Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Sozialverband: Darum flog AfD-Funktionär aus dem Amt beim VdK
Der Kreis-VdK hat den Neu-Ulmer Ortsvorsitzenden abgesetzt - Die Entscheidung schlägt Wellen
NEU-ULM/LANDKREIS NEU-ULM Anfang der Woche war der Fall an die Öffentlichkeit gelangt, jetzt ist eine Entscheidung gefallen: Der VdKKreisverband Neu-Ulm/Illertissen hat den Neu-Ulmer Ortsvorsitzenden Josef Kreitmair abgesetzt. Grund sei dessen Vorstandstätigkeit bei der AfD Neu-Ulm. „Diese ist unvereinbar mit der Ausübung des ehrenamtlichen Vorsitzes eines VdK-Ortsverbandes und jeder anderen ehrenamtlichen Vorstandstätigkeit für den Sozialverband VdK“, heißt es in einer vom Kreisverband herausgegebenen Erklärung. Die Entscheidung sei am Mittwoch bei einer außerordentlichen Sitzung des Kreisvorstands getroffen worden.
Kreitmair hatte den zuvor verwaisten Ortsvorsitz beim VdK NeuUlm im Mai vorigen Jahres übernommen – „um für die Alten etwas Gutes zu tun“, wie er sagt. Beispielsweise hat er für die mehr als 700 Mitglieder im Ortsverband eine Weihnachtsfeier, Ausflüge und andere Veranstaltungen auf die Beine gestellt. Politisch engagiert sich Kreitmair bei der Alternative für Deutschland. Ende Januar wurde er zum Schatzmeister des AfD-Kreisverbands Neu-Ulm gewählt. Damit hat er aus Sicht des VdK eine Grenze überschritten.
„Wir fragen niemandem nach seiner Parteizugehörigkeit“, sagte Bettina Schubarth, Pressesprecherin des VdK Bayern, auf Nachfrage. „Aber wenn jemand gleichzeitig ein Amt bei der AfD hat, wird’s schwierig.“Dazu heißt es in der Erklärung des Kreisverbands: „Die Parteiideologie der AfD ist mit der Grundhaltung des VdK nach friedlichem Zusammenleben, Mitmenschlichkeit, Nicht-Diskriminierung, sozialer Gerechtigkeit und Solidarität nicht vereinbar.“Und weiter: „Der Sozialverband VdK distanziert sich von einer Partei, die offen minderheitenfeindliche Positionen vertritt.“Der VdK wäre unglaubwürdig, wenn er zulassen würde, dass einer seiner Funktionäre, der den Sozialverband vor Ort nach außen repräsentiere, zeitgleich ein AfD-Amt bekleide. Die Abberufung des Ortsvorsitzenden sei notwendig, um Schaden vom Sozialverband VdK abzuwenden. Sprecherin Bettina Schubarth räumt ein, dass der Vorgang ungewöhnlich ist. Ihr sei kein vergleichbarer Fall in den vergangenen Jahren bekannt.
Momentan ist Josef Kreitmair noch Vertreter der jüngeren Generation im VdK-Kreisverband NeuUlm/Illertissen, der aktuell 6773 Mitglieder hat. Auch dort soll der 50Jährige abgesetzt werden. Darüber wird aber der Bezirksausschuss in einer späteren Sitzung beraten, da solche Abberufungen immer von der nächsthöheren Verbandsstufe entschieden werden müssen. Betroffene können dagegen Einspruch einlegen.
Der geschasste Ortsvorsitzende selbst äußerte sich gestern mit Verweis auf seine Verschwiegenheitspflicht nicht zu seinem Rauswurf, der in nicht öffentlicher Sitzung beschlossen wurde. Stattdessen meldete sich seine Frau Ute Kreitmair, die ebenfalls im VdK-Ortsverband aktiv ist, zu Wort: „Ich find’s einfach bloß traurig“, sagte sie. „Es geht um Alte, Kranke und behinderte Menschen. Ich finde es schade, dass das Politische alles überlagert.“
AfD-Abgeordneter aus Potsdam mischt sich ein
Die Absetzung des VdK-Ortsvorsitzenden schlägt über die Region hinaus Wellen. So meldete sich der AfD-Bundestagsabgeordnete René Springer aus Potsdam (Brandenburg) zu Wort und kritisierte die Entscheidung in Neu-Ulm scharf. VdKPräsidentin Ulrike Mascher müsse sofort einschreiten, forderte er. Diese hat jedoch bereits voriges Jahr erklärt: „Toleranz, Mitmenschlichkeit, Respekt und Solidarität sind die zentralen Werte unseres großen Sozialverbands. Mit dieser Grundhaltung trennen wir uns deutlich von Positionen, wie die AfD sie vertritt.“