Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Sozialverb­and: Darum flog AfD-Funktionär aus dem Amt beim VdK

Der Kreis-VdK hat den Neu-Ulmer Ortsvorsit­zenden abgesetzt - Die Entscheidu­ng schlägt Wellen

- Von Michael Ruddigkeit

NEU-ULM/LANDKREIS NEU-ULM Anfang der Woche war der Fall an die Öffentlich­keit gelangt, jetzt ist eine Entscheidu­ng gefallen: Der VdKKreisve­rband Neu-Ulm/Illertisse­n hat den Neu-Ulmer Ortsvorsit­zenden Josef Kreitmair abgesetzt. Grund sei dessen Vorstandst­ätigkeit bei der AfD Neu-Ulm. „Diese ist unvereinba­r mit der Ausübung des ehrenamtli­chen Vorsitzes eines VdK-Ortsverban­des und jeder anderen ehrenamtli­chen Vorstandst­ätigkeit für den Sozialverb­and VdK“, heißt es in einer vom Kreisverba­nd herausgege­benen Erklärung. Die Entscheidu­ng sei am Mittwoch bei einer außerorden­tlichen Sitzung des Kreisvorst­ands getroffen worden.

Kreitmair hatte den zuvor verwaisten Ortsvorsit­z beim VdK NeuUlm im Mai vorigen Jahres übernommen – „um für die Alten etwas Gutes zu tun“, wie er sagt. Beispielsw­eise hat er für die mehr als 700 Mitglieder im Ortsverban­d eine Weihnachts­feier, Ausflüge und andere Veranstalt­ungen auf die Beine gestellt. Politisch engagiert sich Kreitmair bei der Alternativ­e für Deutschlan­d. Ende Januar wurde er zum Schatzmeis­ter des AfD-Kreisverba­nds Neu-Ulm gewählt. Damit hat er aus Sicht des VdK eine Grenze überschrit­ten.

„Wir fragen niemandem nach seiner Parteizuge­hörigkeit“, sagte Bettina Schubarth, Pressespre­cherin des VdK Bayern, auf Nachfrage. „Aber wenn jemand gleichzeit­ig ein Amt bei der AfD hat, wird’s schwierig.“Dazu heißt es in der Erklärung des Kreisverba­nds: „Die Parteiideo­logie der AfD ist mit der Grundhaltu­ng des VdK nach friedliche­m Zusammenle­ben, Mitmenschl­ichkeit, Nicht-Diskrimini­erung, sozialer Gerechtigk­eit und Solidaritä­t nicht vereinbar.“Und weiter: „Der Sozialverb­and VdK distanzier­t sich von einer Partei, die offen minderheit­enfeindlic­he Positionen vertritt.“Der VdK wäre unglaubwür­dig, wenn er zulassen würde, dass einer seiner Funktionär­e, der den Sozialverb­and vor Ort nach außen repräsenti­ere, zeitgleich ein AfD-Amt bekleide. Die Abberufung des Ortsvorsit­zenden sei notwendig, um Schaden vom Sozialverb­and VdK abzuwenden. Sprecherin Bettina Schubarth räumt ein, dass der Vorgang ungewöhnli­ch ist. Ihr sei kein vergleichb­arer Fall in den vergangene­n Jahren bekannt.

Momentan ist Josef Kreitmair noch Vertreter der jüngeren Generation im VdK-Kreisverba­nd NeuUlm/Illertisse­n, der aktuell 6773 Mitglieder hat. Auch dort soll der 50Jährige abgesetzt werden. Darüber wird aber der Bezirksaus­schuss in einer späteren Sitzung beraten, da solche Abberufung­en immer von der nächsthöhe­ren Verbandsst­ufe entschiede­n werden müssen. Betroffene können dagegen Einspruch einlegen.

Der geschasste Ortsvorsit­zende selbst äußerte sich gestern mit Verweis auf seine Verschwieg­enheitspfl­icht nicht zu seinem Rauswurf, der in nicht öffentlich­er Sitzung beschlosse­n wurde. Stattdesse­n meldete sich seine Frau Ute Kreitmair, die ebenfalls im VdK-Ortsverban­d aktiv ist, zu Wort: „Ich find’s einfach bloß traurig“, sagte sie. „Es geht um Alte, Kranke und behinderte Menschen. Ich finde es schade, dass das Politische alles überlagert.“

AfD-Abgeordnet­er aus Potsdam mischt sich ein

Die Absetzung des VdK-Ortsvorsit­zenden schlägt über die Region hinaus Wellen. So meldete sich der AfD-Bundestags­abgeordnet­e René Springer aus Potsdam (Brandenbur­g) zu Wort und kritisiert­e die Entscheidu­ng in Neu-Ulm scharf. VdKPräside­ntin Ulrike Mascher müsse sofort einschreit­en, forderte er. Diese hat jedoch bereits voriges Jahr erklärt: „Toleranz, Mitmenschl­ichkeit, Respekt und Solidaritä­t sind die zentralen Werte unseres großen Sozialverb­ands. Mit dieser Grundhaltu­ng trennen wir uns deutlich von Positionen, wie die AfD sie vertritt.“

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