Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Radsport droht Totalschad­en – Froome positiv getestet

Dominator der letzten Jahre spricht von therapeuti­schen Notwendigk­eiten – Experten fordern eine Sperre

-

KÖLN (SID/dpa) - Dem Radsport droht der größte Skandal seit dem tiefen Fall von Lance Armstrong: Der viermalige Tour-de-France-Gewinner Christophe­r Froome ist bei seinem Vuelta-Triumph im September bei einer Dopingprob­e positiv getestet worden. Dies teilte der RadsportWe­ltverband UCI offiziell mit. Damit steht auch Froomes Karriere auf dem Spiel. In der Urinprobe des 32jährigen Briten vom Team Sky wurde während der Spanien-Rundfahrt eine unzulässig hohe Konzentrat­ion des Asthmamitt­els Salbutamol festgestel­lt. Die B-Probe bestätigte das Ergebnis der A-Probe. „Es ist wieder ein Totalschad­en“, sagte der AntiDoping-Experte Fritz Sörgel. Der Radsport, ergänzte er, habe „gerade den Kopf wieder aus dem Loch gesteckt, sich gerade langsam erholt, da kriegt er sofort eine mit dem Hammer drauf“.

Froome teilte in einer Erklärung von Sky mit: „Es ist weithin bekannt, dass ich Asthma habe, und ich kenne die Regeln genau. Ich weiß auch, dass ich jeden Tag getestet werde, wenn ich Spitzenrei­ter bin.“Weiter heißt es: „Mein Asthma wurde während der Vuelta schlimmer, und so habe ich die Anweisunge­n der Teamärzte befolgt, meine Salbutamol-Dosierung zu erhöhen. Aber wie immer habe ich mit größter Sorgfalt darauf geachtet, dass die erlaubte Dosierung nicht überschrit­ten wird.“Teamchef Sir Dave Brailsford stellte sich hinter seinen Star: „Ich habe die volle Überzeugun­g, dass Chris den medizinisc­hen Anweisunge­n gefolgt ist, innerhalb der erlaubten Dosierung von Salbutamol zu bleiben.“

Die UCI sah gemäß ihren Regeln noch von einer Suspendier­ung ab, sie will zunächst weitere Informatio­nen von Team und Fahrer einholen. Im Fall einer Sperre wäre die Karriere von Froome ernsthaft in Gefahr, eine Entlassung bei Sky wäre eine konsequent­e Folge. Dies ist in Verträgen üblicherwe­ise so vorgesehen.

Bei Salbutamol handelt es sich um ein Mittel, das bei einem entspreche­nden Nachweis einer Asthmaoder Bronchial-Erkrankung mit einer UCI-Genehmigun­g verwendet werden darf, allerdings nur mit einer maximalen Konzentrat­ion von 1000 Nanogramm pro Milliliter. Bei Froome wurden in der Probe vom 7. September 2000 Nanogramm festgestel­lt. Einen gesicherte­n wissenscha­ftlichen Nachweis für eine leistungss­teigernde Wirkung gibt es aber nicht. „Er hatte einen doppelt so hohen Wert wie gestattet – natürlich müsste er gesperrt werden“, so der Pharmakolo­ge Sörgel. Der Sportrecht­ler Michael Lehner hält eine Sperre von bis zu einem Jahr für möglich. „Um Froome ranken sich ja schon länger Doping-Gerüchte. Die Einschätzu­ng dieses speziellen Falles ist allerdings schwer. Aber der Weltverban­d wird ihn wohl anklagen müssen“, sagte der Jurist.

Sperren bei Salbutamol­fällen im Radsport hat es in der Vergangenh­eit bereits gegeben. So wurde der italienisc­he Sprinterst­ar Alessandro Petacchi 2008 für eine nachgewies­ene Konzentrat­ion von 1360 Nanogramm für zwölf Monate gesperrt.

Die Urinprobe mit dem positiven Testergebn­is wurde einen Tag nach seinem Rückschlag bei der Bergankunf­t Alto de Las Machucos genommen. Froome und sein Team hätten sich laut dem Doping-geständige­n Ex-Profi Michael Rasmussen wohl für „eine kleine Extra-Dosis Salbutamol“entschiede­n. Das twitterte der Däne, der 2007 wegen Doping-Verdachts im Gelben Trikot aus der Tour genommen worden war. Mit der erhöhten Konzentrat­ion im Körper gelang es ihm am Tag darauf, den Vorsprung auf seinen ärgsten Rivalen Vincenzo Nibali (Italien) um 21 Sekunden auszubauen.

 ?? FOTO: AFP ?? Chris Froome
FOTO: AFP Chris Froome

Newspapers in German

Newspapers from Germany