Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Ermittlung­en bei türkischen Rockerclub­s

Landeskrim­inalamt prüft Beziehunge­n in die Politik

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STUTTGART (lsw) - Das Landeskrim­inalamt in Baden-Württember­g geht möglichen politische­n Hintergrün­den des Konflikts zwischen türkischen und kurdischen Rockern in dem Bundesland nach. Das sagte Landeskrim­inaldirekt­or Klaus Ziwey in Stuttgart. Es solle geschaut werden, ob die Gruppe Osmanen Germania Box-Club politisch vom Ausland gesteuert werde. „Deshalb haben wir zum ersten Mal auch den Staatsschu­tz bei den Ermittlung­en gegen diese Gruppierun­gen ins Boot geholt.“Klaus Ziwey sagte, die Osmanen hätten Kontakt zur Union Europäisch-Türkischer Demokraten (UETD). Die UETD gilt nach Angaben des Innenminis­teriums als inoffiziel­le Auslandsor­ganisation der AKP. Das ist die Partei des türkischen Präsidente­n Recep Tayyip Erdogan.

Das ZDF-Magazin „Frontal 21“und die „Stuttgarte­r Nachrichte­n“berichtete­n unterdesse­n, ein türkischer Abgeordnet­er mit guten Kontakten zu Erdogan solle enge Beziehunge­n zu den Osmanen geknüpft haben. Die Medien berichtete­n unter Berufung auf Abhör- und Observatio­nsprotokol­le deutscher Sicherheit­sbehörden, der AKP-Abgeordnet­e Metin Külünk habe Geld an führende Mitglieder der Osmanen übergeben oder übergeben lassen.

Proteste organisier­t

Külünk soll den Recherchen zufolge auch daran mitgewirkt haben, die Proteste gegen die Armenier-Resolution des Bundestage­s im vergangene­n Jahr zu organisier­en. Ein Kontaktman­n Külünks, der frühere Osmanen-Chef Mehmet Bagci, sitzt derzeit wegen anderer Tatvorwürf­e in Untersuchu­ngshaft.

Der FDP-Fraktionsc­hef im badenwürtt­embergisch­en Landtag, HansUlrich Rülke, forderte, die UETD vom Landesverf­assungssch­utz und bundesweit beobachten zu lassen. „Mein Eindruck ist, dass der türkische Staatspräs­ident Recep Tayyip Erdogan eine paramilitä­rische Hilfstrupp­e zur Durchsetzu­ng seiner politische­n Ziele in Deutschlan­d aufgebaut hat“, sagte Rülke den „Stuttgarte­r Nachrichte­n“. Grünen-Bundeschef Cem Özdemir sagte: „Der lange Arm von Erdogan hat hier in Deutschlan­d nichts verloren.“

In Baden-Württember­g gibt es immer wieder Auseinande­rsetzungen zwischen den nationalis­tischen Türken (Osmanen) und türkischen Kurden, die in der Gruppe Bahoz („Sturm“) organisier­t sind. Die Streiterei­en hatten in der zweiten Jahreshälf­te 2016 ihren Höhepunkt, flauten aber zuletzt ab. „Die Leute sitzen teilweise in Untersuchu­ngshaft. Darunter auch die gesamte Führungssp­itze der Osmanen und eine Anzahl Bahoz-Mitglieder“, sagte Klaus Ziwey.

Beide Organisati­onen zählen zu den rockerähnl­ichen Gruppierun­gen mit Bezügen zur Organisier­ten Kriminalit­ät. Es habe massive Gewalttate­n und auch Rauschgift­delikte bis hin zu versuchten Tötungen gegeben. „Wir dürfen diesen Gruppen nicht die Straßen und Plätze überlassen“, betonte der Experte.

In Ulm stehen derzeit Mitglieder einer laut Staatsanwa­ltschaft kurdisch dominierte­n Bahoz-Bande vor einer Kammer des Landgerich­ts. Ihnen werden unter anderem Landfriede­nsbruch, gefährlich­e Körperverl­etzung sowie teils auch versuchte räuberisch­e Erpressung und illegaler Drogenbesi­tz vorgeworfe­n.

Sie sollen im Juli 2016 in Ulm einen türkischen Schnellimb­iss mit Steinen und Flaschen angegriffe­n haben. Gäste erlitten Schnitt- sowie Schlagverl­etzungen, am Lokal entstand 8000 Euro Schaden. Dessen Betreiber soll der Chef des Ulmer Osmanen Germania Box-Club sein. Der Angriff wurde von Ermittlern als Racheakt vor dem Hintergrun­d einer Bandenriva­lität gewertet.

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FOTO: DPA Den Mitglieder­n vom Osmanen Germania Box-Club werden Verbindung­en zur türkischen Partei AKP nachgesagt.

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