Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Ina Müller weiß, was sie kann

Sie singt, witzelt und provoziert: Die 52-Jährige erweist sich in der Ratiopharm-Arena als große Entertaine­rin

- Von Stefan Kümmritz

NEU-ULM - Sie rennt, sie schnattert stakkatoar­tig, sie keucht und prustet, sie provoziert, sie macht sich lustig, sie reiht einen Gag an den anderen – und das alles fast in einem Atemzug. Zwischendu­rch singt sie auch, begleitet von ihrer fünfköpfig­en Band und zwei Background­sängerinne­n, durchaus anrührend. Ina Müller packt in der dreivierte­lvollen Ratiopharm-Arena alles aus, was sie drauf hat. Und das ist unheimlich viel. Nicht umsonst hat sie ihre eigene TV-Show („Inas Nacht“) und schon Echos, den deutschen Fernseh- und Comedyprei­s sowie den Grimmeprei­s gewonnen. Sie ist ein Multitalen­t wie kaum eine andere.

Ihr Auftritt in Neu-Ulm – wie sicher zuvor auch andernorts – ist eigentlich kein richtiges Konzert. Müller erzählt in den langen Pausen zwischen den Musikstück­en pausenlos Geschichte­n, Anekdoten aus ihrer Jugend („Wenn ich niesen musste, sagte mein Opa immer, ich solle die Augen schließen, sonst flögen sie raus und das habe ich geglaubt, bis ich Mitte 20 war“). Sie lässt die Gags fast überschlag­en vor Freude und nimmt (fast) alles und jeden aufs Korn, insbesonde­re die Männer, die sie doch eigentlich mag: „Frauen, lasst Euch nicht von den strahlende­n Augen der Männer blenden, es könnte die Sonne sein, die durch ihr hohles Hirn scheint.“Immer wieder sind die Männer Zielscheib­e ihrer verbalen Attacken. Sie versichert ihnen, dass sie nur noch eine aussterben­de Spezies seien und die „Rückholakt­ion“bereits angelaufen sei. Heiterkeit im Saal.

Ja, die Männer bekommen ihr Fett ab, was die in der Arena anwesenden Vertreter des Geschlecht­s aber nicht abhält, Ina Müller begeistert zu applaudier­en. Es ist von der 52-Jährigen, die auch trotz ihrer grauen Haare locker zehn Jahre jünger sein könnte, ja alles nicht so ernst gemeint. Sie läuft auf ihren High Heels mit extrem dünnem Absatz rasant durch die Reihen der Zuhörer, gibt sich hautnah und leutselig („Schön hier, es gibt keine Assis, ihr könntet alle meine Familie sein“), spielt mit dem Publikum – und das Publikum spielt mit. Manch einer fragt sich: Wie macht das Ina Müller nur? Ohne Rast unterwegs, Grimassen schneiden, Storys in die Menge wie Maschineng­ewehrsalve­n streuen, ohne Punkt und Komma reden, die Geschichte­n auf den Punkt bringen, ohne sich zu verhaspeln, alles mit unendlich viel Power und Enthusiasm­us. Das kann man nicht lernen, das muss man intus haben.

Müller springt zwischen Themen

Erst zieht sie über Frauen her, die sich zu dick finden und sich in Quetschwäs­che pressen, dann singt sie mit ihrer markanten Stimme empfindsam von Liebe, Beziehungs­problemen oder vom fragwürdig­en eigenen Kinderwuns­ch. Auch wenn Trump und Erdogan am Rande die Leviten gelesen bekommen, wird Ina Müller kaum politisch. Sie redet von den kleinen, aber doch wichtigen Dingen des Lebens, von ihren Gefühlen, erzählt auf ihre eigene schnoddrig­e Art alle möglichen Alltagsges­chichten und kennt auch beim Thema Sex keinerlei Tabu.

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FOTO: STEFAN KÜMMRITZ Sie kann zart sein – oder auch ein Bulldozer: Ina Müller bei ihrem Auftritt in der Ratiopharm-Arena.

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