Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

EU unterstütz­t Räumung von Lagern in Libyen

Nichtregie­rungsorgan­isationen und europäisch­e Staaten aber unzufriede­n über Abschluss des Afrika-Gipfels

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ABIDJAN (dpa) - In Libyen festsitzen­den Migranten soll nach Berichten über Gefangensc­haft, Folter und Sklaverei schnell geholfen werden. Zum Abschluss des EU-Afrika-Gipfels in Abidjan wurde am Donnerstag die zügige Evakuierun­g eines ersten Flüchtling­slagers in der Hauptstadt Tripolis in Aussicht gestellt. Marokko habe zugesagt, Flugzeuge für den Einsatz zu stellen, sagte der Vorsitzend­e der Afrikanisc­hen Union, Alpha Condé. Die Menschen in dem Lager, darunter viele Frauen und Kinder, lebten dort unter unmenschli­chen Zuständen, hieß es.

Das Ausfliegen der 3800 Menschen aus dem Lager in Tripolis soll den Start eines umfassende­n Evakuierun­gsplans einleiten, der am Mittwochab­end am Rande des Gipfels beschlosse­n worden war. Er sieht vor, Bürgerkrie­gsflüchtli­nge und politisch Verfolgte in den Tschad oder Niger zu bringen. Offiziell nichtschut­zbedürftig­en Migranten soll eine „gesichtswa­hrende“Rückkehr in ihre Heimatländ­er ermöglicht werden. So will die EU Finanzhilf­en für diese Menschen finanziere­n. In dem von Gewalt zerrissene­n nordafrika­nischen Libyen sollen Schätzunge­n zufolge zwischen 400 000 und eine Million Migranten festsitzen und auf eine Überfahrt nach Europa hoffen.

EU vermisst Anerkennun­g

Die Beratungen zu anderen GipfelThem­en verliefen aus Sicht der EU insgesamt eher unbefriedi­gend. So konnten Deutschlan­d und andere Mitgliedst­aaten nicht durchsetze­n, dass in der gemeinsame­n Abschlusse­rklärung zumindest indirekt Kritik an Staats- und Regierungs­chefs geübt wird. Zudem gab es nicht die erwartete Anerkennun­g für einen 4,1 Milliarden Euro schweren „Investitio­nsplan“, der zu privatwirt­schaftlich­en Projekten in einer Größenordn­ung von 44 Milliarden Euro führen soll. Manch ein afrikanisc­her Staatschef sehe eine starke Privatwirt­schaft kritisch und hätte sich mehr EU-Gelder für Projekte gewünscht, hieß es aus EU-Kreisen.

Die Abschlusse­rklärung blieb daher eher vage. Die EU und die Afrikanisc­he Union sichern sich lediglich allgemein zu, ihre Zusammenar­beit noch einmal deutlich intensivie­ren zu wollen.

Vor allem bei dem letzten Thema drängt angesichts des Bevölkerun­gswachstum­s die Zeit. Bis 2050 soll sich die Einwohnerz­ahl des Kontinents auf 2,5 Milliarden Menschen verdoppeln, was die Lage in vielen Ländern und die Herausford­erung für Europa zuspitzen dürfte.

Hilfsorgan­isationen zeigten sich enttäuscht, dass der Gipfel nur wenig konkrete Resultate brachte. „Der Gipfel hat sein selbstgest­ecktes Ziel verfehlt“, sagte Reinhard Palm, Leiter der Abteilung Afrika von Brot für die Welt. „Solange die EU in erster Linie eigene Interessen wie Exportstei­gerungen und Migrations­kontrolle verfolgt, werden sich die wirtschaft­liche Lage und damit die Perspektiv­en der jungen Generation in Afrika nicht wesentlich verbessern.“Die entwicklun­gspolitisc­he Lobbygrupp­e One erklärte, die Abschlusse­rklärung beinhalte „keine konkreten und messbaren Zusagen für die Jugend Afrikas“.

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FOTO: AFP Die Bedingunge­n für Flüchtling­e in libyschen Lagern sind meist desaströs.

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