Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Eine folgenschwere Entgleisung
Im Ulmer Hauptbahnhof springt ein Triebwagen aus den Schienen und sorgt stundenlang für Chaos im Bahnverkehr - Fahrgäste gehen in die Irre
ULM - Ein leerer Triebzug ist am Samstagmittag im Ulmer Hauptbahnhof entgleist und hat damit den Bahnverkehr in der Region erheblich durcheinander gebracht. Nach Weißenhorn ging teilweise gar nichts mehr, die Züge fielen komplett aus.
Kurz nach halb ein Uhr mittags rangierte nach Angaben der Polizei ein Lokführer zwei miteinander gekuppelte zweiteilige Triebzüge im östlichen Gleisbereich. Geplant war, dass der Zug kurz darauf von Ulm nach Weißenhorn fahren sollte. Unterhalb der Zinglerbrücke rollte das Gespann über eine Weiche, die sich umstellte, während der Zug sie passierte. Von den drei Drehgestellen eines Zuges entgleiste eine Achse. Dadurch war eine Weiterfahrt unmöglich. Fahrgäste waren während der Rangierarbeiten nicht an Bord, es wurde daher auch niemand verletzt.
Ungünstig war der Ort der Entgleisung, denn über diesen Bereich mit mehreren Weichen wird von Ulm aus nicht nur die Strecke über Neu-Ulm nach Weißenhorn sowie nach Memmingen und ins Allgäu geführt, sondern auch die Route Erbach-Friedrichshafen. Abfahrten aus Ulm waren damit nicht mehr möglich, nur noch die Züge, die von NeuUlm weiter in Richtung Augsburg fahren oder von dort kommen, konnten die Unfallstelle passieren.
Mit einem in Ulm stationierten Hilfszug kamen Fachleute zur Unfallstelle. Da die entgleiste Achse nicht nur auf den Schienenkopf aufgelaufen war, sondern auf der Schienenaußenseite abgerutscht war, musste das entgleiste Drehgestell aufwändig angehoben werden.
Die Arbeiten dauerten bis 23 Uhr in der Nacht.
Während der zehnstündigen Bergungsarbeiten musste die Bahn einen umfangreichen Ersatzverkehr organisieren. 92 Züge fielen zwischen Ulm und Erbach sowie zwischen Ulm und Neu-Ulm aus. Durch die Sperrung kam es bei 31 weiteren Zügen zu Verspätungen.
Die vielen Fahrgäste am ersten Samstag der Winterferien wurden zum Großteil mit Bussen befördert, die zwischen Ulm und Erbach pendelten. Alle Züge vom Bodensee endeten in Erbach und fuhren von dort wieder zurück in den Süden. Die Züge nach Weißenhorn fielen aus.
Ab Senden ging es bis Neu-Ulm weiter mit den Zügen, die aus dem Allgäu kamen. In Neu-Ulm musste wieder umgestiegen werden, entweder in Stadtbusse oder in Nahverkehrszüge, die von Günzburg kamen und nach Ulm weiterfuhren.
Immer wieder tauchten verärgerte Reisende am Busbahnhof auf. Ständige Durchsagen auf den Bahnsteigen informierten über die Ersatzbusse zwischen Ulm und Erbach. Da Ortsfremde nicht wissen konnten, dass es über Erbach nur an den Bodensee geht, aber nicht ins Allgäu, schleppten sie ihr Gepäck an den Busbahnhof.
Dort standen zwei geduldige Bahnmitarbeiter bereit, die jeden einzelnen Fahrgast ansprachen und Hilfestellung gaben. Viele mussten dann wieder zurück in den Bahnhof, um dort in Nahverkehrszüge nach Neu-Ulm zu steigen, von dort ging es dann weiter ins Allgäu. Der ungewöhnliche Fall, dass gleich zwei Bahnstrecken blockiert waren und nicht oft genug auch die Fernziele bekanntgeben wurden, führte zu viel unnötigem Fußmarsch und zu verpassten Zügen.