Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Großer Tag für Anna-Karina Kneer
Erstmals ritt das neunjährige Mädchen beim Stephansritt in Westerheim mit.
WESTERHEIM - Für Anna-Karina Kneer ist der zweite Weihnachtsfeiertag ein besonderer gewesen. Die Neunjährige ist erstmals beim Stephansritt in Westerheim dabei gewesen. Voller Stolz saß das Mädchen im Sattel ihres Pferdes, als sie traditionsgemäß die St. Stephanuskirche drei Mal umrundete. Drinnen feierte die Gemeinde den heiligen Stephanus und das Kirchenpatrozinium, draußen lösten genau 26 Reiter ein altes Gelöbnis ein, das mehr als 300 Jahre zurückreicht. Der Stephansritt ist seitdem mit Unterbrechungen ein fester und wichtiger Bestandteil im Westerheimer Jahreskalender.
„Ich freute mich schon lange auf diesen Ritt“, erzählt Anna-Karina Kneer. Seit drei Jahren reitet sie, Pferde sind ihre große Liebe und ihr Hobby. Wochenlang sehnte sie Weihnachten und insbesondere den zweiten Weihnachtsfeiertag herbei, an dem die katholische Kirche den heiligen Stephanus verehrt und an dem in der Albgemeinde der Traditionsritt stattfindet. „Es ist ein besonderes Gefühl, in der Gruppe bei so einem besonderen Ereignis mitreiten zu dürfen“, sagt das Mädchen. Deshalb sei es ihr überhaupt nicht schwer gefallen, früh morgens aufzustehen und ihr Pferd zu satteln.
Anna-Karina Kneer war eine Reiterin der 18-köpfigen Gruppe vom Reiterhof Tobias Ramminger, die am Dienstag in aller Frühe durch den Ort zog. Acht Reiter kamen vom Reitstall von Timo Wagner, die in diesem Jahr zuerst am Hauptziel, der St. Stephanuskirche, eintrafen.
Seit Jahrhunderten gibt es in Westerheim den Stephansritt. Abgesehen von den Kriegsjahren wurde und wird an ihm bis heute festgehalten. Das alte Westerheimer Heimatbuch erzählt von einer Pferdeseuche vor mehr als 300 Jahren. Damals hätten die Pferdebesitzer ein Gelübde abgelegt, zu Ehren ihres Ortsheiligen St. Stephanus jährlich am 26. Dezember einen Ritt zu halten und zu danken, sollte die Seuche vorübergehen. Das sei eingetroffen, der Stephansritt war geboren. Drei Mal wird seitdem um das Kreuz von Stefan Knupfer beim Friedhof, um das Kreuz beim Gasthaus Hirsch, um die St. Stephanuskirche und um weitere Bildstöckchen geritten. Das war auch in diesem Jahr wieder der Fall.
Windig und frisch war es am Dienstag, als sich die zwei Reitergruppen auf den Weg machten. Es war ein imposantes Bild, die Reiter auf ihren schönen Pferden durch den Ort traben zu sehen und das Wiehern mancher Pferde zu hören. Die Reiter Westerheims sind an diesem Tag sehr gefordert, dann nach Erfüllung des Versprechens ist noch lange nicht Schluss. Dann ziehen sie noch zu Verwandten, Bekannten und Freunden und wünschen schon mal das neue Jahr an oder loben die jeweiligen Christbäume.
Bläserensemble gestaltet Feier
Im Kirchhof von St. Stephanus trafen sich die Reiter mit ihren Pferden. Ihr wichtigstes Anliegen an dem Tag ist es, die historische Ortskirche nach alter Tradition drei Mal zu umrunden während innen Gottesdienst gefeiert wurde. Dort zelebrierte Pfarrer Karl Enderle die heilige Messe, zu der ein Bläserensemble der Musikkapelle Westerheim einen festlichmusikalischen Rahmen lieferte. Voll besetzt war die St. Stephanuskirche und die Gottesdienstbesucher gedachten auch des heiligen Stephanus, Reiter vom Reiterhof Tobias Ramminger am zweiten Weihnachtsfeiertag auf dem Weg zur St. Stephanuskirche, um ein altes Gelübde in Westerheim zu erfüllen. Es gilt, die historische Ortskirche drei Mal zu umreiten.
der der erste Märtyrer bei der katholischen Kirche sein soll. Sein Gedenktag wird am 26. Dezember begangen. Das Wirken des Heiligen und Diakons wusste Pfarrer Enderle in seiner Festpredigt zu würdigen.
Zum Aufwärmen erhielten die 26 Reiter Glühwein, Punsch und Tee. Mitglieder des Fördervereins St. Stephanus schenkten die Getränke aus, was sie schon seit Jahren machen. Regina Priel, Marianne Büdinger und Fabian Döring kümmerten sich um die gut tuende Erfrischung in den frühen Morgenstunden. Nach einer kleinen Pause und einem Gedankenaustausch unter dem Kirchturm von St. Stephanus zogen die beiden Reitergruppen weiter und freuten sich auf weitere Begegnungen.
Während die neunjährige AnnaKarina Kneer und der 13-jährige Laurin Renner zu den jüngsten im Feld gehörten, ist Richard Rehm in Sachen
Stephansritt ein alter Hase. Er kann auf weit mehr als 30 Ritte zu Ehren des Ortsheiligen zurückblicken und hat schon jedes Wetter an jenem Weihnachtsfeiertag mitgemacht: Schneegestöber, Starkregen, klirrende Kälte, frostigen und heftigen Wind, aber auch frühlingshafte Temperaturen in den Morgenstunden. Immer wieder sei der Sonnenaufgang in den frühen Morgenstunden ergreifend gewesen, als die Natur erwachte. Richard Rehm weiß noch eine weitere Version, die zum Festhalten an dem Ritt beigetragen hat: Früher standen die Pferde am Heiligen Abend und am ersten Weihnachtsfeiertag im Stall. Am Stephanstag holte man sie wieder heraus, damit die Bewegung gewohnten Pferde nicht erkrankten.
Für Anna-Karina Kneer wird der vergangene zweite Weihnachtsfeiertag auf jeden Fall in guter Erinnerung bleiben. Die erste Teilnahme am Stephansritt hat ihr enormen Spaß und Freude bereitet. Weitere Ritte werden sicherlich folgen. Einen Generationenwechsel muss es auch bei der Erfüllung des Gelübdes geben. Während im Innern der Kirche das Stephanuslied noch zu hören war, zogen die Reiter guten Mutes weiter. Auch ein Geburtstagslied erklang zum Abschluss, denn Pfarrer Enderle feiert am 26. Dezember Geburtstag.
„Ich freute mich schon lange auf diesen Ritt.“Die neunjährige Anna-Karina Kneer zu ihrer Premiere in Westerheim