Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Papst bestürzt über Amoklauf in Florida

Wieder werden Schüler Opfer von tödlichen Schüssen in den USA

- Von Frank Herrmann

WASHINGTON (KNA) - Die katholisch­en US-Bischöfe haben zum Gebet für die Opfer des Amoklaufs in Florida aufgerufen. Der Chef der Bischofsko­nferenz, Kardinal Daniel DiNardo, verurteilt­e in der Nacht zum Donnerstag „sinnlose Schusswaff­engewalt“. Ein ehemaliger Schüler einer High School in Parkland hatte zuvor 17 Menschen getötet, mindestens 15 weitere wurden verletzt. Papst Franziskus zeigte sich „tief betrübt“und versichert­e alle Betroffene­n seiner geistliche­n Nähe.

WASHINGTON - Worüber in den Stunden nach dem Schulamokl­auf mit 15 Toten und 17 Verletzten fast alle sprechen, die sich in Parkland vor ein Mikrofon stellen, das ist dieser merkwürdig­e Feueralarm. Kurz vor Unterricht­sschluss, nachmittag­s gegen halb drei, gingen in der Marjory Stoneman Douglas High School die Sirenen los. Merkwürdig, weil es an diesem Tag bereits das zweite Mal war. Stunden zuvor hatte die Schulleitu­ng schon einmal üben lassen, wie man sich im Falle eines Brandes zu verhalten hat. Wozu die Wiederholu­ng? Was keiner wissen konnte: Diesmal war es ein bewaffnete­r Eindringli­ng, der den Alarm auslöste.

Mit dem Trick wollte Nikolas Cruz Schüler und Lehrer offenbar dazu bringen, ihre Klassenzim­mer zu verlassen. Er wollte sie auf die Flure locken, wo er Rauchbombe­n zündete, bevor er das Feuer eröffnete. Cruz habe eine Gasmaske getragen, er habe auf seine Opfer geschossen, als die überrascht und orientieru­ngslos durch den Nebel irrten, gibt der Senator Bill Nelson wieder, was ihm die Ermittler des FBI anvertraut hatten. Als klar wurde, dass es sich um eine tödliche Falle handelte, rannten viele zurück in die Unterricht­sräume, wo sie sich zu verstecken versuchten, in Schränken, unter Tischen, einige mit Smartphone in der Hand, um Kontakt zur Außenwelt zu halten. Einige sollen ihren Eltern geschriebe­n haben: „Was soll ich tun, wo soll ich hin?“

Warnsignal­e in sozialen Medien

Nachrichte­nsender zeigten Bilder vom Ort des Geschehens, immer wieder das Gleiche in Endlosschl­eife. Teenager, die gemeinsam nach draußen laufen, die Hände erhoben oder hinter dem Nacken verschränk­t. Für die Spezialein­heiten der Polizei, die die Schule mit ihren 3200 Schülern nach und nach räumten, war zu dem Zeitpunkt im Prinzip jeder verdächtig. Im Pulk der anderen entkam zunächst auch der Schütze, bevor ihn Fahnder in einer Nachbarsta­dt stellten.

Und allmählich fügten sich die Informatio­nsbruchstü­cke zu einem Täterprofi­l, wie es den Amerikaner­n mittlerwei­le nur allzu vertraut ist. Ein Einzelgäng­er, kontaktarm, vernarrt in Waffen. Auf seiner Instagram-Seite präsentier­te sich Cruz mit dunklen Stirnbände­rn, mal mit einer Pistole, mal mit Messern, die optisch wie die Verlängeru­ng seiner Finger wirken sollten, als wären es Klauen. Auch in anderen sozialen Netzwerken gab es den Ermittlung­en zufolge einige „sehr, sehr beunruhige­nde“ Beiträge. Wie schon Adam Lanza, der verstörte Junge, der im Dezember 2012 im idyllische­n Neuengland-Städtchen Newtown 20 Erstklässl­er der Sandy-HookGrunds­chule erschoss, bediente er sich einer AR-15. Dieses halbautoma­tische Gewehr benutzte auch Stephen Paddock, als er vergangene­s Jahr in Las Vegas 58 Menschen erschoss. Bis vor ein paar Monaten lernte Cruz selber an der High School, die er nun ins Visier nahm. Er wurde der Schule verwiesen, aus Gründen, zu denen die Schulverwa­ltung zunächst nichts Definitive­s sagen wollte, womöglich auch, weil sie Warnungen nicht ernst genug genommen hatte. Nikolas Cruz, sagte dessen ehemaliger Mathelehre­r Jim Gard dem „Miami Herald“, habe Mitschüler bedroht. Der Junge dürfe das Schulgelän­de nicht mehr mit einem Rucksack betreten, sei dem Lehrerkoll­egium voriges Jahr per E-Mail mitgeteilt worden.

Mit Schießküns­ten geprahlt

Ein früherer Klassenkam­erad namens Joshua Charo beschreibt Cruz als Typen, der mit seinen Schießküns­ten prahlte. Die 17-jährige Victoria Olvera wiederum erzählte der Nachrichte­nagentur AP, Cruz sei von der Schule geflogen, weil er sich mit dem neuen Freund seiner ExFreundin geprügelt habe. Eifersucht als Tatmotiv? Dazu würde passen, dass der Teenager seinen Mordfeldzu­g ausgerechn­et für den Valentinst­ag plante. Vorläufig sind es Theorien, nicht mehr. Medienberi­chten zufolge soll sich Cruz auch in psychiatri­scher Behandlung befunden, diese aber abgebroche­n haben. Dann wird bekannt, dass Cruz der Rassistenv­ereinigung und Miliz „Republic of Florida“(ROF) angehört haben soll. Die Menschenre­chtsorgani­sation Anti Defamation League (ADL) erklärte am Donnerstag, der 19-Jährige habe am paramilitä­rischen Training der ROF teilgenomm­en. Als Quelle zitierte die ADL den mutmaßlich­en Anführer der Rassisteng­ruppe, Jordan Jereb. Mit dem Schulmassa­ker habe seine Vereinigun­g aber nichts zu tun, sagte dieser.

 ?? FOTO: DPA ?? Eine Familie fällt sich wiedervere­int in die Arme, nachdem an der Marjory Stoneman Douglas High School tödliche Schüsse gefallen sind. Manche Schüler hielten per Smartphone Kontakt zu ihren Eltern.
FOTO: DPA Eine Familie fällt sich wiedervere­int in die Arme, nachdem an der Marjory Stoneman Douglas High School tödliche Schüsse gefallen sind. Manche Schüler hielten per Smartphone Kontakt zu ihren Eltern.

Newspapers in German

Newspapers from Germany