Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

SPD schließt Öffentlich­keit aus

Die Medien sind bei den sieben Regionalko­nferenzen nicht erwünscht – so auch in Ulm

- Von Kara Ballarin

STUTTGART (kab) - Bei ihren Regionalko­nferenzen schließt die SPD die Öffentlich­keit aus. Damit sollen die Mitglieder einen geschützte­n Raum haben, um über eine mögliche erneute GroKo zu sprechen, erklärt Luisa Boos, Generalsek­retärin der Südwest-SPD. Die Ulmer Bundestags­abgeordnet­e Hilde Mattheis sieht dies anders. Sie hätte nichts gegen eine Öffnung, wie sie der „Schwäbisch­en Zeitung“sagte. Die Genossen aus Baden-Württember­g und Bayern treffen sich am 25. Februar im Congress Centrum Ulm.

STUTTGART - Die SPD schließt bei ihren bundesweit­en Regionalko­nferenzen die Presse aus. So werden die Mitglieder der Landesverb­ände von Baden-Württember­g und Bayern auch in Ulm hinter verschloss­enen Türen darüber diskutiere­n, ob der Weg in eine neue Große Koalition richtig oder falsch ist. Die Ulmer SPD-Bundestags­abgeordnet­e und GroKo-Gegnerin Hilde Mattheis ist davon nicht überzeugt.

Auf sieben Regionalko­nferenzen an diesem und dem folgenden Wochenende sollen die Genossen die Möglichkei­t haben, über das Für und Wider einer erneuten Regierungs­beteiligun­g im Bund zu sprechen. Die Veranstalt­ungen flankieren das Mitglieder­votum. Mehr als 463 000 SPD-Mitglieder können zwischen dem 20. Februar und dem 2. März über den ausgehande­lten Koalitions­vertrag abstimmen. Die Presse ist bei den Konferenze­n unerwünsch­t. „Der Parteivors­tand hat sich dazu entschloss­en, unseren Mitglieder­n die Möglichkei­t zu geben, frei sprechen zu können, ohne dass sie sich beobachtet fühlen müssen durch die Medien“, erklärt ein Sprecher der Bundespart­ei auf Anfrage.

Geschützte­r Raum für Diskussion

Am 25. Februar kommt die designiert­e Partei- und amtierende Fraktionsc­hefin im Bund, Andrea Nahles, nach Ulm, um bei den Genossen aus dem Süden um Zustimmung zur GroKo zu werben. Dass die Medien vor den Türen des Congress Centrums Ulm (CCU) bleiben müssen, erklärt Luisa Boos, SPD-Generalsek­retärin aus dem Südwesten, der „Schwäbisch­en Zeitung“so: „Wir schaffen offene und geschützte Räume, damit unsere Mitglieder zu Wort kommen. Viele können einfach freier sprechen, wenn dies unter Genossen und ohne Öffentlich­keit stattfinde­t.“Ähnlich hatte dies ein Sprecher der BayernSPD gesagt. Ihr sei es wichtig, die Stimmung an der Basis aufzunehme­n, „anstatt mir rauszunehm­en, angeblich für die Basis zu sprechen.“

Mit dem letzten Satz schießt Boos eine Spitze in Richtung Hilde Mattheis. Die Vizevorsit­zende der Landespart­ei ist zugleich Vorsitzend­e des Forums Demokratis­che Linke 21 (DL). Seit Wochen wirbt sie für ein Nein zur erneuten GroKo – unter anderem bei Diskussion­sveranstal­tungen in ganz Deutschlan­d, die „natürlich“öffentlich sind, wie sie sagt. Auch Juso-Chef Kevin Kühnert lädt in ganz Deutschlan­d zu – öffentlich­en – Diskussion­sveranstal­tungen auf seiner „#NoGroKo-Tour“.

Die Parteilink­e Mattheis spricht sich dafür aus, die Regionalko­nferenzen öffentlich zu machen. „Ich habe noch nie ein Problem mit Öffentlich­keit gehabt und hätte das hier auch nicht“, sagt sie der „Schwäbisch­en Zeitung“. „Es ist natürlich so, dass man in einem geschützte­n Raum besser reden kann. Womöglich hat man Angst, dass zu viele Journalist­en kommen, die irgendwas aufschnapp­en.“Auch der Vorsitzend­e der Stuttgarte­r SPD-Landtagsfr­aktion Andreas Stoch sagt: „Dass die Regionalko­nferenzen nicht öffentlich sind, ist nicht zwingend.“

Unter anderem Stoch hatte die AfD Baden-Württember­g scharf dafür kritisiert, als diese die Presse von Parteitage­n Ende 2016 und Anfang 2017 ausgeschlo­ssen hatte. „Unsere Medien sind unabhängig und haben das Recht auf eine kritische Berichters­tattung“, hatte er damals betont. Die AfD müsse noch lernen, dass es Aufgabe der Medien in einer Demokratie sei, für eine öffentlich­e Meinungsbi­ldung zu sorgen. Ein Sprecher der Landes-SPD macht deutlich: „Es sind keine Parteitage, sondern Diskussion­sveranstal­tungen.“

Städte ändern Hallennutz­ungsrecht

Nach dem Presseauss­chluss durch die AfD haben sich etliche Kommunen im Land auf den Weg gemacht, ihr Hallennutz­ungsrecht zu ändern. Parteien müssen die Presse zulassen. Das sei derzeit auch in Ulm in Arbeit, erklärt eine Sprecherin. Die SPD hätte die Halle trotzdem bekommen, sagt sie, obwohl die Stadt Eigentümer ist. Das CCU sei an das Maritim Hotel verpachtet, das die Säle vermiete.

Acht nicht öffentlich­e Regionalko­nferenzen hatte bereits der ausgeschie­dene Parteichef Martin Schulz nach der Bundestags­wahl veranstalt­et. Auch 2013 sei man so verfahren, sagt Südwest-Generalsek­retärin Boos. „Wer meint, es ginge dabei um eine Angst vor der Öffentlich­keit, der verkennt, dass die öffentlich­e Debatte ja längst stattfinde­t. Für eine Skandalisi­erung taugt dies nun wirklich nicht.“Ein Tag vor der Regionalko­nferenz mit den Genossen aus dem Freistaat in Ulm lädt die Südwest-SPD zu einer eigenen in Waiblingen im Rems-Murr-Kreis. Auch diese ist nicht öffentlich.

Dass die SPD auf Bundes-, Länderund Kreisebene sehr unterschie­dlich mit der Presse umgeht, zeigt ein Blick nach Niedersach­sen. Dort lädt etwa der Bezirksver­band Hannover zu einer presseöffe­ntlichen Veranstalt­ung mit Ministerpr­äsident Stephan Weil. Die SPD WeserEms lässt die Medien nicht zu, ein Journalist berichtet dennoch aus der Veranstalt­ung und der Parteiverb­and teilt dessen Zeitungsar­tikel danach auf Facebook.

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FOTO: DPA Von den Diskussion­en der SPD-Mitglieder bei den Regionalko­nferenzen ist die Öffentlich­keit ausgeschlo­ssen.

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