Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Das gibt es nur in Berlin

Ausstellun­g wirbt um Verständni­s für „tapfere Drogendeal­er“

- Von Sabine Lennartz

BERLIN - Für die Eröffnung musste ein Sicherheit­sdienst angeheuert werden: Die Ausstellun­g über Drogendeal­er in Kreuzberg macht zurzeit viele Berliner wütend. Denn unter dem Titel „Andere Heimaten: Herkunft und Migrations­routen von Drogenverk­äufern in Berliner Parks“will der Konzeptkün­stler Scott Holmquist zeigen, wie „trotz aller Widerständ­e Drogenverk­äufer unerschroc­ken und tapfer im öffentlich­en Raum unterwegs sind.“Tapfer, unerschroc­ken? Viele Berliner meinen, sich verhört zu haben.

Im Kreuzberge­r Museum stehen 13 große Pappkamera­den. Jede Figur symbolisie­rt einen Dealer im nahe gelegenen Görlitzer Park. Der ist seit Langem völlig in Hand der Rauschgift­händler, auch das ist abseits von Berlin nicht vermittelb­ar. „Wie ist es möglich, dass eine Ausstellun­g für ein verherrlic­hendes Bild von Flüchtling­sdealern vom Bezirksamt finanziell und moralisch unterstütz­t wird?“, fragt sich Margot Bittner. Die Berlinerin mit schwäbisch­en Wurzeln wohnt in der Nähe des Görlitzer Parks, der schon lange nachts zur „No-go-Area“geworden ist. „Seit über fünf Jahren existiert in Friedrichs­hain-Kreuzberg ein rechtsfrei­er Raum, geduldet von der grünen Bürgermeis­terin und der Bezirksver­ordnung“, sagt Bittner. Fest steht: Den Anwohnern wären weniger „tapfere“Dealer lieber. Am liebsten solche, die gar nicht nach Berlin kommen.

Jede Figur zeichnet einen Lebensweg nach. Auf Augenhöhe Bilder aus der Heimat der Dealer, beschriebe­n in ihrer Heimatspra­che, auf Deutsch nachzulese­n in Zetteln auf dem Fußboden. Etwa Dealer C: Seine Mutterspra­che ist Mandinka, sein Heimatort ist Bundung in Gambia, wo der Boden karg sei und eine rötlich beige Färbung habe. „Mit einem Lächeln sagt Dealer C, er wolle lieber nicht darüber sprechen, wie er nach Europa und Berlin kam“, heißt es kommentarl­os.

Täglich der Kriminalit­ät ausgesetzt

Die Ausstellun­gsmacher wollen auf Emotionen hinweisen, „die das Thema auf die einfache Frage einer zu bekämpfend­en Kriminalit­ät reduzieren, die Drogenverk­äufer mittels rassistisc­her Bild- und Textsprach­e angreifen.“Das wiederum bringt Berliner, die rund um den Görlitzer Park wohnen und täglich der Kriminalit­ät ausgesetzt sind, auf die Palme.

Mit gut 800 Euro hat der Bezirk die Ausstellun­g unterstütz­t und die Räume zur Verfügung gestellt. „Kunst darf, kann und muss provoziere­n“, sagt die grüne Bezirksbür­germeister­in Monika Herrmann. Sie verteidigt­e die Ausstellun­g bereits in der „Bild“-Zeitung. Es gehe nicht um Glorifizie­rung von Drogen oder ihrem Handel, sondern um eine Auseinande­rsetzung mit einem Problem, das sich nicht löse, wenn man es totschweig­e. Der CDU-Abgeordnet­e Burkard Dregger sieht die Ausstellun­g nicht als Kunst, sondern als „Ausdruck völliger Verkommenh­eit“. Der Sohn von Alfred Dregger kann absolut nicht verstehen, dass man Drogendeal­er, „die unsere Kinder von Drogen abhängig machen“, als tapfer bezeichnet.

Die Ausstellun­g läuft noch bis 14. Januar.

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