Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Richtungsstreit in der AfD
Auf dem Bundesparteitag droht eine Kampfabstimmung
HANNOVER/BERLIN (dpa) - Vor dem mit Spannung erwarteten AfDParteitag am Wochenende hat Überraschungskandidat Georg Pazderski bekräftigt, für den Spitzenposten kandidieren zu wollen. Der Chef der Berliner AfD-Landtagsfraktion sagte am Freitag: „Meine Kandidatur steht jedenfalls fest.“Die Berliner AfD sei ein innerparteiliches „Musterbeispiel für die erfolgreiche Zusammenarbeit von Ost und West“. Hiermit wollte er wohl kritische Äußerungen des AfD-Fraktionschefs im Bundestag, Alexander Gauland, kontern.
Gauland hatte erklärt, er wünsche sich neben dem aktuellen Parteivorsitzenden Jörg Meuthen in Zukunft ein AfD-Mitglied aus einem Landesverband im Osten an der Parteispitze. Gauland, der dem Landesverband Brandenburg angehört, ließ offen, ob er selbst kandidieren will. Pazderski gilt als Vertreter des gemäßigten Lagers, Gauland steht dem rechtsnationalen Flügel nahe.
BERLIN - Die AfD möchte auf dem Bundesparteitag in Hannover am Wochenende ihren künftigen Kurs bestimmen. Über die Ausrichtung als stramm nationale Protestpartei oder als moderate Partei mit Regierungsperspektive bahnt sich ein offener Machtkampf an. Alexander Gauland und der rechtsnationale „Flügel“um Björn Höcke steht dabei dem Berliner Landesvorsitzenden Georg Pazderski und den Realos gegenüber. Auch die Fraktionschefin und Bundestagsabgeordnete des Bodenseekreises, Alice Weidel, unterstützt die Moderaten.
Am heutigen Samstag wird im Kongresszentrum die neue Parteispitze gewählt. Dabei wird die Nachfolge von Frauke Petry bestimmt. Seit ihrem Abgang vor zwei Monaten steht Jörg Meuthen alleine an der Spitze. Der Volkswirt aus BadenWürttemberg will in Hannover wiedergewählt werden und galt lange als gesetzt. Meuthen gehört nicht zu den Scharfmachern. Die Gemäßigten werfen ihm aber vor, aus machttaktischen Gründen enge Bande zum Höcke-Lager geknüpft zu haben. Und so brachte sich der Hoffnungsträger der Liberalkonservativen, der Bundeswehroberst Pazderski, in Stellung. Er hat sich über Berlin hinaus Ansehen und Respekt verschafft. Pazderski setzt auf die „Alternative Mitte“, die sich als Gegenpol des „Flügels“formiert hat. Seitdem schrillen bei den „Flügel“-Leuten die Alarmglocken. Pazderski stehe für „Vernunft statt Ideologie“, heißt es dort, befürwortet der Berliner Landeschef doch auch das Parteiausschlussverfahren gegen den Thüringer Landeschef Höcke.
Alexander Gauland, Chef der Bundestagsfraktion und einflussreicher Strippenzieher, wollte eigentlich neben der Fraktion nicht auch die Partei führen. Doch die Aussicht, Pazderski werde die AfD zur CDU öffnen und nach Rechtsaußen abgrenzen, brachte den 76-Jährigen in Rage. Ob Gauland am Samstag antritt, um Pazderskis Sprung an die Spitze zu verhindern, ließ er offen. „Schauen wir mal, dann sehen wir schon“, sagte er der „Schwäbischen Zeitung“. Aber tatenlos zusehen, wie die Partei einen moderaten Kurs einschlägt, wird Gauland mit Sicherheit nicht. „Die AfD sollte die Regierungsperspektive nicht zu früh anpeilen, sonst wird sie über den Tisch gezogen.“Gauland setzt weiter auf nationalistische Abgrenzung und Protest gegen die „etablierten Parteien“.
Gegen Gauland und seine Verbindungen in alle Parteilager hätte Pazderski wohl kaum eine Chance. „Ich werde auf jeden Fall am Samstag für den Vorsitz kandidieren“, sagt er, „unabhängig, wer die Gegenkandidaten sind“. Gestützt wird der Oberst von Alice Weidel, die – gemeinsam mit Gauland – die Bundestagsfraktion führt. Sie verweist auf zweieinhalb Jahre guter Zusammenarbeit in Berlin. Das habe den 66-Jährigen „qualifiziert, die Bundespartei auch mitzuführen“.