Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
„Opa, warum riechst du immer nach Bier?“
Raus aus der Sucht: Ein Richtungswechsel ist immer möglich – Suchtkrankenhilfe hilft dabei
LAICHINGEN (sz) - Entscheidungen, die das Leben verändern, sind schwer. Erst wenn es nicht mehr anders geht, wächst die Chance auf einen Richtungswechsel. An wen wenden sich alkoholkranke Menschen, die besonders in der sensiblen Zeit um Weihnachten und Neujahr Hilfe suchen?
Als in einer Silvesternacht die Treppe hinunter stürzte, war sie total betrunken. In der Klinik überreichte ihr die Ärztin einen Brief für den Hausarzt mit den Worten: „Das nächste Mal ein Glas weniger.“Allergrößte Scham hat Stephanie Both in diesem Moment überrollt. Sie nutzte ihn als zündenden Moment und suchte Hilfe bei den Freundeskreisen für Suchtkrankenhilfe. Die Geschäftsstelle des Landesverbandes hat ihren Sitz in Laichingen.
Für war die Frage seiner sechsjährigen Enkeltochter, warum er immer nach Bier rieche, eine Ohrfeige. Noch am selben Tag rief er bei der Suchtberatung an und begann 14 Tage später mit einer Therapie.
Stephanie Both Jürgen Koch Christian Degenkolb
wollte nur ein Feierabendbier trinken, doch sein Vorhaben endete in zwei durchzechten Nächten. Mit einer riesen Angst, nicht mehr genug zum Saufen zu bekommen, um seine Schamgefühle und Versagensängste zu betäuben, stand er schließlich auf einer Brücke – und fühlte sich plötzlich stocknüchtern. Er sprang nicht in die Tiefe, sondern ging in eine 300 Meter entfernte Psychiatrie. Ohne Überweisungsschein.
Conny Maier
halfen die Ratschläge von Freundinnen zum Alkoholkonsum ihres damaligen Mannes nicht weiter. Ein Hinweis aus der Nachbarschaft brachte sie zu den Freundeskreisen und Menschen, die wussten, wovon sie sprach. Sie beschloss, ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen und hörte auf, ihren Mann zu decken oder zu entschuldigen.“Ein paar Wochen später war er bei der Entgiftung und dann in Langzeittherapie.
„Es gibt unzählige Gründe, weswegen Menschen aus allen Berufsgruppen und sozialen Schichten in eine Alkoholabhängigkeit rutschen“, sagt Rainer Breuninger, Geschäftsführer der Freundeskreise für Suchtkrankenhilfe (Landesverband Württemberg e.V.). „Und es braucht Erlebnisse, die den Betroffenen durch Mark und Bein gehen, um endlich vor der Macht des Alkohols zu kapitulieren und Hilfe zu suchen. Sogenannte Schlüsselerlebnisse eben.“Besonders in den dunklen Wintertagen oder der sensiblen Weihnachtsund Neujahrszeit besteht die Gefahr eines höheren Alkoholkonsums. Doch wer genug hat von seinem bisherigen Weg, für den gibt es die Chance zum Ausstieg. Ein „Jetzt! Sofort!“ist nicht immer gleich umsetzbar. Dann braucht es Menschen, die wissen, wie Hilfe möglich wird.