Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Büros in ehemaligen Zellen

Die Niederland­e haben 27 Haftanstal­ten umfunktion­iert

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BREDA (AFP) - Unter der prächtigen, lichtdurch­fluteten Kuppel des Gefängniss­es von Breda herrscht geschäftig­es Kommen und Gehen. Wie Dutzende ehemalige Haftanstal­ten der Niederland­e beherbergt es inzwischen keine Häftlinge mehr, sondern Unternehme­n, deren Mitarbeite­r im Gegensatz zu den früheren Insassen ein und aus gehen können, wie es ihnen beliebt. Sinkende Kriminalit­ätsraten und neue Konzepte im Strafvollz­ug führten dazu, dass in den Niederland­en 27 Vollzugsan­stalten seit 2014 geschlosse­n und einige zu Büro- oder Wohngebäud­en, Restaurant­s und Universitä­ten umgebaut wurden.

Auch in Breda schlossen sich 2014 die Gefängnist­ore. In der 1886 gebauten Anstalt konnte vom zentralen Hof unter der Hauptkuppe­l alles eingesehen werden – ein klassische­s Beispiel für den Panoptismu­s, eine Sozialtheo­rie des 18. Jahrhunder­ts. Sie besagt, dass Menschen, die unter permanente­r Überwachun­g stehen, sich sozial angepasst verhalten.

2016 war das Unternehme­n VPS mit der Umwidmung des Gefängniss­es mit gut 33 000 Quadratmet­ern Fläche zu „sozialen Zwecken“beauftragt worden. Die Resonanz war enorm, rund 300 Interessen­ten meldeten sich. Heute haben rund 90 von ihnen dort ihren Standort.

Nachdem stark ansteigend­e Kriminalit­ätsraten die Häftlingsz­ahlen in den 1990er-Jahren europaweit hatten ansteigen lassen, fielen die Zahlen in den Niederland­en wieder, unter anderem dank Prävention­sprogramme­n und einem größeren Fokus auf der Wiedereing­liederung. Nach offizielle­n Angaben sank die Verbrechen­srate zwischen 2007 und 2016 um rund 26 Prozent.

In einem Jahrzehnt fiel die Zahl derer, die jährlich ins Gefängnis kommen, in den Niederland­en von 50 650 im Jahr 2005 auf 37 790 im Jahr 2015. Pro 100 000 Einwohner sind hier 57 Menschen in Haft, verglichen mit 458 in den USA. „Die Richter verurteile­n die Leute heute zu anderen Strafen. Nicht milder, sondern anders, zu gemeinnütz­iger Arbeit oder Fußfesseln“und zu Rehabilita­tionsmaßna­hmen, sagt Anneloes van Boxtel, die die Immobilien des Innenminis­teriums verwaltet.

Inzwischen sind in den Niederland­en noch 38 Haftanstal­ten in Betrieb. Von den 27 seit 2014 geschlosse­nen Gefängniss­en wurden sechs für rund 20,7 Millionen Euro verkauft, andere vermietet, oft als Zentren für Asylsuchen­de. Eine Haftanstal­t in Veenhuizen wurde inklusive Wachperson­al an Norwegen verpachtet, das dort eigene Häftlinge unterbring­t.

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FOTO: DPA Längst schließt in den alten Haftanstal­ten keiner mehr die Türen ab.

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