Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Merklinger Exponate werden in Ulm gezeigt
Ausstellung „41 Minuten – auf archäologischem Gleis über die Schwäbische Alb“im Museum Ulm zeigt heimische Exponate
MERKLINGEN/NELLINGEN/ULM (sz) - In der Ausstellung „41 Minuten – auf archäologischem Gleis über die Schwäbische Alb“im Museum Ulm sind auch Exponate aus den Gemeinden Merklingen und Nellingen zu sehen. So finden Besucher Buntmetallmünzen, die in Merklingen entdeckt wurden, oder auch über 6000 Schuhnägel, die im Raum Nellingen gefunden wurden. All die Zeitzeugen werden noch bis zum 8. April in der Sonderausstellung im Ulmer Museum gezeigt.
MERKLINGEN/ NELLINGEN/ULM Ein keltischer Münzschatz und tausende von römischen Schuhnägeln, die Entdeckung eines Heiligtums und einem dazugehörigen Gräberfeld – im Zuge der Bauarbeiten an der Schnellbahnstrecke Stuttgart-Ulm und dem parallelen Ausbau der Autobahn 8 auf sechs Spuren hat auch das Landesamt für Denkmalpflege Archäologen auf das Baugelände ausgesandt. Was ihre Ausgrabungen erbrachten, kann noch bis zum 8. April in der Sonderausstellung „41 Minuten – auf archäologischem Gleis über die Schwäbische Alb“im Museum Ulm bestaunt werden.
Fundstücke aus sieben Jahrtausenden, von der Jungsteinzeit bis ins Hochmittelalter: Die Ausstellung verspricht dem Besucher einzigartige Einblicke in die Besiedlungsgeschichte der Schwäbischen Alb und nimmt ihn mit auf eine imaginäre Reise entlang der Neubaustrecke von Ulm nach Stuttgart. 41 Minuten – das entspricht der künftigen Fahrtzeit eines Regionalzugs auf dieser Strecke.
Jede der insgesamt elf Austellungsinseln stellt einen der Ausgrabungsorte dar und zeigt die spannendsten Funde aus der jeweiligen Epoche. Außerdem können die Besucher mithilfe eines Films die Arbeit der Archäologen nachvollziehen und beobachten, wie diese während der Ausgrabungszeit von 2010 bis 2016 immer wieder auf unerwartete Funde gestoßen sind.
So zum Beispiel in Merklingen: Hier kam bei Trassengrabungen ein kleiner Hort mit keltischen Silbermünzen zutage. Diese wurden einzeln und über eine größere Fläche verstreut gefunden, was nahelegt, dass die insgesamt 42 Münzen bereits beim Autobahnbau in den 1930er-Jahren durch Erdbewegungen erfasst und danach vom Pflug weiter verstreut wurden. Bei den Münzen handelt es sich um sogenannte „Büschelquinare“, die aus massivem Silber bestehen und bisher vornehmlich in Bayern und in der Schweiz gefunden wurden. Sie werden auf das zweite bis erste Jahrhundert vor Christus datiert.
Keltisches Gehöft gefunden
Auch ein keltisches Gehöft, ein Gutshof und ein römisches Heiligtum samt Gräberfeld wurden in Merklingen gefunden. Bereits 1910 hatte der Gutshof im Waldstück Banwald die Aufmerksamkeit der archäologischen Forschung auf sich gezogen. Damals wurden jedoch nur die oberflächlich sichtbaren Mauerreste zeichnerisch vermerkt. 100 Jahre nach der Entdeckung fanden dann erstmals systematische archäologische Untersuchungen im Trassenbereich statt. Im Heiligtum wurde Fundmaterial aus dem späten zweiten und dem frühen dritten Jahrhundert nach Christus gefunden.
Darunter waren Buntmetallmünzen, einige davon mit Prägungen von Kaiser Hadrian (117 bis 138 n. Chr.), außerdem ein schwer beschädigtes Steinrelief mit der Darstellung der Göttin Fortuna. Das römische Brandgräberfeld befindet sich etwa 400 Meter nördlich des Gutshofs. Die Toten wurden vermutlich mit ihren Beigaben auf einen Holzstapel gebettet verbrannt, nach Erkalten der Überreste wurden die Knochenreste mit den teilweise verbrannten Beigaben herausgelesen und auf dem Friedhof bestattet. In den Gräbern wurden einige Beigaben gefunden – Teller, Schüsseln und Becher aus Keramik, aber auch Glasgefäße und Metallgegenstände.
Reste eines Gürtels
Zu den besonderen Grabfunden gehören die Reste eines Gürtels: Zwei gut erhaltene, identische Beschläge, die eine Jagdszene darstellen: ein Hund verfolgt einen Hasen. Solche Gürtelbeschläge mit Tierszenen sind im späten zweiten und dritten Jahrhundert nach Christus. zu finden.
In einem weiteren Grab fanden die Archäologen ein interessantes Gefäß: eine 30 Zentimeter hohe Flasche mit der Inschrift „Perra“. Hierbei könnte es sich um die Eigentumskennzeichnung einer Frau namens Perra handeln, die aufgrund ihres Namens vermutlich aus Gallien stammte. Die im Grab gefundenen Reste von Eisenobjekten gehörten vermutlich zu einer Holztruhe, die der Verstorbenen ins Jenseits mitgegeben wurde.
Auch in Nellingen wurden einige interessante Funde gemacht. Auf der Flur Eisbild, zirka 2,5 Kilometer südlich von Nellingen, wurde ein unbekannter römischer Weg gefunden. Die Flächenüberprüfung mit der Metallsonde, die systematische Absuchung und der schrittweise Bodenabtrag im Bereich Rasthof Aichen erbrachten über 6000 Schuhnägel, deren Lage den Ausschnitt eines römischen Straßenabschnitts wiedergeben. Des Weiteren wurden dort eine eiserne Lanzenspitze, Münzen und ein römischer Treibstachel gefunden. Die Nägel stammen von römischen Schuhen mit genagelten Sohlen, wobei sich wohl zwischen 90 und 100 Nägel auf der Sohle eines Erwachsenen befanden.
Einzelne Nägel gingen immer wieder verloren und eignen sich damit hervorragend zur Rekonstruktion von römischen Marschrouten. Überdies wurde eine kleinere germanische Ansiedlung mit Wohnhäusern und Nebengebäuden in Nellingen entdeckt, die aus zwei bis drei Gehöften bestand.
Durch die Ausgrabungen wurde auch ein weiterer Teil der Alb-Limes-Straße entdeckt. Diese ist zwar bekannt und teilweise auch heute noch erkennbar, in einigen Abschnitten aber noch nicht genau lokalisiert. So wurde zwar vermutet, dass sich zwischen Westerheim und Hohenstadt ein Abschnitt der Straße befindet, archäologisch war dies aber noch nicht verifiziert.
Bestätigung bei Bauarbeiten
Im Zuge der Bauarbeiten bestätigte sich die Vermutung: Etwa ein Kilometer südöstlich von Hohenstadt wurde ein sechs Meter breiter, etwa 30 Meter langer steinerner Straßendamm freigelegt. Auch hier wurden Schuhnägel gefunden. Weiterhin wurden in Hohenstadt mehrere Gebäudegrundrisse gefunden, bei denen es sich wohl um eine größere Siedlung aus der Bronzezeit handelt. Proben aus Holzkohleresten der Pfostenbauten wurden miteinander verglichen und datieren die Bauten auf einen Zeitraum um 2100 bis 1750 v. Chr., und auch die Bautradition der Langhäuser passt in das 18. Jahrhundert v. Christus.
Die Öffnungszeiten sind täglich von 11 bis 17 Uhr (außer montags), Donnerstag 11 bis 20 Uhr.