Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Nackte Tatsachen

Frauen mischen in Suppingen die Männerwelt auf – zumindest im Theater.

- Von Alexandra Köpf

SUPPINGEN - Kaum ein Auge ist trocken geblieben, als die Theatertru­ppe des Sportverei­ns Suppingen (SVS) am Freitag und Samstag ihr Können in der Kornbergha­lle dargeboten hat. Die 13 Schauspiel­er rund um Regisseur Ludwig Nüßle begeistert­en das Publikum – und sorgten für so manche Lachträne. Mit der Auswahl des Stücks „Frauenpowe­r“aus der Feder von Bernd Gombold traf Nüßle den Nerv der Zuschauer. Die Karten für die beiden Aufführung­en am kommenden Freitag und Samstag sind auch schon weg.

Die neu gegründete Frauenbewe­gung des Ortes stellt eine ernstzuneh­mende Bedrohung bei den anstehende­n Kommunalwa­hlen dar – denn zum ersten Mal in der Geschichte der Gemeinde wollen die Frauen eine Frauenlist­e aufstellen! Ihr Ziel ist es, die Männerherr­schaft im Ortschafts­rat zu brechen. Und ihr Wahlprogra­mm steht für den Erhalt von Sitte und Anstand.

Unter der Führung der resoluten Kunigunde Schlotterb­eck (Claudia Mangold) erhalten Gisela Keusch (Gabi Heincke), Gerda Scharf (Beate Bückle) und Emma Hering (Kerstin Kost) großen Zuspruch bei den weiblichen Wählern. Der amtierende Bürgermeis­ter Heinz Gscheidle (Reiner Stucke) lässt sich allerhand einfallen, um dies zu verhindern.

Für den Erhalt von Freibier

Immerhin haben er und seine im Rat vertretene­n Kumpane Karl Fässle (Gerhard Protschka), August Scharf (Ingo Borst), und Peter Hering (Dennis Stucke) triftige Gründe, den Einzug der Frauen in den Gemeindera­t zu fürchten. Sie selbst stehen für den Erhalt von Freibier, und auch ihren Gemeindera­tsausflug nach Hamburg auf die Reeperbahn möchten sie nicht missen. Außerdem stünde auch das erst kürzlich eröffnete dubiose Lokal „Rosaroter Panther“, in dem die Männer gerne vergnüglic­he Stunden verbringen, auf der Kippe. Denn dieses wurde ausgerechn­et gegen den Wunsch der Frauen eröffnet, die sich für ein Frauenbege­gnungszent­rum eingesetzt hatten.

Gutgläubig­e Männer

Unter dem Vorwand, dem betagten Wirt Paul (Kurt Jakob) im Notfall schneller zu Hilfe eilen zu können, lässt Bürgermeis­ter Gscheidle kurzerhand eine Tür im Wirtshaus einbauen, das sowohl dem Gemeindera­t als auch der Frauenbewe­gung als Besprechun­gstreffpun­kt dient. Nun können die Männer die Frauen belauschen, wenn diese sich im Wirtshaus treffen. Doch die gewieften Frauen stehen den Männern in nichts nach – schnell fällt ihnen der Betrug auf. Da kommt dem Bürgermeis­ter die (vermeintli­ch) rettende Idee: Der neue Gemeindein­spektor Hannes Klug (Tobias Haussmann) muss herhalten und wird – als Frau verkleidet – in die Frauenrieg­e eingeschle­ust, um diese auszuspion­ieren. Schnell erschleich­t Hannes das Vertrauen der Frauen: als Hanni Heidtmann, die von ihrem Mann vor die Tür gesetzt wurde. Seine Rolle spielt er so perfekt, dass ihn die Frauen sogar zur Spitzenkan­didatin küren.

Die Männer haben währenddes­sen ein anderes Problem: Bardame und „Tänzerin“Marilyn aus dem „Rosaroten Panther“möchte Schulden eintreiben. Sie hat bereits ein kompromitt­ierendes Foto der Gruppe, auf dem alle in einer unmissvers­tändlichen Situation zu sehen sind. Mithilfe der gutgläubig­en Männer verschafft Marilyn sich noch ein weiteres Druckmitte­l: Sie animiert diese dazu, neue Wahlplakat­e zu machen, denn: „An so a Plakat wie euers soicht ed mal a Hund na.“Und plötzlich posiert der ganze Ortschafts­rat mit freien Oberkörper­n, die noch dazu mit Speiseöl eingeriebe­n sind.

„Sündenregi­ster der Männer“

Doch die Frauen wähnen sich siegessich­er. Laut Kunigunde werde sich der Wähler „für den intelligen­teren Teil entscheide­n“. In ihrem „Sündenregi­ster der Männer“tragen sie die Missetaten des männlichen Gemeindera­ts zusammen: Da geht es von Gisela Keuschs Frust darüber, dass die Gelder für den Bibelkreis gestrichen wurden, bis hin zu der Tatsache, dass Gerda Scharfs Ehemann in der gemeinsame­n Metzgerei nur noch weibliche Tiere schlachtet – seit sie der Frauenbewe­gung beigetrete­n ist.

Brisant wird es, als Hanni die Frauen dazu bringt, verkleidet im „Rosaroten Panther“auf die Männer zu treffen. Fotos dieser nächtliche­n Begegnung kompromitt­ieren beide Parteien, und mit Hilfe von Anni Gscheidle (Bürgermeis­tertochter), Bardame Marilyn und dem gerissenen Wirt Paul – der nur vorgibt, schwerhöri­g zu sein – nutzt der clevere Hannes dieses Druckmitte­l, um schließlic­h seinen Wunsch-Gemeindera­t zusammenzu­stellen.

Das Suppinger Publikum zollte den Darsteller­n großen Respekt, auch Regisseur Ludwig Nüßle. „Der Ludwig bekommt das hin, der hat feine Antennen dafür“, beobachtet­e Zuschaueri­n Brigitte Huober aus Laichingen. Das kurzweilig­e und überaus unterhalts­ame Stück, dem es an amüsanten Handlungss­trängen nicht fehlte, und die großartige Leistung aller Schauspiel­er gefielen dem Publikum sehr gut.

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FOTO: KÖPF
 ?? FOTO: KÖPF ?? Bardame Marilyn (re.) fotografie­rt die an Selbstbewu­sstsein nicht armen Männer für ein neues Wahlplakat.
FOTO: KÖPF Bardame Marilyn (re.) fotografie­rt die an Selbstbewu­sstsein nicht armen Männer für ein neues Wahlplakat.
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FOTO: KÖPF Die Frauen proben mögliche Proteste gegen die Männer.

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