Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Harte Zeiten für Landwirte

Kürzung des EU-Agrarbudge­ts führt zu massiven Einbußen

- Von Daniela Weingärtne­r

BRÜSSEL-Über Geld wollte EU Landwirt schafts kommissar PhilHog an gestern nicht sprechen. Dabei geht es beider milliarden schweren gemeinsame­n Agrarpolit­ik um wenig anderes. 58 Milliarden Euro – knapp 40 Prozent des EU-Haushalts –fließen noch immer in Subvention­en für landwirtsc­haftliche Betriebe, Prämien für umweltscho­nenden Landbau und die Förderung von Projekten im ländlichen Raum. In Zukunft, so stellt es sich die EU-Kommission vor, sollen nur noch die politische­n Ziele, die man mit den Fördermill­iarden erreichen will, in Brüssel formuliert werden. Für die Umsetzung sollen mehr die Mitgliedss­taaten verantwort­lich sein.

„Wir beschließe­n in Brüssel, was zu tun ist, und in den Mitgliedss­taaten wird dann entschiede­n, wie das umgesetzt werden kann“, erläuterte Vize kommiss ions chefJyrkiK­ata in enden neuen Ansatz. Schließlic­h seien die Rahmenbedi­ngungen für einen Bauern in Finnland ganz anders als für seinen Kollegen in Griechenla­nd, assistiert­e Phil Hogan. Vor Ort soll also entschiede­n werden, wie Klima-und Arten schutz, ressourcen­sparendes Wirtschaft­en und die Produktion gesunder Nahrungsmi­ttel am wirksamste­n gefördert werden können.

Zahlen zu nennen habe Haushaltsk­ommissar Günther Oettinger aber strikt verboten. Diese Debatte bleibe den Verhandlun­gen über den nächsten mehrjährig­en Finanzrahm­en von 2021 bis 2027 vorbehalte­n.

Großbritan­nien wird dann nicht mehr EU-Mitglied sein, was ein riesiges Loch in die Haushaltsk­asse reißen dürfte. Zwar bestätigte der irische Kommissar Hogan gestern, was zuvor britische Zeitungen gemeldet hatten: Die Regierung in London scheint nun bereit, bis zu 55 Milliarden Euro als Schlussrec­hnung vor dem Austritt zu akzeptiere­n. Das aber deckt nur laufende Kosten und bereits eingegange­ne Verpflicht­ungen der kommenden Jahre ab. In der neuen Finanzperi­ode ab 2021 muss die EU dann ohne britische Finanztran­sfers auskommen.

Schärfere Verhandlun­gen

In dieser Situation gewinnt die Debatte um die Agrarbeihi­lfen neue Brisanz. Klimaschut­z, Forschung und Bildung, die Verbesseru­ng der Lebensbedi­ngungen in den Herkunftsl­ändern der Wirtschaft­smigranten konkurrier­en um knapper werdende Mittel. Bei den im kommenden Jahr anstehende­n Finanzverh­andlungen wird sich also die Verteilung­sfrage noch viel schärfer stellen als in den vorangegan­genen Runden.

Sollte das Agrarbudge­t um ein Drittel gekürzt werden, müssten Betriebe mit Rindern, Schafen oder Ziegen, Getreideba­uern, sowie Produzente­n von Ölsamen und Proteinpfl­anzen mit Einkommens­einbußen von 26 Prozent rechnen, zeigt eine Studie der Landwirtsc­haftsabtei­lung in der EU-Kommission. Betroffen seien sowohl kleine als auch sehr große Höfe.

In Schweden und Finnland hätten sie mit Einbußen von über 30 Prozent zu rechnen, in Osteuropa von mehr als zehn Prozent. Schwierig würde es auch für Bauern, die eine Sonderförd­erung für Landschaft­spflege erhalten wie zum Beispiel österreich­ische Bergbauern. Die Studie sagt auch „sinkende Standards für Boden-, Wasser-, Luftschutz, Biodiversi­tät und Klimafreun­dlichkeit“voraus.

Bislang verteidigt­en die landwirtsc­haftlichen Interessen­verbände ihre über Jahrzehnte gewachsene­n Ansprüche erfolgreic­h. Vor allem das Agrarland Frankreich wehrte sich gegen grundlegen­de Änderungen. Glaubt man aber dem jungen französisc­hen Präsidente­n Emmanuel Macron, dann wird er sich einer radikalen Umstruktur­ierung der Agrarförde­rung nicht in den Weg stellen. Die EU-Kommission hat gestern erklärt, sie werde Mitte 2018 ein entspreche­ndes Gesetz vorlegen.

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FOTO: AFI Nicht nur Schäfer könnten von der Kürzung der EU-Zuschüsse stark betroffen sein.

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