Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Sprachassistenten nisten sich im Alltag ein
Gespräche mit künstlicher Intelligenz könnten 2018 zur Normalität werden
LAS VEGAS (dpa) - Leuchtreklamen so hoch wie ein Wohnblock, dazu alle fünf Minuten ein Zug der Einschienenbahn mit großem „Hey Google“Schriftzug, der entlang der CasinoMeile „The Strip“in Las Vegas fährt. Wer die Elektronikmesse CES besucht, kommt um das Thema Sprachassistenten nicht herum. Rein optisch ist der „Google Assistant“überall.
Doch die Konkurrenz schläft nicht. Amazons Alexa schleicht sich ohne große Werbung in immer mehr Geräte ein. Alexa in Lautsprechern, Alexa im Auto, Alexa in Notebooks, im Badezimmerspiegel, Rauchmelder, Ofen oder Kühlschrank. Der Handelsriese drängt mit Macht in den Markt der Sprachassistenten, sagt Analyst Brian Blau vom Marktforscher Gartner. Immer mehr Partner werden Teil des wachsenden Ökosystems von Geräten, die per Sprache gesteuert werden können, aber auch mit anderen Geräten zusammenarbeiten, Dienstleistungen über das Internet anstoßen oder Einkäufe über Amazons Plattform erledigen können. Gegenüber Google und Apple hat Amazon hier noch Nachholbedarf, sagt Blau. Die Konkurrenten haben ja ihre Smartphones in den meisten Hosentaschen.
Neuer Schwung nach zähem Start
„Digitale Assistenten sind ein großes Thema dieses Jahr“, sagt auch Smarthome-Experte Robert Spanheimer vom IT-Verband Bitkom. Nach den zum Teil enttäuschten großen Erwartungen aus der Anfangszeit von Siri und Co. werden die Systeme in diesem Jahr deutlich besser funktionieren und mehr Nutzen liefern, sagt er voraus.
Zum Beispiel beim Sprachverständnis: „Die intuitive Kommunikation wird immer weiter verbessert“, sagt Spanheimer. Die Assistenten werden weniger nur auf starre Kommandos hören, sondern mithilfe von Spracherkennung und künstlicher Intelligenz auch lockerer formulierte Befehle verstehen. Durch bessere Sammlung und Auswertung von Daten werden auch die Empfehlungen der Assistenten besser, etwa zu Flügen, Fernsehsen- dungen oder auch Shopping-Angeboten.
Google bekommt Konkurrenz
Neben Google und Amazon gibt es weitere Wettbewerber. Samsung etwa zeigt, was ab diesem Jahr mit Smartphone, Fernseher und Lautsprechern möglich sein soll. Der hauseigene Assistent Bixby erkennt auf die Frage „Wer ist das?“etwa Schauspieler in einem Film und zeigt nach dem Kommando „Was hat sie an?“passende Shopping-Angebote.
„Bis 2020 soll Bixby in nahezu allen Geräten von Samsung stecken“, sagt ein Mitarbeiter am Stand. Deutsche Nutzer müssen auf das smarte Upgrade für Samsung-Geräte allerdings noch warten – Bixby spricht noch kein Deutsch. Das soll sich aber im Laufe des Jahres ändern, verspricht Samsung, ohne einen Zeitplan zu nennen.
Etwas weniger sieht man von Microsofts Assistentin Cortana. Ein paar vernetzte Lautsprecher hier, ein smartes Thermostat da. Aber auch Microsoft rüstet auf. Gemeinsam mit Qualcomm haben die Redmonder eine Chipplattform entwickelt, mit der Gerätehersteller Cortana in ihre Entwicklungen integrieren können. In Las Vegas lässt sich so schon per Sprachkommando das Licht einschalten oder die Heizung aufdrehen. Die Sprachsteuerung, da sind sich die Experten sicher, wird sich ganz normal neben bisherigen Wegen zum Steuern von Technik etablieren. Damit das schneller geht, ist der Einstiegspreis vieler Geräte sehr niedrig. „Vernetzte Lautsprecher gibt es schon ab 29 US-Dollar“, sagt Brian Blau. „Sie machen die so billig, um sie in jedes Haus zu bekommen.“Robert Spanheimer sieht die Lautsprecher ebenfalls als Einfallstor für die Sprachsteuerung – auch in Haushalte, die bislang eher skeptisch waren. „Bei Lautsprechern dürfte es bald Standard sein, dass sich ein Assistent aktivieren lässt.“
Kampf um Marktmacht
Wichtigste Frage angesichts all der neuen vernetzten, smarten und sprechenden Geräte: Welches System wählt man denn jetzt? Spanheimer sieht Parallelen zum Aufkommen des Smartphones. Auch hier gab es anfangs mehr Konkurrenz, am Ende setzten sich Googles Android und Apples iOS durch. „Sieger war am Ende der mit den besten Apps.“So dürfte es auch bei den Sprachassistenten sein. „Wir werden einen Wettbewerb erleben, bei dem sich die Dienstanbieter auf die zwei bis drei größten Assistenten festlegen werden.“