Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Anklage gegen Schweinehalter
Großprojekt soll eine Milliarde Euro teurer werden – Verzögerung bis Ende 2024
STUTTGART (kab) - Vor einem Jahr haben katastrophale Zustände in einem Schweinemastbetrieb im AlbDonau-Kreis bundesweit für Schlagzeilen gesorgt. Nun hat die Staatsanwaltschaft Ulm gegen den Schweinezüchter, gegen dessen Frau sowie gegen die beiden Söhne Anklage beim Amtsgericht Ulm eingereicht. Ihnen wird Verstoß gegen das Tierschutzgesetz vorgeworfen. Verantworten muss sich auch ein Amtstierarzt, der den Betrieb kontrolliert hatte. Wegen versuchter Strafvereitelung hat ihm das Gericht einen Strafbefehl zugestellt.
STUTTGART/BERLIN (dpa) - Das Großprojekt Stuttgart 21 ist seit Jahren umkämpft – nun gibt es neuen Ärger. Das Bauvorhaben wird noch mal gut eine Milliarde Euro teurer. Die Bahn rechnet nach Informationen aus Aufsichtsratskreisen nun mit einem Kostenrahmen von 7,6 Milliarden Euro. Außerdem verzögert sich das Vorhaben und soll erst Ende 2024 fertig werden. Roland Böhm, Bettina Grachtrup und Julia Kilian beantworten die wichtigsten Fragen.
Warum wird das Bahnprojekt teurer?
Offiziell hat sich die Bahn nicht dazu geäußert. Aus Kreisen des Aufsichtsrats werden jedoch etwa gestiegene Baukosten genannt, Verzögerungen in den Planungsverfahren und strenge Vorschriften des Artenschutzes für Eidechsen und Käfer. Diese Gründe wurden schon vor vier Jahren aufgezählt, als der Kostenrahmen um zwei Milliarden Euro erhöht wurde. Die Bahn wollte gegensteuern, um Kosten und Zeitplan im Griff zu halten, das hat offenkundig nicht geklappt. Kritiker halten schon lange Kosten von bis zu zehn Milliarden Euro für möglich.
Wer kommt für die Mehrkosten auf?
Schwierige Frage, denn darüber wurde schon vor den neuen Nachrichten gestritten. Ein Knackpunkt ist ein Passus im Finanzierungsvertrag: Die sogenannte Sprechklausel sagt, dass im Fall weiterer Kostensteigerungen die Eisenbahnunternehmen und das Land „Gespräche“aufnehmen. Aus Sicht der Bahn ist auch eine finanzielle Mehrbeteiligung vor allem des Landes und der Stadt Stuttgart gemeint. Die Projektpartner pochen allerdings darauf, dass die Klausel lediglich zum Sprechen auffordert.
Wie soll der Streit gelöst werden?
Die Bahn setzt auf die Justiz. Ende 2016 reichte der Konzern Klage gegen das Land Baden-Württemberg ein. Er will damit nach eigenen Angaben verhindern, dass mögliche finanzielle Ansprüche auf eine Beteiligung der Partner an den Mehrausgaben verjähren. Der Ausgang des Verfahrens ist offen, einen Verhandlungstermin gibt es noch nicht. Baden-Württemberg will nicht mehr als die vereinbarten 930 Millionen Euro zahlen. Auch der Flughafen Stuttgart als ein weiterer Partner lehnt eine Beteiligung an Zusatzkosten ab.
Was bedeutet die Verzögerung für Reisende und Stuttgarter?
Alle müssen noch länger eine Baustelle ertragen. Zudem wurden die Gleise für die Bauarbeiten nach hinten verlegt. Man muss also länger im Bahnhof laufen, um zu den Zügen zu kommen.
Was macht die Bauarbeiten kompliziert?
Die Bahn hat die Verzögerungen unter anderem mit aufwendigen Planänderungen für die Entrauchung des Tiefbahnhofs und mit dem schwierigen Tunnelbau im wasserempfindlichen Gestein Anhydrit erklärt.
Wie belastbar ist das Argument mit dem Artenschutz?
Erklärt die Bahn den Zeitverzug, verweist sie gerne auch darauf. Tatsächlich müssen an mehreren Stellen entlang der Strecke Richtung Ulm und in Stuttgart Tausende streng geschützte Eidechsen umgesiedelt werden. 15 Millionen Euro hat die Bahn dafür eingeplant. In einigen schwierigen Fällen errechnete das Unternehmen Kosten von bis zu 8599 Euro – pro Tier wohlgemerkt. Nicht das Einfangen mache das Ganze so teuer und zeitaufwendig, so die Bahn, sondern auch Planung, Beobachtung, Vertreibung sowie Beschaffung neuer Lebensräume. Andernorts muss Rücksicht auf den geschützten Juchtenkäfer genommen werden.
Was sagt die Bevölkerung zu dem Großprojekt?
Zehntausende protestierten gegen das Vorhaben, letztlich sprachen sich aber viele Baden-Württemberger 2011 für das Projekt aus. Bei einem Volksentscheid stimmte die Mehrheit gegen einen Ausstieg des Landes aus der Finanzierung – und damit für Stuttgart 21.