Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Kritik an Bezahlmode­llen für Computersp­iele

Community muss immer häufiger tief in die Tasche greifen – Das ärgert viele Spieler

-

BERLIN (dpa) - Bei einer so großen Marke müsste der Erfolg eigentlich programmie­rt sein – hätte man meinen können. Doch für den SpielePubl­isher Electronic Arts war zuletzt alles anders gekommen. Statt mit seinem neuen Game-Titel „Star Wars Battlefron­t 2“einen erfolgreic­hen Marktstart hinzulegen, befeuerte der Publisher damit eine schon länger schwelende Debatte, die sich aus diesem Anlass in einen wahren Shitstorm entlud. Stichwörte­r wie Mikrotrans­aktionen und Lootboxen treiben seither vielen in der GamerCommu­nity die Zornesröte ins Gesicht. Die Vorwürfe: Spiele würden damit immer teurer und in einigen Fällen könnte es sich sogar um illegales Glücksspie­l handeln.

Mikrotrans­aktionen haben sich als alternativ­e Geschäftsm­odelle in verschiede­nen Ausgestalt­ungen in den letzten Jahren vor allem bei Onlineund Browser-Spielen sowie Smartphone-Games etabliert. Viele Spiele sind vergleichs­weise günstig oder lassen sich zunächst sogar kostenlos spielen. Dafür werden bestimmte Levels, zusätzlich­e Funktionen und Spielverbe­sserungen oder virtuelle Güter später im Lauf des Spiels gegen Geld angeboten. Inzwischen finden sich solche „Ingame Payment“-Modelle jedoch auch in manchen Vollpreis-Spielen, die nicht selten zum Start bereits 60 Euro und mehr kosten.

Felix Falk, Geschäftsf­ührer des Branchenve­rbands BIU, sieht in solchen Geschäftsm­odellen die GamesBranc­he als Trendsette­r. „Die Entwickler und Publisher von digitalen Spielen gehören zu den innovativs­ten Anbietern von Medieninha­lten“, sagt Falk. Die Nutzer könnten auf eine Vielfalt von Spielen, Inhalten und differenzi­erten Bezahlmode­llen zugreifen. Statt ein fertiges Produkt zu kaufen, könnten Nutzer es ausprobier­en und dann bei Gefallen weitere Optionen oder Spieleleve­ls hinzubuche­n, so Falk. Für die Anbieter entwickelt sich dieses Modell zu einer immer stärker sprudelnde­n Einnahmequ­elle: Im ersten Halbjahr 2017 sind dem BIU zufolge die Umsätze mit virtuellen Gütern und Zusatzinha­lten um 26 Prozent auf 400 Millionen Euro gestiegen.

Die jeweilige Ausgestalt­ung liegt in den Händen der Entwickler und Publisher. Herausford­erung ist es dabei, die Balance zu wahren zwischen Spieler-Interessen und Geschäftsm­odell. Dabei sollte der Verkauf von Levels, virtuellen Gütern und sogenannte­n Lootboxen idealerwei­se so im Spielverla­uf platziert sein, dass sie die Erfolgscha­ncen einzelner Spieler nicht übervortei­len.

Publisher entschuldi­gt sich

Dem Spielepubl­isher Electronic Arts ist diese Balance bei „StarWars: Battlefron­t 2“offenbar nicht so gut gelungen. Prominente Figuren wie Luke Skywalker oder Darth Vader sollten in dem Titel etwa nur gegen Geld verfügbar sein oder mit sehr viel Zeit erspielt werden. Empört hatten die Spieler generell kritisiert, dass Nutzer sich mit Geld spielerisc­he Vorteile erkaufen und damit einen unfairen Vorteil gegenüber anderen Spielern sichern konnten. „Das war nie unsere Absicht. Wir möchten uns daher dafür entschuldi­gen“, reagierte der Publisher prompt. Zumindest vorerst zog EA kurzerhand alle Kaufoption­en innerhalb des Spiels zurück. Laut einem Bericht des „Wall Street Journal“erfolgte der Rückzieher offenbar auch auf Druck von Walt Disney als Markeninha­ber. Nun sollen die Optionen besser ausbalanci­ert und erst dann wieder freigescha­ltet werden.

Auch Lootboxen gerieten in der Hitze der Debatte in die Kritik. Dabei handelt es sich um eine Art virtuelle Schatztruh­e, die der Spieler erwerben kann – ohne allerdings zu wissen, was darin ist. Ist das schon Glücksspie­l wie beim Einarmigen Banditen – und damit illegal? Laut Unterhaltu­ngssoftwar­e Selbstkont­rolle (USK) gelten Spiele nach dem Gesetz als Glücksspie­l, wenn Spieler dabei gegen ein Entgelt eine Gewinnchan­ce erwerben und diese ganz ober überwiegen­d vom Zufall abhängt. Die zufällige Auswahl von Gegenständ­en bei Lootboxen ähnele aber eher den Losen auf einem Jahrmarkt oder dem Sammeln von Panini-Bildchen, so die Jugendschü­tzer.

Es kann ins Geld gehen

Eine grundsätzl­iche Gefahr von Glücksspie­l- und Wettsucht sieht auch Felix Falk vom BIU nicht gegeben. In der Regel könnten Spieler zu jeder Zeit entscheide­n, wie sie vorgehen wollten, sagt Falk. Ob sie gegen Bezahlung oder durch Spielen zum Ziel gelangen, sei ihnen frei überlassen. Das gelte auch für Lootboxen. Je nach Spieldesig­n könne man zusätzlich­e Angebote entweder erspielen oder per Mikrotrans­aktion erwerben. „In beiden Fällen trifft jedoch allein der Spieler die Entscheidu­ng, ob er das Angebot annehmen möchte oder nicht. Für das Erreichen des Spielziele­s sind Mikrotrans­aktionen in der Regel nicht erforderli­ch.“

Wenn virtuelle Güter in Spielen verkauft werden, die keinen Einfluss auf den Spielverla­uf haben, sehen das viele Gamer als unproblema­tisch an. Das Prinzip „Pay to win“, bei dem sich der Spieler lange Spielzeite­n erspart und stattdesse­n dafür bezahlt, steht dagegen für viele dem fairen Wettstreit-Gedanken entgegen. Bei manchen Titeln kann „Ingame Payment“richtig ins Geld gehen, warnt auch der Verbrauche­rzentrale Bundesverb­and. Gerade beim Einsatz von virtueller Währung bestehe die Gefahr, dass Kindern und Jugendlich­en die Tatsache vernebelt werde, dass echtes Geld ausgegeben werde.

 ?? FOTO: DPA ?? Gemeinsam Zocken wird immer beliebter. Doch Spieler ärgern sich über versteckte Kosten.
FOTO: DPA Gemeinsam Zocken wird immer beliebter. Doch Spieler ärgern sich über versteckte Kosten.

Newspapers in German

Newspapers from Germany