Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Tierische Bescherung
Auch im Ulmer Zoo herrscht Festtagsstimmung: Die Pfleger haben manche Überraschung für ihre Schützlinge
ULM - Auf die Frage, ob es denn eine Bescherung für die Bewohner des Ulmer Tiergartens gebe, muss Nicole Dirscherl erst einmal schmunzeln. Schließlich sei für die Tiere in der Friedrichsau der 24. Dezember ein Tag wie jeder andere auch. Doch dann räumt sie ein, dass es im Affengehege schon mal eine Überraschungen in Form von Verpackten Leckereien geben würde: „Wir wickeln Walnüsse, zuckerfreies Hefegebäck und Rosinen in Kartons ein.“Dann seien die Tiere für eine Weile mit dem Auspacken beschäftigt – nicht zuletzt auch zur Freude der Besucher, auch wenn der Tiergarten an Heiligabend erfahrungsgemäß spärlich besucht sei: „Wahrscheinlich haben die Leute an diesem Tag noch etwas anderes zu tun, als in den Zoo zu gehen“, sagt Dirscherl und sagt weiter: „Nur auffällig viele Großeltern mit Enkeln sind an diesem Tag im Zoo.“Sie vermutet, dass die Kleinsten wohl etwas Ruhe vor den Ereignissen des aufregenden Tages finden sollen. An Heiligabend und dem Silvestertag hat der Zoo jeweils nur bis um 15 Uhr geöffnet.
Ein echter Hingucker seien die Erdmännchen, verrät die Tierpflegerin. Denn zu Weihnachten würden die possierlichen Wesen mit deren Lieblingsessen bedacht: In Leinensäcke eingewickelt werden Insekten und Fleisch aufgetischt. „Jeder bekommt einen eigenen Beutel, damit der weihnachtliche Frieden im Erdmännchengehege nicht gefährdet ist.“
Auch die Landschildkröten sollen während der Festtage ein bisschen verwöhnt werden. Mit knallbunten Paprikas, orangenen Kakipflaumen oder grünen Kiwis seien die sonst so gemächlichen Reptilien zu begeistern, weiß Dirscherl und gibt zu: „Es macht halt Spaß, den Tieren an diesem Tag eine besondere Freude zu machen.“Denn auch für die Mitarbeiter im Zoo ist der heilige Abend von alltäglichen Arbeiten, wie dem Ausmisten der Ställe, bestimmt.
Für die Besucher haben sich die Mitarbeiter der Einrichtung noch etwas besonderes ausgedacht: Bereits im zweiten Jahr verteilen Taucher im Engelskostüm das Fischfutter im Aquarium, in dem auch noch ein Weihnachtsbaum versenkt wurde. So konnten dutzende Gäste unter der Glasröhre die tierische Bescherung im Donauaquarium, das rund 310 000 Liter Wasser fasst, beobachten.
Nichts von dem ganzen Trubel wird freilich Bärendame Susi mitbekommen. Das 28-jährige Tier hat sich zum Winterschlaf in seine Höhle zurückgezogen. Dabei hat die Braunbärin ein schweres Jahr hinter sich, musste sie doch im Januar den Tod ihres gleichalterigen Bruders im verkraften. „Cheppo“wurde wegen eines Hirntumors eingeschläfert. Susi sei seit dem ruhiger geworden, sagt Dirscherl: „Sie war früher immer die Dominantere der beiden Geschwister, während ihr Bruder wie ein Teddybär war.“Zudem habe es eine Weile gedauert, bis die Bärin wieder ordentlich gefressen habe. Doch im Sommer hatte sie sich schließlich wieder ausreichend Winterspeck angefuttert, um gut über die kommenden Monate bis zum Frühjahr zu kommen, erzählt die Tierpflegerin.
Auch wenn die Zoo- und auch Haustiere das Fest am Heiligabend wahrscheinlich nicht wirklich verstehen dürften, finden viele von ihnen – wie Ochs und Esel neben der Krippe Jesu – von je her ihren Platz in der Weihnachtsgeschichte. Pater Ulrich aus Elchingen zitiert zur Erklärung aus der Bibel: „Der Ochse kennt seinen Besitzer und der Esel die Krippe seines Herrn; Israel aber hat keine Erkenntnis, mein Volk hat keine Einsicht.“Das sei durchaus als ein Seitenhieb an sein Volk zu verstehen, welches den Weg zu Gott nicht finden wolle, erklärt der Pfarrer. Schafe, wie sie oft bei Krippen zu finden sind, könnten als Symbole in Verbindung mit dem „Guten Hirten“und dem „Lamm Gottes“gebracht werden.
Als Figuren unterm Christbaum findet Ute Prestele, Vorsitzende des Tierheims Weißenhorn, Tiere okay, aber „als lebendige Geschenke bitte nicht.“Allerdings sei sei glücklicherweise schon länger nicht mehr vorgekommen, dass Interessenten in der Einrichtung nach einem Weihnachtsgeschenk gesucht hatten. In solchen Fällen würde es auch zu keiner Vermittlung kommen, stellt Prestele klar: „Wer seinem Kind ein Tier schenken will, muss sich im Klaren darüber sein, dass sich letztlich die Eltern darum kümmern müssen.“