Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Oh, wie schön ist Panama

Ex-VfB-Stürmer Kevin Kuranyi will den WM-Neuling in Russland unterstütz­en

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STUTTGART (dpa) - Der riesige SUV passt erst in die zweite Parklücke. Den spöttische­n Zuruf „Typisches Fußballer-Auto!“kontert Kevin Kuranyi aus dem offenen Fenster mit einem breiten Grinsen und den Worten: „Bin doch mehrfacher Familienva­ter.“Der 35 Jahre alte Ex-DFB-Spieler hat im März zwar seine Karriere beendet, ist aber nach wie vor eng vernetzt im Profigesch­äft. Für die WM 2018 in Russland winkt ihm sogar ein Job bei Neuling Panama. „Sie haben angeboten, mit mir zu reden“, sagt der einstige Stürmersta­r vor der WM-Auslosung am Freitag.

Kuranyi, in Brasilien als Sohn eines Deutschen und Panamaerin geboren, lebte von 14 bis 16 zwei Jahre lang mit der Mutter in Panama und hat mit einigen Nationalsp­ielern in der Jugend zusammenge­spielt. „Es ist eine goldene Generation, die zuvor immer kurz vor dem Ziel gescheiter­t war“, sagt er. „Ich habe viele alte Freunde in der Mannschaft, viele sind in meinem Alter. Kurz vor dem Ende ihrer Karriere haben sie es doch noch geschafft. Endlich! Der Präsident hat ja gleich mal einen Feiertag ausgerufen. Ich kenne ihn und seine Familie und auch den Verband. Im Januar werde ich dort ein paar Gespräche führen. Dann werden wir sehen, was für Möglichkei­ten es gibt, nach Russland zu kommen. Ich kann mir alles vorstellen.“

Panama sei „wunderschö­n“, sagt Kuranyi. „Als Kind habe ich immer den Film angeschaut, irgendwann auch das Buch von Janosch gelesen. Das Land ist genau so, wie dort beschriebe­n. Also so ungefähr: Panama hat sich die letzten Jahre sehr verändert und ist viel moderner geworden.“

Kuranyi lebt mit Ehefrau Viktorija und den Kindern Karlo (12) und Vivien (9) nach seinem Rücktritt vom aktiven Fußball im März wieder in Stuttgart. In Brasilien und Panama ist er immer noch regelmäßig, auch in Russland hat er noch Freunde: Fünf Jahre spielte er für Spartak Moskau. „Russland muss sich im eigenen Land sehr gut präsentier­en. Natürlich ist Russland politisch sehr in Bewegung, aber ich hoffe, dass sich das Land von seiner besten Seite zeigen kann“, sagt Kuranyi. Sein Augenmerk gilt vor allem der deutschen, brasiliani­schen und panamaisch­en Mannschaft. „Mein Herz schlägt für alle drei Teams, da ich in jedem Land gelebt habe.“Auch Pässe hat er von allen drei Ländern, seine ansteckend­e Fröhlichke­it wohl von seiner Latino-Herkunft.

Als 52-facher DFB-Auswahlspi­eler ist er der Mannschaft von Joachim Löw immer noch eng verbunden und war kürzlich zu Besuch bei Julian Draxler in Paris. Dabei traf er auch Superstar Neymar. Brasiliens 1:7 vom WM-Halbfinale 2014 gegen Deutschlan­d sei „längst vorbei. Das ist eine neue Generation, die mit Neymar Großes erreichen kann.“

Ziel: Das Kampfgewic­ht halten

WM-Topfavorit ist für Kuranyi Deutschlan­d. „Das Trainertea­m weiß, wie man mit den Spielern umgehen muss, damit sie mental top vorbereite­t ins Turnier gehen – auch wenn sie schon Weltmeiste­r sind“, sagt er. Der klassische Mittelstür­mer, wie ihn auch Kuranyi verkörpert­e, ist für Löw weiter eine wichtige Offensivop­tion. Ob der Bundestrai­ner 2018 lieber den Wolfsburge­r Mario Gomez, einst in Stuttgart Kuranyis Nachfolger, oder Hoffenheim­s Sandro Wagner mitnehmen soll? „Beide!“, sagt Kuranyi. „Sie haben sehr gute Qualitäten. Nummer 1 ist Timo Werner, ganz klar. Dahinter sehe ich schon die beiden. Vielleicht rutscht noch Kevin Volland rein, wenn er weiter so trifft.“

Kevin Kuranyi hat jetzt andere Ziele. Das alte Kampfgewic­ht halten etwa. „Ich habe jetzt drei Wochen keinen Sport gemacht“, stöhnt er beim Frühstücks­müsli. Die vier Kilo Zuwachs verteilen sich aber unauffälli­g auf seine 1,90 Meter. Inzwischen ist der Vize-Europameis­ter von 2008 als Spielerber­ater tätig.

Bei seinem Karriereen­de sagte Kuranyi, er habe ein paar wertvolle Tipps für junge Fußballer. Zum Beispiel bei Länderspie­len auf den Abpfiff zu warten, bevor man das Stadion verlässt. Also nicht so wie Kuranyi selbst in Dortmund im WM-Qualifikat­ionsspiel gegen Russland. So endete 2008 einst seine Nationalma­nnschaftsk­arriere unter Joachim Löw. Auch darüber kann Kuranyi heute lächeln.

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FOTO: IMAGO Der Augenblick, als die WM perfekt war: Panama feiert.
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FOTO: DPA Kevin Kuranyi

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