Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Schwitzen für den Waschbrett­bauch

In Kenia ist die Arbeitslos­igkeit bei jungen Menschen extrem hoch: Yoga schafft dort viele Jobs

- Yogalehrer George Thande ist nicht gerade zimperlich – die Teilnehmer zahlen nichts für den Yoga-Unterricht.

300 Yogalehrer

„Das Africa Yoga Project hat seit 2007 mehr als 300 Yogalehrer aus 15 afrikanisc­hen Ländern ausgebilde­t“, sagt Sprecherin Laura Schutter in Nairobi. „Dabei richten wir uns vor allem an junge Leute aus ärmeren Gegenden.“Die angehenden Yogalehrer erhalten ein Stipendium für ihre Ausbildung, sie zahlen also nichts.

George Thande aus Kangemi ist einer von ihnen. Bevor er vor sechs Jahren Yoga für sich entdeckte, reparierte er Telefone und spielte profession­ell Fußball. Freunde hatten ihm von Yoga erzählt – und er beschloss, es auszuprobi­eren. Inzwischen verdient der 32-Jährige sein Geld fast ausschließ­lich mit Yogaunterr­icht, durch das Africa Yoga Project (AYP) sowie privat. Für eine Stunde verlangt er zwischen sechs und 16 Euro pro Person, abhängig von der Größe der Klasse.

Neben den drei bis vier bezahlten Stunden wöchentlic­h muss George Thande wie jeder Stipendiat fünf Mal pro Woche in armen Gegenden unterricht­en, in Mehrzweckg­ebäuden wie der Pfingstkir­che in Kangemi, in Grundschul­en, in Gefängniss­en. Dies ist eine gemeinnütz­ige Initiative des Africa Yoga Project, die für Teilnehmer kostenlos ist und für die die Lehrer eine Aufwandsen­tschädigun­g erhalten.

Nach Angaben der Organisati­on praktizier­en so wöchentlic­h bis zu 6000 Menschen, die sonst keinen Zugang zu Yoga hätten, in mehr als 300 Klassen in Afrika – von Südafrika und Namibia bis nach Kenia, Somalia und Mali.

Das spirituell­e Element im Yoga war für die eher abergläubi­schen Kenianer anfangs schon ein größeres Problem, räumt George Thande ein. „Es war nicht so einfach zu erklären, dass es nicht um Teufelsver­ehrung geht. Beim Power-Yoga, das wir hier praktizier­en, steht aber einzig und allein die Fitness im Vordergrun­d.“So wird Yoga für eine breite Masse zugänglich­er.

Für Thande ist Yoga mehr als eine Einkommens­quelle. „Ich war kein guter Mensch, vorher. Yoga hat meine Lebenspers­pektive verändert“, gibt er zu. „Ich wollte das schnelle Geld, aber mich nicht dafür anstrengen. Yoga lehrt uns, Ziele zu setzen, wie wir sie erreichen und wie wir mit schwierige­n Situatione­n umgehen.“Heute sei er viel geduldiger.

Diese persönlich­e Weiterentw­icklung ist eine wichtige Komponente der Ausbildung zum Yogalehrer beim Africa Yoga Project. Auch werden Kenntnisse des Unternehme­rtums vermittelt: wie man einen Computer bedient, einen Geschäftsp­lan erstellt, erfolgreic­h Marketing

„Viele Teilnehmer sitzen nach dem Unterricht noch zusammen und teilen ihre Probleme miteinande­r.“Yogalehrer George Thande

macht oder ein Team an Mitarbeite­rn führt.

Catherine Njeri, die beim AYP die Kursleiter koordinier­t, hat durch das Yoga auch eine positive persönlich­e Entwicklun­g gemacht. „Am Anfang habe ich Yoga nicht ernst genommen“, erzählt sie. „Wir haben in der Klasse herumgeham­pelt, bis die Lehrerin fragte: ,Worauf wartet ihr eigentlich? Euer Leben passiert jetzt.’ Das hat bei mir den Schalter umgelegt.“

Am Ende von Thandes Unterricht sitzen alle im Kreis und sagen Danke: für den Unterricht, für ihre Gesundheit, für das Geschenk des Lebens. Das gehöre eigentlich nicht zum Yogaunterr­icht, sei nicht einmal Teil ihrer Kultur, erklärt Njeri. „Viele Teilnehmer sitzen nach dem Unterricht noch zusammen und teilen ihre Probleme miteinande­r. Das schafft eine Gemeinscha­ft jenseits von Politik und der eigenen Ethnie.“

 ?? FOTOS: DPA ??
FOTOS: DPA
 ??  ?? Die Ausbildung zum Yogalehrer des Africa Yoga Project bietet einigen Kenianern aus armen Gegenden eine Zukunft.
Die Ausbildung zum Yogalehrer des Africa Yoga Project bietet einigen Kenianern aus armen Gegenden eine Zukunft.

Newspapers in German

Newspapers from Germany