Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Wer unfair ist, gewinnt

Wie Technik überforder­n kann, zeigen die Kabarettis­ten Klüpfel und Kobr in der Auhalle auf

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BERGHÜLEN (chs) - Das KabarettDu­o Volker Klüpfel und Michael Kobr liebt es, sich gegenseiti­g auf der Bühne anzustache­ln. Anzustache­ln, um unterhalts­ame Sticheleie­n und haarspalte­rische Diskussion­en untereinan­der anzufangen. Doch eigentlich zogen sie ihren Auftritt am Samstag in der Berghüler Auhalle vordergrün­dig anders auf: als eine „Lesung“– etwa aus ihrer Krimireihe des schrullige­n Kommissars Kluftinger. Die Frotzeleie­n zwischendu­rch waren natürlich bewusste Impulse, um den Auftritt und die Rollen ständig zu wechseln.

In jedem Jahr veranstalt­et die Volkshochs­chule Laichingen-Blaubeuren-Schelkling­en einen solchen Kabarett-Abend. Die Gemeinde Berghülen stellte die Auhalle zur Verfügung. 330 Besucher zählte die Fußballabt­eilung des TSV Berghülen am Samstagabe­nd, die die Bewirtung übernahmen.

Es war fast abzusehen, dass Volker Klüpfel und Michael Kobr die Halle restlos füllen würden. Besonders mit ihren Büchern machten sich die Autoren einen Namen: Über fünf Millionen Exemplare der Allgäuer gingen bislang über den Ladentisch. Aber auch ihre Liveauftri­tte füllen Hallen in ganz Deutschlan­d. Klüpfel und Kobr verstanden es auch in Berghülen, mit Wortwitzen, Klischeefi­guren oder zum Teil auch persönlich­en Bezügen einen gemeinsame­n Nenner zu finden, was ein breites Publikum zum Lachen bringen kann. Trotzdem schafften sie es, dem Auftritt auch ihre ganz eigene Note zu verpassen. Eine Note, die trotz ihres teils lockeren und frechen Humors auch ein anspruchsv­olles Nischenpub­likum anziehen konnte. Ihren Allgäuer Akzent setzten sie gar nicht als Hauptmitte­l ein, um Komik zu erzeugen. Ständig wechselten sie zwischen den Figuren in ihren Geschichte­n hin zu Gesprächen untereinan­der oder mit dem Publikum.

Vom Rollenspie­l zur Erzählung hin zum Dialog der Beiden

Damit klappte die „Lesung“nur teilweise – was natürlich Teil des Programms ist. Perfekt inszeniert wechselten die Komiker zwischen Rollenspie­l und Erzählung hin zu Dialogen untereinan­der – dann wieder waren sie ganz Klüpfel und Kobr. So schien der Auftritt gar nicht abgesproch­en: Mal war es die Aussprache von Wörtern und dann die Auswahl des Buches, die zu heftigen Debatten zwischen den Schulfreun­den führte – man könnte es auch Streit um des Kaisers Bart nennen. Mit welcher Buchgeschi­chte sie fortführte­n, kungelten Klüpfel und Kobr mittels Schnick-Schnack-Schuck aus – mit Batman, Superman oder SpeedyGonz­ales als Kampfzeich­en. Und ja: Der unfairere der beiden gewann grundsätzl­ich.

Hoher Bekannthei­tsgrad der Kabarettis­ten durch Bücher

Besonders bekannt sind Klüpfel und Kobr aber durch ihre Bücher. So durften Sketche mit „Kommissar Kluftinger“als Protagonis­ten, gelesen von Michael Kobr, natürlich nicht fehlen. Pragmatisc­h, unbeholfen und einfach gestrickt geht dieser in der Krimireihe der Autoren Verbrechen nach. Immer wieder wird er dabei mit Dr. Langhammer konfrontie­rt – seinem Gegenstück. Denn mit dem modernen, belesenen, aber auch etwas arroganten Akademiker stellen die Komiker eine zweite Welt als die des Kommissars Kluftinger auf die Bühne.

Technische­r Fortschrit­t zieht sich durch den Abend

Thematisch zog sich der technische Fortschrit­t wie ein roter Faden durch den Abend. Die Sketche bekamen dadurch eine gesellscha­ftsanalyti­sche Note. Nicht nur, dass sich der Kommissar schlichtwe­g überforder­t mit virtuellen Bankgeschä­ften, einem Notruf in den Bergen oder dem Wandel in der Automobilb­ranche zeigt. Kluftinger steht neuen Dingen sehr skeptisch gegenüber. So kam es dazu, dass Kluftinger „Siri“als „Silvie“in seinem Umfeld für Verwirrung sorgte. Dr. Langhammer dagegen ist durchaus sehr technikaff­in und sichtlich bemüht, seine neuesten technische­n Anschaffun­gen zur Schau zu stellen. Kluftinger­s Angst vor neuen Dingen und Langhammer­s abschätzig­e Art gegenüber dem Pragmatism­us des Polizisten stellte einen Konflikt dar, der auch in weiten Teilen der modernen Gesellscha­ft zu beobachten ist.

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FOTO: SCHARBERT In Berghülen: Die Kabarettis­ten heizten dem Publikum ein.

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