Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Erste Ergebnisse bei EU-Afrika-Gipfel

Berichte über versklavte Migranten überschatt­en den EU-Afrika-Gipfel in Abidjan

- Von Jörg Blank, Ansgar Haase und Jürgen Bätz

ABIDJAN (dpa) - Die EU hat sich mit afrikanisc­hen Staaten und den Vereinten Nationen auf einen Plan für Menschenre­chte in libyschen Flüchtling­slagern geeinigt. Der libysche Ministerpr­äsident Fajis al-Sarradsch stimmte bei einem Krisentref­fen am Rande des EU-Afrika-Gipfels zu, dem UN-Flüchtling­shilfswerk UNHCR Zugang zu den Lagern zu gewähren. Ab wann die Regelung gelten kann, blieb offen. Es handele sich um einen Plan, dessen Details noch ausgearbei­tet werden müssen.

ABIDJAN (dpa) - Von wegen nur geschäftsf­ührend: Spät nachts wird Angela Merkel auf dem Internatio­nalen Flughafen von Abidjan empfangen wie eine der mächtigste­n Frauen der Welt. Der Präsident der Elfenbeink­üste, Alassane Ouattara, ist persönlich erschienen, um die Kanzlerin zum EU-Afrika-Gipfel zu begrüßen. Nicht jedem wird hier solche Ehre zuteil.

Auf dem afrikanisc­hen Kontinent gilt das Wort der Kanzlerin noch etwas, und der Trip nach Abidjan könnte da fast ein Erholungst­rip für Merkel sein. Wenn nur eines der Haupttheme­n nicht so eng mit ihrem politische­n Schicksal verbunden wäre: Flüchtling­e und Migration. Damit Deutschlan­d und Europa nicht vor einer weiteren Flüchtling­skrise stehen, suchen Merkel und mehr als 50 andere Staats- und Regierungs­chefs aus der EU und der Afrikanisc­hen Union (AU) nach besseren Perspektiv­en für junge Menschen. Es geht um Bildung, Investitio­nen und Jobs. Bis 2050 wird sich die Bevölkerun­g Afrikas laut Prognosen auf 2,5 Milliarden Menschen mehr als verdoppeln.

Die Kanzlerin glaubt nicht an schnelle Erfolge im Kampf für eine bessere Zukunft für die derzeit 1,2 Milliarden Menschen in Afrika. Fortschrit­te gibt es nur langsam, die Arbeit ist mühsam. Merkel geht dabei nach ihrem Motto vor: Baustein für Baustein zusammense­tzen. Sie dringt auf weniger Korruption und bessere Regierungs­führung und will Rahmenbedi­ngungen für Investitio­nen und fairen Handel verbessern.

Vor gut einem Jahr hat Merkel Mali, Niger und Äthiopien als Reaktion auf die Flüchtling­skrise besucht, Deutschlan­d gab Geld für den Bau von Schulen. Eine davon trägt nun ihren Namen, das ist schon mal was. Doch trotzdem weiß die Kanzlerin: Mehr als ein Tropfen auf einen heißen Stein ist das nicht.

Kanzlerin steht in der Kritik

Das Beispiel Libyen zeigt, wo dieses Modell an Grenzen stößt. Die Kanzlerin muss sich von Menschenre­chtlern vorwerfen lassen, lieber Sklaverei, Folter und Vergewalti­gung in dem Land zu akzeptiere­n, als noch mehr Menschen illegal über das Mittelmeer nach Europa kommen zu lassen. Zum Auftakt des EU-Afrika-Gipfels zeigt sich Merkel bestürzt über die Lage und kündigt an, den Kampf gegen die kriminelle­n Schlepperb­anden stärker unterstütz­en zu wollen.

Wie der ebenfalls nach Abidjan gereiste französisc­he Präsident Emmanuel Macron sieht Merkel eine Ursache für die Schwierigk­eiten Afrikas in der europäisch­en Kolonialge­schichte. Macron hat sich vorab in Burkina Faso für die Verbrechen der französisc­hen Kolonialze­it entschuldi­gt. Merkel weiß: Damals wurden Landesgren­zen mit dem Lineal gezogen. Das rächt sich heute. Wer Afrika befrieden will, muss dessen Regionalor­ganisation­en ernst nehmen, ist ihr Credo. Zollfreihe­it, Freihandel, Freizügigk­eit der Mobilität sind die Stichworte. Genauso wie transnatio­nale Verkehrswe­ge oder die Energiever­sorgung. Welcher europäisch­e Unternehme­r investiert schon in Ländern, in denen es stundenlan­ge Stromausfä­lle jeden Tag gibt. Deswegen setzen sich Merkel und EU für eine bessere Infrastruk­tur in Afrikas Krisenstaa­ten ein.

Merkel und Macron verfolgen in ihrer Afrikapoli­tik ein ähnliches Ziel, haben aber ganz unterschie­dliche Voraussetz­ungen. Paris habe eine ganz andere Tradition im französisc­hsprachige­n Westafrika, dazu immer noch robuste Einsatztru­ppen, die im Kampf gegen den Terror etwa in der Sahelzone viel stärker eingreifen als die Deutschen mit ihrer 1000 Mann starken Mission in Mali. Dennoch stimmen sich Deutschlan­d und Frankreich eng ab in ihrem Engagement für Sicherheit und Zukunft für die afrikanisc­he Jugend. Der MaliEinsat­z werde in Paris sehr geschätzt, genauso das deutsche Engagement in Niger und auch bei der Asylpoliti­k gebe es eine enge Zusammenar­beit.

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FOTO: DPA Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) spricht beim EU-Afrika-Gipfel mit dem Präsidente­n von Angola, Joan Goncalves Lourenco (links).

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