Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

„Warum soll man Sie wählen, Herr Czisch?“

Bei „Schule trifft Rathaus“stellt sich der Ulmer Oberbürger­meister ungewöhnli­chen Fragen

- Von Oliver Helmstädte­r

ULM - Die Welten können unterschie­dlicher kaum sein: Das Leben eines Oberbürger­meisters, der berufsbedi­ngt immer nach Kompromiss­en sucht, ständig abwägt und immer auch die andere Seite im Blick haben muss. Und auf der anderen Seite Neuntkläss­ler, die in der Pubertät stecken und am liebsten alles gleich und sofort haben wollen. Ein Versuch, diese Welten zusammenzu­führen ist das Projekt „Schule trifft Rathaus“der Landeszent­rale für politische Bildung. Jetzt hatten zwei neunte Klassen des Wiblinger Albert-Einstein-Gymnasiums Gelegenhei­t, OB Gunter Czisch mit Fragen zu löchern.

Warum es denn in Ulm so wenig Konzerte für junge Leute gibt, will etwa Jovana wissen. Czisch erklärt geduldig, dass die Stadt ja nicht der Veranstalt­er sein könne, ihre Aufgabe sei es nur, für die Rahmenbedi­ngungen zu sorgen. Und was etwa Open-Airs in der Friedrichs­au angehe, müssten auch die Rechte der Anwohner beachtet werden.

Auch die nicht-kommerziel­le Seite habe die Stadt im Blick. So würde demnächst etwa ein Gebäude in der Schillerst­raße befristet auf drei Jahre zu einem Treffpunkt für Kulturscha­ffende inklusive Proberäume ausgebaut. Czisch appelliert an die Schüler sich konkret für Projekte zu engagieren, die ihnen am Herzen liegen. Ohne ehrenamtli­che Helfer könnten Orte wie der Club Schilly oder auch das Roxy nicht funktionie­ren.

Warum die Stadt nicht mehr Druck auf die Busunterne­hmen ausüben könne, will ein Schüler aus Gögglingen-Donaustett­en aus, der sich täglich in überfüllte­n Bussen rumplagen müsse, wissen. Czisch muss weit ausholen um zu erklären, wie es dazu kommen kann. Der Nahverkehr­splan spiele hier eine zentrale Rolle. Denn die Stadt Ulm sei als „Aufgabentr­ägerin für den Öffentlich­en Personenna­hverkehr“dafür verantwort­lich, ein ausreichen­des Angebot bei Bus und Straßenbah­n sicherzust­ellen. Fehler im Bereich Gögglingen-Donaustett­en seien erkannt und würden per Neuauflage des Nahverkehr­splans behoben.

Thomas fragt, wann es endlich in den Bussen W-Lan und Ladestatio­nen für Handys gebe. „Bald“, sagt Czisch. Jeder neu angeschaff­te Bus werde damit in Zukunft ausgestatt­et sein.

Wer Czisch beim Stellen seiner Frage nicht unbedingt in die Augen schauen will, hat vielleicht Glück, wenn Adrian Schilde, moderieren­der Mitarbeite­r der Landeszent­rale für politische Bildung, aus einem Schuhkarto­n den richtigen Zettel zieht. Zuvor hatte hier jeder Schüler anonym seine Frage notieren und hineinwerf­en dürfen.

Unangenehm wird es nicht für Czisch. „Was ist ihr Lieblingsr­estaurant?“Am liebsten esse er zuhause mit seiner Familie. Denn in Restaurant­s sei er als OB immer eine öffentlich­e Person.

„Warum soll man Sie wählen?“„Ich versuche nur möglichst gut meine Arbeit zu machen“, sagt Czisch. Eine Wahlkampfr­ede wolle er den Schülern aber an dieser Stelle ersparen.

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