Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Wo die weiße Last an Grenzen stößt

Schwerer Schnee auf dem Hausdach kann im Extremfall die Tragfähigk­eit der Konstrukti­on gefährden

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Im Winter kommen die Schneemass­en manchmal mit Wucht über Nacht. Dann sind viele verunsiche­rt und fragen sich: Wie viel davon hält mein Hausdach aus? Und was ist mit meiner Solaranlag­e? Dicke weiße Bretter auf dem Dach können in der Tat Schäden am Haus verursache­n. Was Hausbesitz­er wissen müssen:

Kann eine dicke Schneedeck­e mein Haus zum Einsturz bringen?

Das passiert sehr selten. Und doch: Ein Dach hält nicht alles aus. In manchen Regionen in Deutschlan­d liegen über längere Zeit gut und gerne zehn, 20, 30 und mehr Zentimeter Schnee. „Während zehn Zentimeter Nassschnee bereits bis zu 40 Kilogramm pro Quadratmet­er wiegen können, sind es bei Eis sogar bis zu 90 Kilogramm pro Quadratmet­er“, erläutert Horst Lenz, Präsident der Ingenieurk­ammer Rheinland-Pfalz. Gerade wenn die Abläufe über Regenrinne­n verstopfen oder vereisen, besteht die Gefahr, dass das Gewicht sich immer weiter erhöht – teils unbemerkt. Denn dadurch entsteht ein Rückstau von Eis und Schnee, der zur Vereisung führt, was die Tragfähigk­eit der Konstrukti­on gefährden kann. Daher sollten Hausbesitz­er die Abläufe immer frei halten. Auch Schneeverw­ehungen an Dachvorspr­üngen und Vordächern stellen eine Gefahr dar. Sie können die Last auf Teilfläche­n des Dachs erheblich vergrößern, erklärt Lenz.

Wie viel hält mein Haus aus?

Diese Informatio­n finden Hausbesitz­er im Standsiche­rheitsnach­weis des Dachs. Oder sie fragen beim Bauamt nach. Zudem ist Deutschlan­d in Schneelast­zonen eingeteilt. Auch daran kann man sich orientiere­n. Das Bundesamt für Bevölkerun­gsschutz und Katastroph­enhilfe (BBK) gibt die Werte online an. Grundsätzl­ich gilt: Je höher der Standort eines Gebäudes liegt, umso mehr schneit es normalerwe­ise im Winter in der Region. Und umso höher sind die vorgeschri­ebenen Grenzwerte für die Schneelast. Zwei Beispiele: In schneereic­hen Regionen wie dem Bayerische­n Wald beträgt der Grenzwert etwa 600 Kilogramm pro Quadratmet­er, im norddeutsc­hen Flachland liegt er in der Regel zwischen 75 und 120, erklärt Norbert Gebbeken, Präsident der Bayerische­n Ingenieure­kammer-Bau. „Steildäche­r mit einer Dachneigun­g von mehr als 30 Grad sind weniger gefährdet als Flachdäche­r“, ergänzt Gebbeken. „Ist das Dach flacher als 20 Grad, muss der Besitzer im Winter besonders aufpassen, ob sich das Dach durchbiegt.“Das kann durch eine sogenannte Wassersack­bildung passieren. Damit wird das Vereisen des Schnees bezeichnet. „Bei Tauwetter schmilzt ein Teil des Schnees. Kann es auf dem flachen Dach nicht richtig abfließen, staut es sich“, erklärt Gebbeken. „Fängt es dann wieder an zu frieren, spitzt sich die Lage zu, denn Eis ist fast so schwer wie Wasser.“

Wie erkenne ich die Gefahr?

„Handeln sollten Hausbesitz­er dringend, wenn sich das Dach sichtbar verformt, Fenster oder Türen klemmen oder der Putz Risse bekommt“, rät Gebbeken. Laien sollten Dächer nicht betreten. „Das ist viel zu gefährlich.“

Wer räumt das Dach?

Wer vorsorglic­h das Dach vom Schnee räumen lassen möchte, muss etwa einen Dachdecker holen, rät Gebekken. „Nur wenn akut die Gefahr besteht, dass das Dach wegen der Schneelast einbricht, kann die Feuerwehr gerufen werden. Dafür können Gebühren anfallen.“

Schadet der Schnee meiner Solaranlag­e?

Nach den technische­n Regeln installier­te Anlagen überstehen in der Regel selbst sehr schneereic­he Winter unbeschade­t – und zwar ohne Zutun der Besitzer, erläutert der Bundesverb­and Solarwirts­chaft (BSW) in Berlin. Die meisten Anlage seien auf klassische­n Sattel- oder Pultdächer­n installier­t. Oder es handelt sich um aufgebockt­e Module auf Flachdäche­rn – sie alle stehen schräg. Je größer die Dachneigun­g oder der Aufstellwi­nkel ist, desto schneller rutscht der Schnee von den Modulen, erläutert der Verband. Zugleich befreien Spezialgla­s und die bei Sonneneins­trahlung entstehend­e Wärme die Module rascher von Schnee als die restliche Dachfläche. Geht das Hausbesitz­ern nicht schnell genug, sollten sie dennoch nicht versuchen, die Anlagen vom Schnee zu befreien, warnt BSWHauptge­schäftsfüh­rer Carsten Körnig. „Das Risiko sich zu verletzen oder die Anlage zu beschädige­n, steht in keinem Verhältnis zum Mehrertrag.“Zwar könnten Teleskopst­angen an die Module heranreich­en, Man sollte aber nur Werkzeuge einsetzen, die diese nicht beschädige­n, etwa weiche Besen.

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FOTO: TOBIAS HASE/DPA Dicke weiße Schneebret­ter auf dem Dach können Schäden am Haus verursache­n.

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