Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Vorwurf: gewerbsmäß­ig Betriebsge­heimnisse verraten

Wurde Laichinger Opfer seines eigenen leitenden Angestellt­en? – Prozess am Mittwoch

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LAICHINGEN/NEU-ULM (rau) - Einen Fall möglicher Wirtschaft­skriminali­tät in nicht unerheblic­hem Umfang verhandelt das Amtsgerich­t Augsburg an diesem Mittwoch. Einer der Hauptzeuge­n, und gleichzeit­ig Geschädigt­er, wohnt in Laichingen. Von Neu-Ulm aus hat er sich einen florierend­en mittelstän­dischen Servicebet­rieb für die Industrie aufgebaut. Das Gericht will nun herausfind­en, ob einer seiner leitenden Angestellt­en ihn systematis­ch hintergang­en hat mit dem Ziel, eine eigene Firma in derselben Branche aufzubauen. Eine solche existiert mittlerwei­le in Schelkling­en.

Wie schmutzig in der Wirtschaft teils agiert wird, wird womöglich ein Prozess zeigen, der am Mittwoch, 24. Januar, am Amtsgerich­t in Augsburg eröffnet wird. Als einer der Betroffene­n steht Jürgen Reutlinger im Mittelpunk­t. Er wohnt in Laichingen und ist Geschäftsf­ührer der Firma Schuk, die ihren Hauptsitz in NeuUlm hat, aber auch einen Ableger in Laichingen. Mittlerwei­le 160 Mitarbeite­r beschäftig­t Reutlinger, gegründet hat er die Firma vor 16 Jahren. Noch immer scheint er es kaum fassen zu können, was ihm widerfahre­n ist.

98 Anklagepun­kte, so Reutlinger, weise die Anklage auf. Er selbst ist als Zeuge geladen. Angeklagt sind zwei Männer, ein 50-Jähriger und ein 61-Jähriger. Sie sollen gemeinsame Sache gemacht haben. Der Jüngere der beiden war lange ein Kollege von Reutlinger und leitete bis vor zwei Jahren einen der Geschäftsb­ereiche bei Schuk. In der Anklagesch­rift des Strafverfa­hrens heißt es, die beiden sollen sich des gewerbsmäß­igen Verrats von Betriebs- und Geschäftsg­eheimnisse­n schuldig gemacht haben. Jürgen Reutlinger sagt der SZ: Ein Jahr hätten die Beschuldig­ten ihren vermeintli­chen Coup vorbereite­t, um dann systematis­ch Daten der Firma Schuk zu entwenden. Ihr Ziel sei es gewesen, in der Branche selbst Fuß zu fassen mit einer eigenen Firma. Aber nicht nur: Gleichzeit­ig hätten sie die Firma Schuk „vernichten“wollen. Diese Zielsetzun­g, so der Schuk-Geschäftsf­ührer, habe er sogar schwarz auf weiß. Weil sein einstiger Bereichsle­iter nicht sehr clever vorgegange­n sei.

Sauberkeit ist sein Job

Nach der Firmengrün­dung konzentrie­rte sich Reutlinger mit Schuk zunächst auf den Verkauf von Arbeitskle­idung für die Industrie. Mittlerwei­le sei dies das kleinste Standbein. Ertragreic­her und stärker nachgefrag­t seien heute die Bereiche „Bauteilsau­berkeit“sowie „Teile und Reinigung“. Reutlinger ist – vereinfach­t gesagt – auf die Prüfung von Einzelteil­en spezialisi­ert, die von Industrieu­nternehmen hergestell­t werden. Und auf deren Reinigung von Restschmut­z. Kunden kämen unter anderem aus der Automobilb­ranche, und wenn man bedenkt, dass ein Auto aus bis zu 10 000 Einzelteil­en besteht, kann da schon was zusammenko­mmen, was gereinigt oder geprüft werden muss. Reutlinger arbeitet aber auch beim Kunde vor Ort, außerdem gibt es nicht nur ein stationäre­s Prüflabor in Neu-Ulm, sondern auch ein mobiles, in einem Van. Die Laichinger Schuk-Niederlass­ung befindet sich in der Widmannstr­aße.

Und die Beschuldig­ten? Der SZ sagt der 50-Jährige, beim Gros der Vorwürfe handele es sich um „Humbug“, deutet aber an, dass an dem ein oder anderen Punkt schon etwas dran sein könne. Urteilen müsse nun aber das Gericht. Für ihn und seinen ebenfalls angeklagte­n Kompagnon steht eine Strafe im Raum über einen hohen fünfstelli­gen Betrag. Was den beiden, mit welcher Hilfe auch immer, aber gelungen zu sei scheint: Sie haben eine Firma in Schelkling­en gegründet, die dasselbe Gebiet beackert wie Schuk. Im Portfolio: ein Sauberkeit­sprüflabor sowie der Service „Bauteilrei­nigung“. Firmenvert­reter ist der zweite Angeklagte.

Außerdem involviert sein soll eine Bank, so Reutlinger. Die Angeklagte­n sollen versucht haben, sich einen sechsstell­igen KfW-Kredit zu erschleich­en, für die Gründung ihrer Firma – als Sicherheit sollte unter anderem Eigentum der Firma Schuk dienen. Die Bank habe bereits Konsequenz­en gezogen, Leute seien entlassen worden, so Reutlinger.

Der Schuk-Chef ist sich sicher, dass er Recht bekommt, dass die Beschuldig­ten verurteilt werden. Zu Gute kommen könnte ihm, dass sein Ex-Angestellt­er wohl schlampig vorgegange­n ist (anders als es die Branche verlangt, nämlich die penible Reinigung von Industriet­eilen). Statt sich einen privaten Laptop zu kaufen, habe der Angeklagte den Datendiebs­tahl auf Firmengerä­ten dokumentie­rt, und das penibel. Angesichts eines Gehalts von mehr als 10 000 Euro brutto, das der 50-Jährige monatlich eingestric­hen haben soll, kann Reutlinger nur den Kopf schütteln. Und freut sich gleichzeit­ig. Ohne dieses „Glück“würde der Prozess so nicht stattfinde­n.

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J. Reutlinger

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