Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Oetinger wird tschechisch
Metallverarbeiter aus der Nähe von Prag übernimmt die Gruppe - Gewerkschaft sieht neuen Eigentümer positiv
WEISSENHORN - Die Firma Oetinger, Lieferant für Aluminiumgusslegierungen mit Standorten in Weißenhorn und Neu-Ulm, gehört jetzt zur tschechischen Firma Metal Trade Comax mit Sitz in Velvary, nördlich der Hauptstadt Prag. Dies teilten jetzt die beiden Oetinger-Geschäftsführer Roland Keller und Uwe Baur sowie Marian Manda, der Chef des neuen Eigentümers, schriftlich mit. Für die 303 Beschäftigten in Weißenhorn und Neu-Ulm soll sich nach den Worten von Baur nichts ändern. „Wir sind sehr glücklich“, sagt ein zufriedener Oetinger-Boss.
Eingefädelt hatte den Deal in ungenannter Höhe die Managementberatung Orlando in München, die sowohl den bisherigen Oetinger-Eigentümer (Investmentgesellschaft SSVP – Special Situation Venture Partner Funds) als auch den neuen Besitzer berät.
Günter Frey, der Erste Bevollmächtigter der IG Metall, ist angesichts des neuen Oetinger-Eigentümers positiv gestimmt. Schließlich sei Metal Trade Comax kein Finanzinvestor sondern eine mittelständische Firma aus der gleichen Branche. Auch hätten die Tschechen im Vorfeld nicht versucht, irgendwelche Zugeständnisse zu Lasten der Beschäftigten durchzudrücken. Tarifverträge und Verbandsmitgliedschaft blieben unverändert erhalten.
Was die vergangenen fast vier Jahre der Unsicherheit angeht, spricht Frey von einem „guten Miteinander“mit der Oetinger-Geschäftsführung. Diese bleibe weiter im Amt, wie Baur betont. Durch die Übernahme, so ist der Co-Geschäftsführer Roland Keller überzeugt, werde Oetinger Teil einer dynamischen Unternehmensgruppe und könne so als bereits führender Lieferant für Aluminiumgusslegierungen in neue Regionen und Märkte vorstoßen.
Metal Trade Comax hat fünf Produktionsstandorte, 560 Mitarbeiter und setzte zuletzt 250 Millionen Euro um. Comax produziert nach eigenen Angaben bisher 30 000 Tonnen Aluminiumgusslegierungen und baut dieses Segment mit Oetinger deutlich aus. In Neu-Ulm und Weißenhorn werden nämlich 190 000 Tonnen davon produziert, die Oetinger zu einem Schlüssellieferant der Autoindustrie macht. Kaum ein Fahrzeug ohne Oetinger–Legierung rollt in Süddeutschland vom Band.
Oetinger war Mitte des Jahres 2013 in Schieflage geraten, als die Preise für die Alu-Gussteile immer tiefer in den Keller purzelten. Als das vorläufige Insolvenzverfahren in ein ordentliches Insolvenzverfahren überging, wurden die beiden Werke in Berlin und in Hannover geschlossen. Denn nur in Neu-Ulm und Weißenhorn wird in erster Linie FlüssigAluminium für die Automobilindustrie hergestellt. Ein wesentlich profitableres Geschäft als der Handel mit festem Block-Alu.