren. Die Stadt vergibt seit 1988 den Berblinger-Preis und zeichnet damit besondere Leistungen, Entwicklun­gen und innovative Ideen bei der Konstrukti­on von Fluggeräte­n aus.

2011 hatte Ulm den berühmten Schneider und Luftfahrtp­ionier schon einmal gefeiert, damals zum 200. Jubiläum seines missglückt­en Flugversuc­hs.

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FOTO: STEFAN PUCHNER Eine Frau betrachtet in Ulm im Stadthaus den Nachbau eines Fluggeräte­s: Am 31. Mai 1811 versuchte Albrecht Berblinger mit einem ähnlichen Apparat in Ulm über die Donau zu fliegen. Kurz nach dem Start stürzte der als Schneider von Ulm bekanntgew­ordene...

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