Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
5000 Euro
Der Wohnungsmarkt ist angespannt, angebotene Objekte oft teuer – das ruft Kriminelle auf den Plan
hat ein Ehepaar für eine Doppelhaushälfte in NeuUlm an Betrüger ins Ausland überwiesen.
NEU-ULM - Die Doppelhaushälfte in Neu-Ulm scheint perfekt geeignet, um in einen neuen Lebensabschnitt zu starten. Alexandra und Simon Meisner (Namen geändert) wollen schon eine Weile aus ihrer Mietwohnung heraus und sehen sich nach einem Haus zum Kaufen um. Auf einem der gängigen Immobilienportale entdeckt das Ehepaar die zum Verkauf stehende Doppelhaushälfte und tritt mit dem Besitzer in Kontakt. Dass sie auf einen Betrüger hereinfallen, merken die beiden lange nicht.
Und sie sind vermutlich nicht die Einzigen, denen es so geht. Reinhard Husch von der Kriminalpolizei in Neu-Ulm spricht von einer geschickten Masche der Betrüger, die im Immobilienbereich immer häufiger auftritt. Der Grund: die angespannten Lage auf dem Wohnungsmarkt – und potenzielle Käufer, die dadurch unter Druck stehen. „Die Betrüger sind hoch professionell, man erkennt auf den ersten Blick nicht, dass etwas nicht stimmt“, sagt Husch.
So ergeht es auch Alexandra und Simon Meisner. Der Besitzer erzählt ihnen aus ihrer Sicht glaubwürdig, dass er seit Kurzem beruflich im Ausland arbeitet und deswegen sein Haus verkaufen will. Weil er durch den neuen Job wenig Zeit habe, übergebe er den Verkauf an eine Agentur mit dem Namen Luxury Portfolio. Das Ehepaar Meisner sucht im Internet nach der Firma und findet sie auch – mit sehr guten Bewertungen. Dann fahren die beiden noch zum Haus nach Neu-Ulm: Auch das existiert, die Rollladen sind heruntergelassen und es sieht unbewohnt aus. Sie schöpfen keinen Verdacht.
Polizeihauptkommissar Husch sieht jedoch schon mehrere bedenkliche Hinweise und warnt: Niemals von einem der bekannten Immobilienportale auf andere Seiten locken lassen. Fehler zwei: Verkäufe aus dem Ausland sind generell mit Vorsicht zu betrachten. Vor allem, weil die Betrüger alles akribisch planen. Wie Husch sagt, sollte die Doppelhaushälfte in Neu-Ulm vermutlich wirklich verkauft werden – nur eben nicht durch diese Anbieter. Die Betrüger kopieren Anzeigen und Bilder und stellen sie auf seriöse Plattformen. Sobald jemand Interesse zeigt, wird er auf eine andere Seite gelockt und die Anzeige gelöscht. So haben die Immobilienportale kaum Chancen, gegen die Betrüger vorzugehen. Auf ihren Plattformen warnen die Betreiber aber selbst vor dem Betrug mit Immobilien.
Die Firma Luxury Portfolio gibt es zweimal: Original und Fälschung. Der Verkäufer nennt den Meisners einen Ansprechpartner und gibt die Internetadresse durch: www.luxuryportfolio.eu. Die Adresse des seriösen Unternehmens lautet sehr ähnlich: www.luxuryportfolio.com. „Auf derart kleine Unterschiede wie Satzzeichen oder Endungen achtet kaum jemand“, sagt Husch.
Kurz darauf erhöhen die Betrüger den Druck auf das Ehepaar: Es gebe sehr viele Interessenten. Angesichts des angespannten Marktes ein Argument, einen Schritt weiter zu gehen. Vor allem, weil die Doppelhaushälfte zu einem erstaunlich guten Preis angeboten wird – auch ein Fakt, der stutzig machen sollte, sagt Husch von der Kripo. Er rät, lieber einen seriösen Makler einzuschalten und auf Nummer sicher zu gehen. Und er ruft eine Grundvoraussetzung für einen möglichen Betrug ins Gedächtnis: „Opfer ist immer derjenige, der einen Vorteil für sich wittert.“
Von denen gibt es in dem Neu-Ulmer Fall vermeintlich viele: Überhaupt ein Haus zu finden – und dann noch günstig und gut gelegen. Also vereinbaren die Meisners einen Besichtigungstermin. Der Besitzer fragt nach einem Vorschuss, er müsse ja schließlich den Flug aus dem Ausland bezahlen. „Spätestens jetzt müssen alle Alarmglocken läuten“, sagt Husch energisch. Tun sie aber bei dem Neu-Ulmer Ehepaar nicht – und der Betrug beginnt. Die Eheleute überweisen den geforderten Betrag, mit rund 400 Euro noch eine relativ geringe Summe. Eine Stunde vor der geplanten Besichtigung wird der Termin per Mail wegen nachvollziehbarer Gründe abgesagt und ein neuer ausgemacht.
5000 Euro ins Ausland
Nun wollen die Verkäufer mehr Geld, zum Teil wegen angeblicher Vorverkaufsgebühren oder Steuern. Auch das zahlen die Meisners. Insgesamt schicken sie um die 5000 Euro ins Ausland, einmal auf ein Konto in Italien, einmal nach England. Nicht ohne vorher einen Blick ins Impressum des Unternehmens auf der Internetseite zu werfen: Dort steht, dass die angebliche Firma mehrere Sitze hat. Das Geld aus dem Ausland wiederzubekommen, ist nahezu unmöglich, sagt Kriminalhauptkommissar Husch. Man sollte niemals mit jemand Anonymen ein Geschäft machen und nie vorher Geld überweisen – schon gar nicht ins Ausland, sagt er.
Statt eines Hauses haben die Meisners nun weniger Erspartes – müssen aber noch Schlimmeres befürchten. Denn sie haben nicht nur Geld übermittelt, sondern auch Kopien ihrer Ausweise. Der Betrüger hat ihnen als Vertrauensbeweis ebenso ein Ausweisbild von sich geschickt – vermutlich ein gestohlenes von demjenigen, den er zuvor übers Ohr gehauen hat. Haben Betrüger so eine Kopie einmal digital vorliegen, können sie diese leicht manipulieren, sagt Husch. Veronika oder Simon Meisners Ausweiskopie könnte also bald bei einer Polizeistation irgendwo in Europa landen – als Täterbild in einem Fall des Immobilienbetrugs.