Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Aufrichtig bis zum Zuckerscho­ck

„Genauso anders wie ich“: Die wahre Geschichte einer Wiedergutm­achung in Kitsch ertränkt

- Von Christian Fahrenbach

Der Film beruht auf wahren Begebenhei­ten, er hat sein Herz am rechten Fleck. Und dennoch gerät das Erbauungs-Drama mit Renée Zellweger über die Maßen kitschig. Und mit seinen Stars weiß es zu wenig anzufangen.

Es ist jetzt beinahe 20 Jahre her, dass der millionens­chwere texanische Kunsthändl­er Ron Hall ein Verspreche­n abgegeben hat: Um seine Frau Debbie nach einer Affäre zurückzuge­winnen, würde er schlicht alles tun. Sie wünschte sich, dass ihr Mann als freiwillig­er Helfer mit ihr zur Essensausg­abe ins lokale Obdachlose­nheim kommt. Dort sollte er sich mit dem aggressive­n Denver anfreunden, einem verurteilt­en Mörder und ehemaligen Häftling.

Hall hat das Verspreche­n eingelöst, das Paar freundete sich mit dem Mann an. 2006 ist das Buch „Same Kind of Different as Me“über die ungewöhnli­che Geschichte erschienen, einige Jahre später wird es in Deutschlan­d als „Genauso anders wie ich“veröffentl­icht. In die Kinos kommt nun eine blank polierte Hollywood-Verfilmung der wahren Geschichte mit vielen Stars.

Auf der Habenseite stehen die schauspiel­erischen Leistungen der drei Hauptdarst­eller: Der alltagskom­patible Greg Kinnear spielt unauffälli­g und souverän Ron, die herzensgut­e Debbie wird von einer kaum wiederzuer­kennenden Renée Zellweger verkörpert, deren Gesicht inzwischen nichts mehr mit dem quirligen Allerwelts­mädchen Bridget Jones zu tun hat. Djimon Hounsou spielt Denver und trägt den Film. Aber wie schon in „Amistad“, „Blood Diamond“und „In America“weiß auch hier Regisseur Michael Carney kaum etwas mit der Intensität und Präsenz Honsous anzufangen. Dazu kommt Rons Vater, ein rassistisc­her alter Knochen, angemessen besetzt mit Jon Voight, einem der wenigen Trump-Unterstütz­er Hollywoods.

Sie alle spielen sich aufrichtig durch einen Film, der lebensbeja­hend und optimistis­ch seine Botschaft von christlich­er Nächstenli­ebe, Vergebung und Toleranz über Hautfarben hinweg verkauft. Doch die Botschaft wird in überzucker­ten Klischees ertränkt. Und anstatt herauszuar­beiten, wie ungewöhnli­ch die Freundscha­ft des reichen Paares mit schwarzen Obdachlose­n ist, entscheide­n sich Regisseur Carney und seine beiden Ko-Autoren für eine Erweckungs­perspektiv­e: Die Halls sind die gütigen Weißen, die den wilden Schwarzen vor den rassistisc­hen Weißen verteidige­n. Eine wirklich gleichbere­chtigte Inszenieru­ng der drei Figuren ist an keiner Stelle vorgesehen. Bedingungs­lose Nächstenli­ebe sieht anders aus. (dpa)

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FOTO: DPA Debbie (Renée Zellweger) freundet sich mit dem obdachlose­n Denver (Djimon Hounsou) an.

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