Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Lieber Kripo als Oper
Im Kulturausschuss geht es auch darum, welche Produktionen besonders viele Zuschauer anlockten – und welche nicht
ULM - Das Theater Ulm verkündete jüngst eine gute Nachricht: einen Überschuss von 127 000 Euro habe man erwirtschaftet. Die Institution bat im Kulturausschuss jetzt um Zustimmung zu Investitionen in Höhe von 290 000 Euro, weil beispielsweise allein fast 200 000 Euro in die Umstellung der Beleuchtung auf LEDTechnik investiert werden müssen. Doch bereits an der Berechnung des Überschusses entzündete sich die Diskussion der Ulmer Stadträte: Der Überschuss sei lediglich ein kleineres Minus, wurde angemerkt. Stadträten verschiedener Fraktionen verschlugen die Besucherzahlen der vergangenen Spielzeit teilweise die Sprache.
Der Rückgriff Alexander Joukovs (Grüne) darauf, man hätte statt der 2008 begonnenen Sanierung des denkmalgeschützten Theaterbaus von Fritz Schäfer ein kleineres Theater bauen können, das dann eine höhere Auslastung produziere, ließ nicht nur Thomas Kienle (CDU) mit dem Fäusten auf den Tisch schlagen. Auch der scheidende Intendant Andreas von Studnitz wertete Joukovs Vorstoß als „Augenwischerei par excellence“. Der ungeheure Erfolg der Inszenierung „Wie im Himmel“, die von Mai 2016 bis zum Tod des Hauptdarstellers Jörg-Heinrich Benthien am 11. Juli 2016 lief, zeige, dass die Größe des Hauses Ulm durchaus angemessen sei. Und gerade die Risikoproduktion der Spielzeit 2016/17, das Musical „Spamalot“, weise mit einer Auslastung von über 90 Prozent in die gleiche Richtung.
Die insgesamt in der vergangenen Spielzeit nur bei 70,67 gelegene Auslastung geht vor allem zu Lasten der Sparte Schauspiel. Hier liegt die Auslastung der Plätze um mehr als elf Prozentpunkte hinter der VorjahrsBilanz, wobei der Spielzeit-Auftakt „Platonow“Negativ-Spitzenreiter ist. Aber auch die Oper und das Ballett liefen weniger gut als sonst, und die Zahl der Haupt-Abos sank erneut. Die zurückgegangenen Besucherzahlen sind wohl auch auf die Baustellen-Situation zurückzuführen, durch die es schwierig sei, mit sauberen Schuhen ins Theater zu kommen.
Veranstaltungen im Podium laufen gut
Steigende Tendenz weisen immerhin die Besucherzahlen und die Abos im Podium auf. Hier verzeichneten der Ballettabend „Klang“mit 99,94 Prozent und der zweite Fall von „Kripo Ulm“mit 99,73 Prozent Auslastung brillante Zahlen, und die Jugendclub-Produktion „Ommas Achtzigster“schaffte sogar die 100-Prozent-Marke. Mit über 90 Prozent Auslastung laufen auch die Veranstaltungen in der Podiumsbar sehr gut, und die philharmonischen Konzerte erfreuen sich konstant der Publikumsgunst. Ein schlechteres Ergebnis als in all den Vorjahren brachte das Open Air auf der Wilhelmsburg, wo im Sommer 2016 diesmal nur eine Inszenierung – die Oper „Nabucco“– zu sehen war. 20 578 Zuschauer bedeuten eine Auslastung von 70,09 Prozent. Die weniger erfolgreichen Zahlen liegen vermutlich darin begründet, dass in der öffentlichen Meinung Oper einen höheren Anspruch an das Publikum habe als die Musicals, die sonst mit großer Publikumszustimmung auf der Wilhelmsburg liefen, so Verwaltungsdirektorin Angela Weißhardt.
Die Wilhelmsburg besser auszustatten legte Andreas von Studnitz der Stadt dringend ans Herz: „Wenn Ihnen an der Wilhelmsburg etwas liegt, dann denken Sie über ein Grundsetting nach.“Mit einer dauerhaften Tribüne und einem Beleuchtungspark dürften auch Opern dort kein Risiko mehr bedeuten, so von Studnitz.
Die notwendigen Investitionen, für die auch der Budgetüberschuss verwendet wird, genehmigte der Gemeinderat einstimmig.