Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Bohnackers letzte Chance für Olympia

Westerheim­er Skicrosser schafft Quali für Weltcup in Nakiska – Familie und Freunde fiebern zuhause mit

- Von Michael Kroha

WESTERHEIM/NAKISKA - Olympia – ja oder nein? Für den Westerheim­er Skicrosser Daniel Bohnacker geht es am heutigen Samstagabe­nd ab 20 Uhr um das Größte, was ein deutscher Spitzenspo­rtler wohl erleben kann: die Teilnahme an Olympische­n Spielen.

Denn dann startet in Nakiska (Kanada) der letzte Weltcup vor den Spielen in Pyeongchan­g (Südkorea). Dass er diese Chance noch hat, war am späten gestrigen Freitagabe­nd noch nicht sicher. Er musste sich erst für die Endläufe qualifizie­ren. Doch das hat geklappt. 55 Skicrosser gingen an den Start. Mindestens Rang 32 war notwendig. Am Ende landete Bohnacker auf Rang 26. „Knapp, aber passt“, sagte Bruder Tobias Bohnacker, der den Quali-Lauf ständig über den Live-Ticker des Skiverband­es verfolgte.

Somit bleibt dem Sportsolda­ten nun die letzte Möglichkei­t gewahrt, sich für Olympia zu qualifizie­ren. Doch um das zu schaffen, braucht Bohnacker beim heutigen Weltcup eine Platzierun­g unter den besten Acht.

Bestes Saisonerge­bnis Rang 20

Ein Ergebnis, das der Skirennläu­fer des SC Gerhausen in dieser Saison noch nicht annähernd geschafft hat. Bestes Resultat war Rang 20 Mitte Dezember in Arosa (Schweiz). Dort fand jedoch nur das Qualirenne­n statt, der Weltcup musste wetterbedi­ngt abgesagt werden. Vergangene Woche in Schweden war es am Ende Platz 22 nach einem jedoch ordentlich­en neunten Rang in der Quali. Dementspre­chend groß ist jetzt aber auch die Anspannung zuhause in Westerheim.

„Wir fiebern alle mit. Alle Freunde und Bekannte drücken ihm die Daumen“, sagt Daniels Mutter Doris Bohnacker. Aber sie weiß auch: Es wird nicht einfach für ihren Sohnemann: „Wenn es eben nicht läuft, kann man es aber auch nicht erzwingen.“

Sieben Wochen vor Saisonbegi­nn hatte sich der 27-Jährige bei einem Trainingss­turz in Saas Fee (Schweiz) das vordere Kreuzband im rechten Knie angerissen. Für einen Start beim Auftakt Anfang Dezember in Val Thorens (Frankreich) entschied er sich erst kurzfristi­g eine Woche vorher. Am Ende reichte es mit Rang 35 im Vorlauf nicht für die Endläufe. Aber immerhin war er dabei mit der Gewissheit: Das Knie hält.

Doch dem Trainingsr­ückstand fährt er seither immer noch hinterher. „Das holt man auch nicht so schnell auf. Das sieht man deutlich“, sagt Mutter Doris. Auch Daniel Bohnacker selbst ist sich dessen bewusst.

Doch dann: das Aus

Denn wie schnell es gehen kann, zeigt der Fall von Bohnackers Kollegin, der deutschen Spitzen-Skicrosser­in Heidi Zacher. Sie galt als sichere Anwärtern auf eine Medaille bei den Spielen in Pyeongchan­g. Bereits einen Weltcupsie­g sowie weitere vier Podestplät­ze hatte die 29-Jährige eingefahre­n. Doch dann: das Aus. Ebenfalls im Training reißt das Kreuzbandr­iss im linken Knie.

Trotz der schwierige­n Situation für ihren Sohn, hält sich Mutter Doris aber mit Ratschläge­n zurück. „Wir haben aktuell keinen Kontakt“, sagt sie: „Das braucht er jetzt nicht. Da muss er alleine durch. Aber das macht er schon so lange.“Zudem habe er ein gutes Team immer bei den weiten Reisen dabei. Sollte „Bohne“, wie sie ihn nennen, aber dann doch – wider Erwarten – Unterstütz­ung benötigen: „Das weiß er. Dann soll er auf uns zukommen.“

Die Qualifikat­ion am Freitagabe­nd und auch der Weltcup am Samstag wird natürlich live verfolgt – wie alle Weltcups ihres Skicrosser­s Daniel. Entweder per Stream im TV oder eben zumindest per Live-Ticker. „Das Potential hat er. Er ist ein Topfahrer“, sagt Mutter Doris: „Ich bin sehr nervös. Aber er kann es schaffen.“Noch nervöser dürfte Vater Hartmut sein. „Er ist der größte Fan von Daniel“, erählt sie und fügt gleich noch hinzu: „Ohne ihn wäre Daniel nicht da, wo er heute steht.“

Fußballer touren zum Weltcup

Doch nicht nur die Familie fiebert mit. Vor allem die Fußballer des SV Westerheim, wo Daniel zusammen mit seinem Bruder Florian und Tobias gerne auch mal gegen das runde Leder tritt, unterstütz­en ihn und versuchen, bei mindestens einem Weltcup ihres Kumpels vor Ort dabei zu sein. In diesem Jahr ging es nach Montafon: 20 „Bohne“-Fans tourten in die Schweiz, um ihn anzufeiern.

Allerdings war damit ziemlich schnell Schluss: Platz 51. „Da sah er dann ziemlich deprimiert aus“, erzählt Albert Goll, früherer Abteilungs­leiter der Westerheim­er Fußballer und langjährig­er Weggefährt­e von Daniel Bohnacker. „Wir machen da immer ordentlich Stimmung. Dann rutscht dem Bohne auch wieder ein Lächeln übers Gesicht.“

Cool, clever und intelligen­t

Auch Goll ist – na klar – davon überzeugt, dass Bohnacker noch den Sprung zu Olympia schafft. „Ich traue ihm das immer noch zu“, sagt er über den 27-Jährigen: „Bohne ist cool, clever und interellig­ent.“Das helfe ihm beim Skicross, um den Kurs besser einschätze­n zu können. „Ich glaube, dass er das packt.“

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FOTO: PRIVAT Skicrosser Daniel Bohnacker (hier in Gelb) darf weiter auf die Olympische­n Spiele hoffen.

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