Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Bohnackers letzte Chance für Olympia
Westerheimer Skicrosser schafft Quali für Weltcup in Nakiska – Familie und Freunde fiebern zuhause mit
WESTERHEIM/NAKISKA - Olympia – ja oder nein? Für den Westerheimer Skicrosser Daniel Bohnacker geht es am heutigen Samstagabend ab 20 Uhr um das Größte, was ein deutscher Spitzensportler wohl erleben kann: die Teilnahme an Olympischen Spielen.
Denn dann startet in Nakiska (Kanada) der letzte Weltcup vor den Spielen in Pyeongchang (Südkorea). Dass er diese Chance noch hat, war am späten gestrigen Freitagabend noch nicht sicher. Er musste sich erst für die Endläufe qualifizieren. Doch das hat geklappt. 55 Skicrosser gingen an den Start. Mindestens Rang 32 war notwendig. Am Ende landete Bohnacker auf Rang 26. „Knapp, aber passt“, sagte Bruder Tobias Bohnacker, der den Quali-Lauf ständig über den Live-Ticker des Skiverbandes verfolgte.
Somit bleibt dem Sportsoldaten nun die letzte Möglichkeit gewahrt, sich für Olympia zu qualifizieren. Doch um das zu schaffen, braucht Bohnacker beim heutigen Weltcup eine Platzierung unter den besten Acht.
Bestes Saisonergebnis Rang 20
Ein Ergebnis, das der Skirennläufer des SC Gerhausen in dieser Saison noch nicht annähernd geschafft hat. Bestes Resultat war Rang 20 Mitte Dezember in Arosa (Schweiz). Dort fand jedoch nur das Qualirennen statt, der Weltcup musste wetterbedingt abgesagt werden. Vergangene Woche in Schweden war es am Ende Platz 22 nach einem jedoch ordentlichen neunten Rang in der Quali. Dementsprechend groß ist jetzt aber auch die Anspannung zuhause in Westerheim.
„Wir fiebern alle mit. Alle Freunde und Bekannte drücken ihm die Daumen“, sagt Daniels Mutter Doris Bohnacker. Aber sie weiß auch: Es wird nicht einfach für ihren Sohnemann: „Wenn es eben nicht läuft, kann man es aber auch nicht erzwingen.“
Sieben Wochen vor Saisonbeginn hatte sich der 27-Jährige bei einem Trainingssturz in Saas Fee (Schweiz) das vordere Kreuzband im rechten Knie angerissen. Für einen Start beim Auftakt Anfang Dezember in Val Thorens (Frankreich) entschied er sich erst kurzfristig eine Woche vorher. Am Ende reichte es mit Rang 35 im Vorlauf nicht für die Endläufe. Aber immerhin war er dabei mit der Gewissheit: Das Knie hält.
Doch dem Trainingsrückstand fährt er seither immer noch hinterher. „Das holt man auch nicht so schnell auf. Das sieht man deutlich“, sagt Mutter Doris. Auch Daniel Bohnacker selbst ist sich dessen bewusst.
Doch dann: das Aus
Denn wie schnell es gehen kann, zeigt der Fall von Bohnackers Kollegin, der deutschen Spitzen-Skicrosserin Heidi Zacher. Sie galt als sichere Anwärtern auf eine Medaille bei den Spielen in Pyeongchang. Bereits einen Weltcupsieg sowie weitere vier Podestplätze hatte die 29-Jährige eingefahren. Doch dann: das Aus. Ebenfalls im Training reißt das Kreuzbandriss im linken Knie.
Trotz der schwierigen Situation für ihren Sohn, hält sich Mutter Doris aber mit Ratschlägen zurück. „Wir haben aktuell keinen Kontakt“, sagt sie: „Das braucht er jetzt nicht. Da muss er alleine durch. Aber das macht er schon so lange.“Zudem habe er ein gutes Team immer bei den weiten Reisen dabei. Sollte „Bohne“, wie sie ihn nennen, aber dann doch – wider Erwarten – Unterstützung benötigen: „Das weiß er. Dann soll er auf uns zukommen.“
Die Qualifikation am Freitagabend und auch der Weltcup am Samstag wird natürlich live verfolgt – wie alle Weltcups ihres Skicrossers Daniel. Entweder per Stream im TV oder eben zumindest per Live-Ticker. „Das Potential hat er. Er ist ein Topfahrer“, sagt Mutter Doris: „Ich bin sehr nervös. Aber er kann es schaffen.“Noch nervöser dürfte Vater Hartmut sein. „Er ist der größte Fan von Daniel“, erählt sie und fügt gleich noch hinzu: „Ohne ihn wäre Daniel nicht da, wo er heute steht.“
Fußballer touren zum Weltcup
Doch nicht nur die Familie fiebert mit. Vor allem die Fußballer des SV Westerheim, wo Daniel zusammen mit seinem Bruder Florian und Tobias gerne auch mal gegen das runde Leder tritt, unterstützen ihn und versuchen, bei mindestens einem Weltcup ihres Kumpels vor Ort dabei zu sein. In diesem Jahr ging es nach Montafon: 20 „Bohne“-Fans tourten in die Schweiz, um ihn anzufeiern.
Allerdings war damit ziemlich schnell Schluss: Platz 51. „Da sah er dann ziemlich deprimiert aus“, erzählt Albert Goll, früherer Abteilungsleiter der Westerheimer Fußballer und langjähriger Weggefährte von Daniel Bohnacker. „Wir machen da immer ordentlich Stimmung. Dann rutscht dem Bohne auch wieder ein Lächeln übers Gesicht.“
Cool, clever und intelligent
Auch Goll ist – na klar – davon überzeugt, dass Bohnacker noch den Sprung zu Olympia schafft. „Ich traue ihm das immer noch zu“, sagt er über den 27-Jährigen: „Bohne ist cool, clever und interelligent.“Das helfe ihm beim Skicross, um den Kurs besser einschätzen zu können. „Ich glaube, dass er das packt.“