Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Über Frömmigkei­t und Fleiß

Buchautori­n Gudrun Mangold hat interessan­ten Film zu Laichingen gezeigt.

- Von Gabriele Reulen-Surek

LAICHINGEN - Zu●einer ganz besonderen Veranstalt­ung hatte der Geschichts­verein Laichinger Alb zum Jahresende geladen. Ein Film über die Leineweber­stadt Laichingen, von der selbst in Laichingen aufgewachs­enen Fernsehjou­rnalistin Gudrun Mangold für den Süddeutsch­en Rundfunk im Jahre 2000 erstellt, stand im Mittelpunk­t des Abends. So war der Saal im Alten Rathaus auch gut gefüllt, denn vertraute Örtlichkei­ten und Personen wurden im Film erwartet.

Der Vorsitzend­e des Geschichts­vereins, Heinz Pfefferle, zeigte sich in seiner Begrüßung denn auch sehr beeindruck­t, dass Gudrun Mangold von Laichinger Wurzeln aus eine „tolle Karriere als Journalist­in“hingelegt habe. Er bezeugte als „Reig’schmeckter“auch seine Hochachtun­g vor der Laichinger Weberei, denn jahrzehnte­lang seien überall im Ländle Laichingen und die Weberei ein zusammenhä­ngender Begriff gewesen.

Diese Identität steht auch im Mittelpunk­t des Films mit dem Titel „Wäschekost­barkeiten von der Rauhen Alb“, der im Jahr 2000 ausgestrah­lt wurde und damals, entgegen pessimisti­scher Prognosen, auf viel Interesse beim Fernsehpub­likum stieß.

Beeindruck­ende Naturaufna­hmen

Der Film zieht einen Bogen von der Kargheit der Landschaft, welche als anspruchsl­ose Kulturpfla­nze den Flachs gedeihen ließ zur dadurch begünstigt­en Entstehung der Weberei. Mit der Landwirtsc­haft war auf dem steinigen Boden nicht genug zum Leben zu erbringen, deshalb begannen viele Bauern, in den Wintermona­ten den geernteten und mit viel Aufwand verarbeite­ten Flachs an Webstühlen zu verarbeite­n. Die Hintergrun­dmusik im Film, eigens von Klaus Nagel komponiert, untermalte neben beeindruck­enden Naturaufna­hmen die dargestell­ten Lebensbedi­ngungen.

So wurden in Hungerzeit­en zwei Drittel der Kinder keine fünf Jahre alt. Diese Armut und die harten Lebensbedi­ngungen der Weber in der feuchten „Dunk“, dem Kellerraum mit Webstuhl, führten zu großer Frömmigkei­t. In den Gedichten des Laichinger Webers Daniel Mangold kommt dies in berührende­r Weise zum Ausdruck.

Aber auch die neuere Geschichte und die im Jahre 2000 vorgestell­ten Firmen stießen auf großes Interesse des Publikums. Kannten viele der Anwesenden doch die im Film Agierenden persönlich: so die Schwestern Gretel Hermann und Anna Behlmer, welche zusammen mit Richard Behlmer die älteste Laichinger Wäschefabr­ik Jakob Hermann führten. Immerhin kann sich die heute von Richard Behlmer allein geführte Firma mit Fug und Recht „Königliche­r Hofliefera­nt“nennen. Die Erbgräfin Mathilde von Waldburg-Zeil öffnete dazu im Film eigens ihre reich gefüllten Schränke und Truhen, um die bei Hermann produziert­en edlen Stücke zu zeigen: Und die damals über 80jährige Gretel Hermann führte vor, wie königliche Wappen in Wäsche eingestick­t werden.

Konkurrenz auf dem Weltmarkt

Auch die Vergänglic­hkeit der Leinenindu­strie wurde gezeigt. Bildete im Jahre 1949 noch eine große Leistungss­chau mit Umzügen und Ehrengäste­n aus der Landesregi­erung den Start für einen neuen Aufschwung der Wäscheindu­strie in Laichingen, so zeigte sich in den 1970er-Jahren der durch die Konkurrenz auf dem Weltmarkt bedingte Niedergang. Manche große Firmen mussten aufgeben, sechs kleinere schlossen sich damals zur heute noch existieren­den Firma „Wäschekron­e“zusammen.

Wie schnellleb­ig unsere Zeit ist, wurde auch am Beispiel der traditions­reichen Firma Pichler deutlich. Zum Zeitpunkt der Entstehung des Films zeigte Thomas Wagner mit damals berechtigt­em Stolz die modernen Jaquard-Webstühle und die Geschwindi­gkeit beim Luftweben. Seit drei Jahren steht auch bei Firma Pichler kein einziger Webstuhl mehr. Der Strom für die Webstühle ist zu teuer geworden.

Die letzten Wäschefirm­en in Laichingen überleben aber, weil sie sich Nischen gesucht haben oder eng kooperiere­n, so die im Film erwähnte Firma Kächele. Oder die durch ihre Geschäftsf­ührer Hans-Werner Groß und Thomas Wagner verbundene­n Firmen Wäschekron­e und Pichler.

Mucksmäusc­henstill war es im Saal, als Heinz Surek die in Laichingen spielende Weihnachts­geschichte „Das Haus am Hang“von KarlHeinri­ch Bischoff vorlas. In berührende­r Weise wird hier das Bild eines Weihnachts­abends in einer armen Familie am Alenberg beschriebe­n.

Im Anschluss an das Programm wurde in kleinen und größeren Grüppchen noch lange über das Gesehene und Gehörte gesprochen, hatte der Abend doch viele Anregungen geboten. Und es wurde immer wieder der Wunsch laut, der Film sollte doch im Fernsehen wiederholt werden.

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FOTO: SWR
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FOTO: GRS Gudrun Mangold (Mitte) im Gespräch.
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FOTO: GRS Der Film bot reichen Anlass für Gespräche.

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