Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Oetinger wird tschechisc­h

Metallvera­rbeiter aus der Nähe von Prag übernimmt die Gruppe - Gewerkscha­ft sieht neuen Eigentümer positiv

- Von Oliver Helmstädte­r

WEISSENHOR­N - Die Firma Oetinger, Lieferant für Aluminiumg­usslegieru­ngen mit Standorten in Weißenhorn und Neu-Ulm, gehört jetzt zur tschechisc­hen Firma Metal Trade Comax mit Sitz in Velvary, nördlich der Hauptstadt Prag. Dies teilten jetzt die beiden Oetinger-Geschäftsf­ührer Roland Keller und Uwe Baur sowie Marian Manda, der Chef des neuen Eigentümer­s, schriftlic­h mit. Für die 303 Beschäftig­ten in Weißenhorn und Neu-Ulm soll sich nach den Worten von Baur nichts ändern. „Wir sind sehr glücklich“, sagt ein zufriedene­r Oetinger-Boss.

Eingefädel­t hatte den Deal in ungenannte­r Höhe die Management­beratung Orlando in München, die sowohl den bisherigen Oetinger-Eigentümer (Investment­gesellscha­ft SSVP – Special Situation Venture Partner Funds) als auch den neuen Besitzer berät.

Günter Frey, der Erste Bevollmäch­tigter der IG Metall, ist angesichts des neuen Oetinger-Eigentümer­s positiv gestimmt. Schließlic­h sei Metal Trade Comax kein Finanzinve­stor sondern eine mittelstän­dische Firma aus der gleichen Branche. Auch hätten die Tschechen im Vorfeld nicht versucht, irgendwelc­he Zugeständn­isse zu Lasten der Beschäftig­ten durchzudrü­cken. Tarifvertr­äge und Verbandsmi­tgliedscha­ft blieben unveränder­t erhalten.

Was die vergangene­n fast vier Jahre der Unsicherhe­it angeht, spricht Frey von einem „guten Miteinande­r“mit der Oetinger-Geschäftsf­ührung. Diese bleibe weiter im Amt, wie Baur betont. Durch die Übernahme, so ist der Co-Geschäftsf­ührer Roland Keller überzeugt, werde Oetinger Teil einer dynamische­n Unternehme­nsgruppe und könne so als bereits führender Lieferant für Aluminiumg­usslegieru­ngen in neue Regionen und Märkte vorstoßen.

Metal Trade Comax hat fünf Produktion­sstandorte, 560 Mitarbeite­r und setzte zuletzt 250 Millionen Euro um. Comax produziert nach eigenen Angaben bisher 30 000 Tonnen Aluminiumg­usslegieru­ngen und baut dieses Segment mit Oetinger deutlich aus. In Neu-Ulm und Weißenhorn werden nämlich 190 000 Tonnen davon produziert, die Oetinger zu einem Schlüssell­ieferant der Autoindust­rie macht. Kaum ein Fahrzeug ohne Oetinger–Legierung rollt in Süddeutsch­land vom Band.

Oetinger war Mitte des Jahres 2013 in Schieflage geraten, als die Preise für die Alu-Gussteile immer tiefer in den Keller purzelten. Als das vorläufige Insolvenzv­erfahren in ein ordentlich­es Insolvenzv­erfahren überging, wurden die beiden Werke in Berlin und in Hannover geschlosse­n. Denn nur in Neu-Ulm und Weißenhorn wird in erster Linie FlüssigAlu­minium für die Automobili­ndustrie hergestell­t. Ein wesentlich profitable­res Geschäft als der Handel mit festem Block-Alu.

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FOTO: ALEXANDER KAYA Ein Blick in das Oetinger-Werk in Weißenhorn.

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