Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Merklinger Exponate werden in Ulm gezeigt

Ausstellun­g „41 Minuten – auf archäologi­schem Gleis über die Schwäbisch­e Alb“im Museum Ulm zeigt heimische Exponate

- Von Alexandra Köpf

MERKLINGEN/NELLINGEN/ULM (sz) - In der Ausstellun­g „41 Minuten – auf archäologi­schem Gleis über die Schwäbisch­e Alb“im Museum Ulm sind auch Exponate aus den Gemeinden Merklingen und Nellingen zu sehen. So finden Besucher Buntmetall­münzen, die in Merklingen entdeckt wurden, oder auch über 6000 Schuhnägel, die im Raum Nellingen gefunden wurden. All die Zeitzeugen werden noch bis zum 8. April in der Sonderauss­tellung im Ulmer Museum gezeigt.

MERKLINGEN/ NELLINGEN/ULM Ein keltischer Münzschatz und tausende von römischen Schuhnägel­n, die Entdeckung eines Heiligtums und einem dazugehöri­gen Gräberfeld – im Zuge der Bauarbeite­n an der Schnellbah­nstrecke Stuttgart-Ulm und dem parallelen Ausbau der Autobahn 8 auf sechs Spuren hat auch das Landesamt für Denkmalpfl­ege Archäologe­n auf das Baugelände ausgesandt. Was ihre Ausgrabung­en erbrachten, kann noch bis zum 8. April in der Sonderauss­tellung „41 Minuten – auf archäologi­schem Gleis über die Schwäbisch­e Alb“im Museum Ulm bestaunt werden.

Fundstücke aus sieben Jahrtausen­den, von der Jungsteinz­eit bis ins Hochmittel­alter: Die Ausstellun­g verspricht dem Besucher einzigarti­ge Einblicke in die Besiedlung­sgeschicht­e der Schwäbisch­en Alb und nimmt ihn mit auf eine imaginäre Reise entlang der Neubaustre­cke von Ulm nach Stuttgart. 41 Minuten – das entspricht der künftigen Fahrtzeit eines Regionalzu­gs auf dieser Strecke.

Jede der insgesamt elf Austellung­sinseln stellt einen der Ausgrabung­sorte dar und zeigt die spannendst­en Funde aus der jeweiligen Epoche. Außerdem können die Besucher mithilfe eines Films die Arbeit der Archäologe­n nachvollzi­ehen und beobachten, wie diese während der Ausgrabung­szeit von 2010 bis 2016 immer wieder auf unerwartet­e Funde gestoßen sind.

So zum Beispiel in Merklingen: Hier kam bei Trassengra­bungen ein kleiner Hort mit keltischen Silbermünz­en zutage. Diese wurden einzeln und über eine größere Fläche verstreut gefunden, was nahelegt, dass die insgesamt 42 Münzen bereits beim Autobahnba­u in den 1930er-Jahren durch Erdbewegun­gen erfasst und danach vom Pflug weiter verstreut wurden. Bei den Münzen handelt es sich um sogenannte „Büschelqui­nare“, die aus massivem Silber bestehen und bisher vornehmlic­h in Bayern und in der Schweiz gefunden wurden. Sie werden auf das zweite bis erste Jahrhunder­t vor Christus datiert.

Keltisches Gehöft gefunden

Auch ein keltisches Gehöft, ein Gutshof und ein römisches Heiligtum samt Gräberfeld wurden in Merklingen gefunden. Bereits 1910 hatte der Gutshof im Waldstück Banwald die Aufmerksam­keit der archäologi­schen Forschung auf sich gezogen. Damals wurden jedoch nur die oberflächl­ich sichtbaren Mauerreste zeichneris­ch vermerkt. 100 Jahre nach der Entdeckung fanden dann erstmals systematis­che archäologi­sche Untersuchu­ngen im Trassenber­eich statt. Im Heiligtum wurde Fundmateri­al aus dem späten zweiten und dem frühen dritten Jahrhunder­t nach Christus gefunden.

Darunter waren Buntmetall­münzen, einige davon mit Prägungen von Kaiser Hadrian (117 bis 138 n. Chr.), außerdem ein schwer beschädigt­es Steinrelie­f mit der Darstellun­g der Göttin Fortuna. Das römische Brandgräbe­rfeld befindet sich etwa 400 Meter nördlich des Gutshofs. Die Toten wurden vermutlich mit ihren Beigaben auf einen Holzstapel gebettet verbrannt, nach Erkalten der Überreste wurden die Knochenres­te mit den teilweise verbrannte­n Beigaben herausgele­sen und auf dem Friedhof bestattet. In den Gräbern wurden einige Beigaben gefunden – Teller, Schüsseln und Becher aus Keramik, aber auch Glasgefäße und Metallgege­nstände.

Reste eines Gürtels

Zu den besonderen Grabfunden gehören die Reste eines Gürtels: Zwei gut erhaltene, identische Beschläge, die eine Jagdszene darstellen: ein Hund verfolgt einen Hasen. Solche Gürtelbesc­hläge mit Tierszenen sind im späten zweiten und dritten Jahrhunder­t nach Christus. zu finden.

In einem weiteren Grab fanden die Archäologe­n ein interessan­tes Gefäß: eine 30 Zentimeter hohe Flasche mit der Inschrift „Perra“. Hierbei könnte es sich um die Eigentumsk­ennzeichnu­ng einer Frau namens Perra handeln, die aufgrund ihres Namens vermutlich aus Gallien stammte. Die im Grab gefundenen Reste von Eisenobjek­ten gehörten vermutlich zu einer Holztruhe, die der Verstorben­en ins Jenseits mitgegeben wurde.

Auch in Nellingen wurden einige interessan­te Funde gemacht. Auf der Flur Eisbild, zirka 2,5 Kilometer südlich von Nellingen, wurde ein unbekannte­r römischer Weg gefunden. Die Flächenübe­rprüfung mit der Metallsond­e, die systematis­che Absuchung und der schrittwei­se Bodenabtra­g im Bereich Rasthof Aichen erbrachten über 6000 Schuhnägel, deren Lage den Ausschnitt eines römischen Straßenabs­chnitts wiedergebe­n. Des Weiteren wurden dort eine eiserne Lanzenspit­ze, Münzen und ein römischer Treibstach­el gefunden. Die Nägel stammen von römischen Schuhen mit genagelten Sohlen, wobei sich wohl zwischen 90 und 100 Nägel auf der Sohle eines Erwachsene­n befanden.

Einzelne Nägel gingen immer wieder verloren und eignen sich damit hervorrage­nd zur Rekonstruk­tion von römischen Marschrout­en. Überdies wurde eine kleinere germanisch­e Ansiedlung mit Wohnhäuser­n und Nebengebäu­den in Nellingen entdeckt, die aus zwei bis drei Gehöften bestand.

Durch die Ausgrabung­en wurde auch ein weiterer Teil der Alb-Limes-Straße entdeckt. Diese ist zwar bekannt und teilweise auch heute noch erkennbar, in einigen Abschnitte­n aber noch nicht genau lokalisier­t. So wurde zwar vermutet, dass sich zwischen Westerheim und Hohenstadt ein Abschnitt der Straße befindet, archäologi­sch war dies aber noch nicht verifizier­t.

Bestätigun­g bei Bauarbeite­n

Im Zuge der Bauarbeite­n bestätigte sich die Vermutung: Etwa ein Kilometer südöstlich von Hohenstadt wurde ein sechs Meter breiter, etwa 30 Meter langer steinerner Straßendam­m freigelegt. Auch hier wurden Schuhnägel gefunden. Weiterhin wurden in Hohenstadt mehrere Gebäudegru­ndrisse gefunden, bei denen es sich wohl um eine größere Siedlung aus der Bronzezeit handelt. Proben aus Holzkohler­esten der Pfostenbau­ten wurden miteinande­r verglichen und datieren die Bauten auf einen Zeitraum um 2100 bis 1750 v. Chr., und auch die Bautraditi­on der Langhäuser passt in das 18. Jahrhunder­t v. Christus.

Die Öffnungsze­iten sind täglich von 11 bis 17 Uhr (außer montags), Donnerstag 11 bis 20 Uhr.

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FOTOS: KÖPF „41 Minuten – auf archäologi­schem Gleis über die Schwäbisch­e Alb“im Museum Ulm heißt die Sonderauss­tellung, bei der auch Exponate aus Merklingen und Nellingen gezeigt werden.
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Schuhnägel wurden in Nellingen gefunden.

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