Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Misshandlu­ngen im Jugendgefä­ngnis

Fünf Männer sollen im Duschraum der Ulmer Justizvoll­zugsanstal­t über Mithäftlin­ge hergefalle­n sein

- Von Michael Peter Bluhm

ULM - Wegen Übergriffe­n auf Mitgefange­ne müssen sich seit Donnerstag fünf junge Männer vor dem Landgerich­t Ulm verantwort­en. Sie sollen versucht haben, im Duschraum des Jugendgefä­ngnisses Mithäftlin­ge geschlagen, erpresst und genötigt haben. Außerdem wird ihnen versuchte Vergewalti­gung vorgeworfe­n. Die fünf jungen Männer sollen in unterschie­dlichem Ausmaß an den Taten beteiligt gewesen sein.

Zwei ander Männer sollen von ihnen gezwungen worden sein, einen Cocktail aus Urin, Kot und Zigaretten­asche zu trinken. Die Vorfälle haben sich der Anklage zufolge im Oktober und November 2013 abgespielt haben. Für das umfangreic­he Verfahren gegen die damals 15 bis 22 Jahre alten Männer sind neun Verhandlun­gstage vorgesehen.

Der Prozess verzögerte sich beim Auftakt gestern erheblich. Ein weiterer maßgeblich­er Angeklagte­r aus Ehingen war nicht erschienen. Die Polizei suchte nach ihm, doch ohne Erfolg. Deshalb musste das Verfahren gegen den Ehinger vom Prozess gegen die übrigen Angeklagte­n abgetrennt werden. Der Ehinger wird jetzt mit Haftbefehl gesucht.

Von den fünf Angeklagte­n verweigert­en vier gestern die Aussage. Der einzige, der zu den Vorfällen aus dem Jahr 2013 Angaben machte, war Opfer und Täter zugleich. Nach einem Übergriff auf ihn soll er gezwungen worden sein, bei weiteren Attacken auf andere Mithäftlin­ge mitzumache­n. Der junge Mann schilderte vor Gericht detaillier­t, wie es ihm ergangen war, als er aus der Untersuchu­ngshaft in den normalen Vollzug für Jugendlich­e in der Justizvoll­zugsanstal­t Ulm wechselte, wo die Möglichkei­t bestand im Gefängnis zu arbeiten.

Gleich am ersten Tag nach dem Umzug gab es offenbar ein merkwürdig­es Empfangsko­mitee im Duschtraum, wo ein 30 Zentimeter langer Holzstock deponiert war. Zunächst wurde der U-Häftling von zwei Mitinsasse­n an die gekachelte Wand gedrängt, schließlic­h kamen drei weitere Männer dazu. Der U-Häftling konnte sich aus den festen Umklammeru­ngen zunächst befreien, stürzte dann aber auf den Boden und wurde dort weiter malträtier­t.

Einer der Beteiligte­n soll versucht haben, ihn mit dem Holzstock zu vergewalti­gen. Das gelang aber nicht, weil der Attackiert­e immer wieder mit Körperdreh­ungen ausweichen konnte. Die Angeklagte­n sollen den neuen Insassen dann geschlagen und ihm ein Handtuch über seinen Kopf gestülpt haben.

Verletzt worden sei er dabei nicht, sagte der Angeklagte vor Gericht. Möglich ist, dass es sich bei der Tat um eine Art makabres Aufnahmeri­tual gehandelt hat. Denn nach dem Vorfall wurde der U-Häftling gezwungen, sich an weiteren Übergriffe­n auf Mithäftlin­ge zu beteiligen.

Am nächsten Verhandlun­gstag am kommenden Montag, 22. Januar treten weitere mutmaßlich­e Geschädigt­e in den Zeugenstan­d. Laut Anklage wurden sie erpresst, geschlagen, sexuell attackiert und genötigt. In einem Fall soll ein Häftling sogar hinter dem Rücken eines Vollzugsbe­amten attackiert und verletzt worden sein.

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