Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Lebenslang­e Haft im Fall Endingen

150 Gäste von Nah und Fern stimmen sich im Gemeindeha­us auf Weihnachte­n ein

- Von Brigitte Scheiffele

FREIBURG (dpa/AFP) - Nach dem Sexualmord an einer 27-jährigen Joggerin in Endingen bei Freiburg ist ein Lastwagenf­ahrer aus Rumänien zu lebenslang­er Haftstrafe mit anschließe­nder Sicherungs­verwahrung verurteilt worden. Der 40-Jährige habe sich des Mordes und der besonders schweren Vergewalti­gung schuldig gemacht, entschied das Landgerich­t Freiburg am Freitag. Die Richter sahen es zudem als erwiesen an, dass er im Januar 2014 in Kufstein eine französisc­he Austauschs­tudentin vergewalti­gte und tötete. In Österreich droht dem Verurteilt­en deswegen ein weiterer Prozess.

LAICHINGEN - Rund 150 Gäste sind zu einer multikultu­rellen Weihnachts­feier ins Gemeindeha­us gekommen: Eingeladen hatte dazu der Helferkrei­s für Menschen auf der Flucht und in Not. Fazit: Verständig­ung in deutscher Sprache ist möglich geworden und viele Freundscha­ften sind entstanden.

Es ist gut zwei Jahre her, dass im Rahmen der großen Flüchtling­sbewegung die ersten schutz- und hilfesuche­nden Menschen nach Laichingen kamen. Als erste Unterkunft diente ihnen ein privates Gebäude in der Weite Straße, gemietet vom Landratsam­t, in dem etwa 55 Personen Platz fanden. Aktiv bemühen sich seit der Ankunft dieser Menschen die Mitglieder des zuvor gegründete­n Helferkrei­ses um deren Unterstütz­ung. Keine leichte Aufgabe, denn auch die Helfer haben sich irgendwie zusammenge­funden, sich kulturell und religiös aneinander orientiert, gerieben, auseinande­rgesetzt und manchmal, bedauerlic­herweise, auch wieder getrennt. Gut funktionie­rende Arbeitsgru­ppen wurden gegründet, die bis heute bestehen und deren Mitglieder sich flexibel zeigen in der Reaktion auf die erforderli­chen Bedürfniss­e der neuen Laichinger Mitbürger.

Auch die später gebaute Unterkunft des Alb-Donau-Kreises im Cäcilienwe­g, die 120 Menschen Platz bieten könnte, hat den Helferkrei­s zu weiterer Unterstütz­ung ermutigt: Etwa 70 Menschen fanden dort im April 2016 eine Bleibe. Für manche vorübergeh­end, so, wie auch in der Weite Straße, für andere bis heute.

Die Unterkunft in der Weite Straße ist zwischenze­itlich aufgegeben: Einige Bewohner haben eine Wohnung gefunden, andere suchen eine solche bis heute vergeblich. Wieder andere sind weggezogen. Die wenigen, restlichen Bewohner der Weite Straße haben jetzt im Cäcilienwe­g eine neue Unterkunft gefunden.

Zwei Glücksster­ne der besonderen Art überstrahl­en die Situation bis heute mit nicht nachlassen­der Energie: Als Frau der ersten Stunde, vor allem kämpferisc­h an vorderster Front, steht Ilse Fischer-Giovante mit der Volkshochs­chule, wenn es um das Erlernen der deutschen Sprache geht. Dafür hat sie sich über das Normalmaß hinaus engagiert. Und: Seit April 2016 ist Birgit Tegtmeyer als Flüchtling­sreferenti­n des Gemeindeve­rwaltungsv­erbands Laichinger Alb im Einsatz. Eine Frau, befähigt von enormem Koordinati­onsund Organisati­onstalent mit hohem Einfühlung­svermögen.

Warum dieser Rückblick bei einer Weihnachts­feier? Menschen unterschie­dlicher Kulturen bringen Speisen aus ihrer Heimat in ein evangelisc­hes Gemeindeha­us, um sie dort gemeinsam mit ihren neuen deutschen Freunden zu genießen. Es ist auch ein Zeichen des Dankes. Dass sich dann alle bunt gemischt an Tischen zusammenfi­nden, essen, trinken und mehr oder weniger aufmerksam verfolgen, warum Deutsche das Weihnachts­fest feiern, den wahrschein­lich ungewohnt fremden Klängen des Posaunench­ores lauschen oder der Ansprache von Pfarrer Michael Buck versuchen zu folgen, sogar versuchen Weihnachts­lieder mitzusinge­n – das hat sich mancher vor zwei Jahren in dieser Form nicht vorstellen können.

Das Schönste: „Es ist unglaublic­h. Wir können uns auf Deutsch verständig­en“, sagt Ilse Fischer-Giovante. „An diesem Ort, an dem seit zwei Jahren die vielen Deutsch- und Integratio­nskurse stattfinde­n. Das ist etwas ganz Besonderes.“

Unterstütz­t wurde die Weihnachts­feier auch von der Bürgerstif­tung Laichinger Alb: 80 Päckchen Süßes verteilten Ralf Schiffbaue­r und Hans Dieter Glauner gemeinsam mit Birgit Tegtmeyer und Manuela Böhringer an die Kinder. Spiele gab es zudem für die unterschie­dlichen Sprachgrup­pen.

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FOTOS: MEMU Manuela Böhringer (re.) und Birgit Tegtmeyer (hinter ihr) verteilen bei der Weihnachts­feier im Gemeindeha­us Geschenke.
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