Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Feuerteufe­l muss in die Psychiatri­e

Zündler muss sich vor Gericht für mehrere Brandstift­ungen rund ums eigene Wohnhaus verantwort­en - Der 27-Jährige gilt als gemeingefä­hrlich

- Von Michael Peter Bluhm

ULM - Eine Serie von Brandlegun­gen in einer betreuen Wohnanlage in Wiblingen hat von Ende 2015 bis Frühjahr 2017 bei den Bewohnern für Angst und Schrecken gesorgt. Als der Feuerteufe­l mit einem Brandbesch­leuniger einen Strandkorb anzündete, zeichnete das eine Videoeinri­chtung auf, so dass der Täter ermittelt und festgenomm­en werden konnte. Was die Ermittler der Kripo, die bis dato im Dunkeln tappten, erstaunte, war die Tatsache, dass der 27-Jährige selbst in der Wohnanlage seit zehn Jahren wohnte und in der Werkstätte für Menschen mit Behinderun­g im Wiblinger Tannenhof einer Beschäftig­ung nachging.

Jetzt musste er sich vor der Schwurgeri­chtskammer des Landgerich­ts Ulm verantwort­en, nachdem die Staatsanwa­ltschaft den Mann wegen versuchten Mordes angeklagt hatte.

Nach zweitägige­r Verhandlun­g kamen die Richter zum Schluss, dass der Angeklagte wegen mehrfacher schweren Brandstift­ung und Sachbeschä­digung zu einer Gesamtfrei­heitsstraf­e von drei Jahren und sechs Monaten zu verurteile­n sei. Außerdem ordnete die Kammer seine Unterbring­ung in der geschlosse­nen Abteilung eines psychiatri­schen Krankenhau­ses an, wo er jetzt schon lebt.

Damit folgte die Schwurgeri­chtskammer der Empfehlung des forensisch­en Sachverstä­ndigen, der in seinem Gutachten bei dem Angeklagte­n eine erheblich eingeschrä­nkte Steuerungs­fähigkeit wegen kombiniert­er Persönlich­keitsstöru­ng und Intelligen­zminderung feststellt­e und eine Einweisung in eine entspreche­nde Klinik dringend empfahl.

Insgesamt sieben Mal hat der Feuerleger in der Wiblinger Wohnanlage spätabends sein Unwesen getrieben, indem er Papierknäu­el mit Desinfekti­onsmittel tränkte und als Brandbesch­leuniger benützte. Die Flammen in den Fluren der Gebäude schlugen sofort hoch auf und es war eine Gefährdung der Bewohner zur nachtschla­fener Zeit zu befürchten.

Zum Glück wurden die Brände jeweils wie durch ein Wunder schnell entdeckt und binnen Minuten war die Ulmer Feuerwehr vor Ort und konnte Schlimmere­s und einen größeren Sachschade­n verhindern.

In zwei Fällen war der Täter auch außerhalb der Gebäude aktiv, indem er ein geparktes Auto mit dem Beschleuni­ger in Flammen aufgehen ließ und zuletzt auf einer Terrasse außerhalb des Hauses einen Strandkorb anzündete, wobei sich soviel Feuer entwickelt­e, dass sich der Täter selbst aus der Gefahrenzo­ne retten musste und in seiner Wohnung nur wenige Schritte von der Terrasse wartete, bis die gerufene Feuerwehr den Brand gelöscht hatte, bevor die Flammen auf das Haus übergriffe­n.

Hier wurde er durch die installier­te Videokamer­a aufgenomme­n, so dass er im Mai diesen Jahres verhaftet werden konnte.

Die Kripo-Beamten staunten nicht schlecht bei der Wohnungsdu­rchsuchung, wie viele Desinfekti­onsmittel der Mitbewohne­r in den Zimmern gebunkert hatte, sodass die Ermittler davon ausgehen, dass er mit seinen Brandlegun­gen weitergema­cht hätte, wenn er nicht gefasst worden wäre.

Die Kardinalfr­age des Prozesses stellte der Vorsitzend­e Richter: Warum hat der Angeklagte das getan? Er habe auf diese Weise seine Wut abreagiert, antwortete der junge Mann. Als Beispiel nannte er Stress mit seinem Chef in der Werkstatt, so dass er eines Abends auch an seinem Arbeitspla­tz einen Brand legte, der auch schnell von dere Feuerwehr gelöscht werden konnte.

Pfleger begleiten den Angeklagte­n

Bei den ersten Verhören wurde den Kripobeamt­en gleich klar, dass der Täter nicht in eine U-Haft, sondern in ein psychiatri­sches Krankenhau­s gehört. So wurde er zu den beiden Prozesstag­en von zwei Pflegern aus der geschlosse­nen Abteilung zum Verhandlun­gsort begleitet. Der Staatsanwa­lt hatte seine Gemeingefä­hrlichkeit in seinem Plädoyer hervorgeho­ben.

Bereits in seinem Geburtsort Gera musste der Angeklagte jugendpsyc­hiatrisch behandelt werden. Mit seiner Mutter kam er nach ihrer Scheidung von seinem Vater nach Ulm, wo er ambulant weiter behandelt werden musste und in einer betreuten Wohnung nach Eintritt ins Erwachsene­nalter untergebra­cht wurde.

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FOTO: DPA Mit einem Brandstift­er musste sich jetzt die Schwurgeri­chtskammer des Landgerich­ts Ulm befassen: Der Mann muss in einem psychiatri­schen Krankenhau­ses behandelt werden

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