Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Feuerteufel muss in die Psychiatrie
Zündler muss sich vor Gericht für mehrere Brandstiftungen rund ums eigene Wohnhaus verantworten - Der 27-Jährige gilt als gemeingefährlich
ULM - Eine Serie von Brandlegungen in einer betreuen Wohnanlage in Wiblingen hat von Ende 2015 bis Frühjahr 2017 bei den Bewohnern für Angst und Schrecken gesorgt. Als der Feuerteufel mit einem Brandbeschleuniger einen Strandkorb anzündete, zeichnete das eine Videoeinrichtung auf, so dass der Täter ermittelt und festgenommen werden konnte. Was die Ermittler der Kripo, die bis dato im Dunkeln tappten, erstaunte, war die Tatsache, dass der 27-Jährige selbst in der Wohnanlage seit zehn Jahren wohnte und in der Werkstätte für Menschen mit Behinderung im Wiblinger Tannenhof einer Beschäftigung nachging.
Jetzt musste er sich vor der Schwurgerichtskammer des Landgerichts Ulm verantworten, nachdem die Staatsanwaltschaft den Mann wegen versuchten Mordes angeklagt hatte.
Nach zweitägiger Verhandlung kamen die Richter zum Schluss, dass der Angeklagte wegen mehrfacher schweren Brandstiftung und Sachbeschädigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten zu verurteilen sei. Außerdem ordnete die Kammer seine Unterbringung in der geschlossenen Abteilung eines psychiatrischen Krankenhauses an, wo er jetzt schon lebt.
Damit folgte die Schwurgerichtskammer der Empfehlung des forensischen Sachverständigen, der in seinem Gutachten bei dem Angeklagten eine erheblich eingeschränkte Steuerungsfähigkeit wegen kombinierter Persönlichkeitsstörung und Intelligenzminderung feststellte und eine Einweisung in eine entsprechende Klinik dringend empfahl.
Insgesamt sieben Mal hat der Feuerleger in der Wiblinger Wohnanlage spätabends sein Unwesen getrieben, indem er Papierknäuel mit Desinfektionsmittel tränkte und als Brandbeschleuniger benützte. Die Flammen in den Fluren der Gebäude schlugen sofort hoch auf und es war eine Gefährdung der Bewohner zur nachtschlafener Zeit zu befürchten.
Zum Glück wurden die Brände jeweils wie durch ein Wunder schnell entdeckt und binnen Minuten war die Ulmer Feuerwehr vor Ort und konnte Schlimmeres und einen größeren Sachschaden verhindern.
In zwei Fällen war der Täter auch außerhalb der Gebäude aktiv, indem er ein geparktes Auto mit dem Beschleuniger in Flammen aufgehen ließ und zuletzt auf einer Terrasse außerhalb des Hauses einen Strandkorb anzündete, wobei sich soviel Feuer entwickelte, dass sich der Täter selbst aus der Gefahrenzone retten musste und in seiner Wohnung nur wenige Schritte von der Terrasse wartete, bis die gerufene Feuerwehr den Brand gelöscht hatte, bevor die Flammen auf das Haus übergriffen.
Hier wurde er durch die installierte Videokamera aufgenommen, so dass er im Mai diesen Jahres verhaftet werden konnte.
Die Kripo-Beamten staunten nicht schlecht bei der Wohnungsdurchsuchung, wie viele Desinfektionsmittel der Mitbewohner in den Zimmern gebunkert hatte, sodass die Ermittler davon ausgehen, dass er mit seinen Brandlegungen weitergemacht hätte, wenn er nicht gefasst worden wäre.
Die Kardinalfrage des Prozesses stellte der Vorsitzende Richter: Warum hat der Angeklagte das getan? Er habe auf diese Weise seine Wut abreagiert, antwortete der junge Mann. Als Beispiel nannte er Stress mit seinem Chef in der Werkstatt, so dass er eines Abends auch an seinem Arbeitsplatz einen Brand legte, der auch schnell von dere Feuerwehr gelöscht werden konnte.
Pfleger begleiten den Angeklagten
Bei den ersten Verhören wurde den Kripobeamten gleich klar, dass der Täter nicht in eine U-Haft, sondern in ein psychiatrisches Krankenhaus gehört. So wurde er zu den beiden Prozesstagen von zwei Pflegern aus der geschlossenen Abteilung zum Verhandlungsort begleitet. Der Staatsanwalt hatte seine Gemeingefährlichkeit in seinem Plädoyer hervorgehoben.
Bereits in seinem Geburtsort Gera musste der Angeklagte jugendpsychiatrisch behandelt werden. Mit seiner Mutter kam er nach ihrer Scheidung von seinem Vater nach Ulm, wo er ambulant weiter behandelt werden musste und in einer betreuten Wohnung nach Eintritt ins Erwachsenenalter untergebracht wurde.